Du weckst mein Verlangen
ihr Beifahrer sie fragend ansah.
„Was haben Sie eigentlich damit gemeint: Sie müssten noch einen letzten Besuch machen? Sollte man bei dem Wetter nicht lieber zu Hause bleiben, statt Freunde zu besuchen?“
Rocco war mit der Gegend durchaus vertraut. Er wusste genau, dass die Straße nur noch bis zu einem Haus führte und sich dann allmählich zu einem Pfad verengte, der sich durch das Moor schlängelte. Er hatte wirklich Glück, dass seine Retterin in die Richtung fuhr, in die er wollte. Aber er konnte sich absolut nicht vorstellen, welches Ziel sie eigentlich hatte.
Wieder bekam Emma eine Gänsehaut. Diese Stimme! Wirklich erotisch, dachte sie. Sie konnte den Akzent jedoch nicht genau einordnen. Spanisch oder italienisch vielleicht. Sie hätte wirklich zu gern gewusst, was einen Mann wie ihn in diese Gegend verschlug. Noch dazu in einem Schneesturm! Selbstverständlich verbot ihr die Höflichkeit – und ihre Schüchternheit –, direkt danach zu fragen.
„Ich bin die Bezirkskrankenschwester“, erklärte sie ihrem Beifahrer, „und ich muss noch einen letzten Hausbesuch machen.“
Sein Kopf schnellte herum, und offensichtlich wollte er sie etwas fragen, aber da tauchte vor ihnen eine steinerne Einfahrt auf, und Emma bog ab.
„Hier wären wir. Das ist Nunstead Hall“, sagte sie erleichtert. „Das Anwesen ist wunderschön! Die Gartenanlage ist absolut fantastisch, und es gibt sogar einen See.“
Sie fuhr die Auffahrt hinauf und hielt vor dem Haus. Bis auf ein einziges erleuchtetes Fenster lag es im Dunkeln. Emma warf dem Fremden neben sich einen unbehaglichen Blick zu. Er machte sie wirklich nervös!
„Hier wohnt Ihr Patient?“ Er wirkte beunruhigt.
Wahrscheinlich macht er sich Sorgen um sein Auto, überlegte sie, während sie die Scheinwerfer ausschaltete.
„Richtig. Sie können sicherlich vom Haustelefon den Abschleppdienst anrufen. Ich habe einen Haustürschlüssel, aber ich glaube, es ist besser, wenn Sie erst einmal hierbleiben, damit ich Mrs Symmonds fragen kann.“
Sie nahm ihre Tasche vom Rücksitz und zuckte zusammen, als der Fremde abrupt die Beifahrertür aufstieß. „He!“, rief Emma aus. „Was machen Sie denn da?“, aber er eilte bereits auf die Eingangstür zu. Hastig stieg Emma aus und rannte ihm nach. „Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe? Meine Patientin ist eine ältere Dame. Ich muss sie erst auf Ihre Anwesenheit vorbereiten.“
„Ich werde doch hoffentlich keinen allzu erschreckenden Anblick bieten.“ Seine Stimme klang amüsiert, und er klopfte sich die dichten Schneeflocken vom Mantel. „Wenn Sie jedoch nicht bald aufsperren, werde ich wahrscheinlich wie der Yeti im Himalaja aussehen.“
„Sehr witzig“, fauchte Emma. Sie bereute ihre Hilfsbereitschaft bereits bitter. Warum habe ich nicht wenigstens versucht, den Nachbarn von Nunstead Hall anzurufen? Der hätte mit seinem Traktor den Wagen sicher aus dem Graben ziehen können! Sie schreckte zusammen, als der Fremde ihr den Schlüssel aus der Hand nahm und ihn ins Schloss steckte. Vielleicht ist er ja ein entlaufener Mörder! schoss es ihr durch den Kopf. „Ich muss jetzt wirklich darauf bestehen, dass Sie sich wieder ins Auto setzen! Sie können nicht einfach hier hereinspazieren, als ob es Ihr Zuhause wäre!“
„Dem ist aber zufälligerweise so“, meinte der Mann kühl und sperrte auf.
Emma starrte ihn mit offenem Mund an. Als er jedoch über die Schwelle trat, fing sie sich. „Was soll das denn heißen? Wer sind Sie überhaupt …“
Sie verstummte, als eine Tür aufging und die zerbrechliche Gestalt von Cordelia Symmonds das Foyer betrat. „Cordelia“, rief Emma schnell, „dieser Herr steckte im Schnee fest, und ich …“
Aber Cordelia schien ihr gar nicht zuzuhören. Ein strahlendes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
„Rocco! Mein Lieber! Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass du kommst?“
„Ich wollte dich überraschen.“ Plötzlich klang die Stimme des Fremden weich wie Samt. „Leider bin ich mit meinem Wagen im Graben gelandet. Aber die Schwester hier“, er warf Emma einen verschmitzten Blick zu, „hat mich vor dem Erfrierungstod bewahrt.“
Cordelia schien Emmas Verwirrung nicht zu bemerken. „Emma! Meine Gute! Ich danke dir, dass du meinen Enkel gerettet hast.“
Enkel? Vor Verblüffung vergaß Emma fast, ihren Mund wieder zu schließen. Sie betrachtete den Fremden genauer – und jetzt erkannte sie ihn in dem hellen Flurlicht. Schließlich war sein Bild oft
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