Du wirst die Schoenste sein
Palmen, entdeckte ich eine Boutique, davor eine Stange mit bunten Flatterkleidern. Im Hintergrund befanden sich eine Bar, eine Cafeteria mit einer Theke voller Gebäck. Und das Ganze eine einzige Oase der Ruhe, und das mitten in der Hauptsaison, einfach unvorstellbar. Gerade mal drei Leute auf den Liegen, ein Pärchen und ein älterer Mann, in der Sonne dösend und keine Notiz von uns nehmend.
Ich mag kaum zugeben, wie unsicher, ja geradezu verwirrt ich mich fühlte. Ringsum Schönheit und Luxus pur und dazu ein Ernesto mit einer mir völlig unbekannten Seite. Und das mir, einer kleinen Animateurin.
„Mein Gott, ist das ... schön hier“, seufzte ich. Ernesto nickte. „Ja, schön hier. Vermutlich einer der schönsten Clubs auf der Insel ... und jetzt? Worauf hätten Sie Lust? Auf ein Sonnenbad, eine Runde schwimmen?“
„Ja, aber ... ich wusste ja nicht ...“
„Kein Problem. Na, kommen Sie schon.“
Ich folgte Ernesto in Richtung Boutique.
„Jede Menge Badeklamotten. Suchen Sie sich was aus ... und bestellen Sie sich einen der leckersten Eisbecher, den Sie je gegessen haben.“ Er grüßte die kleine asiatische Schönheit, die aus der Boutique auftauchte und entschuldigte sich dann, zwei Männern zuwinkend, die im Schatten an einem der Tische im Barbereich saßen und ebenfalls grüßend eine Hand hoben. Typische spanische Geschäftsleute, wie ich sie häufig Zeitung lesend in Palma in Cafés gesehen hatte. Tipptopp gekleidet in gut sitzenden hellen Sommeranzügen, selbst bei größter Hitze.
Obwohl mir klar war, besser gesagt, gerade weil mir klar war, dass mein Einkauf auf Ernestos Rechnung ging, betrat ich den Laden mit einem mauen Gefühl. Selbstbewusst als seine Frau aufzutreten, kam schon deshalb nicht in Frage, weil ich sicherlich nicht die Einzige war, der er Badebekleidung spendierte. Um die Geschichte so rasch wie möglich hinter mich zu bringen, suchte ich nicht lange herum und probierte gleich den erstbesten Bikini in meiner Größe an. Und hatte Glück, er passte. Wobei mir die dreistellige Zahl auf dem Preisschild nicht entging. Na also, hatte ich es nicht geahnt, mit den paar Scheinen, die ich bei mir hatte, wäre ich in dem Laden nicht weit gekommen.
Auf dem Weg zum Pool sah ich Ernesto und die beiden Spanier in Stößen von Papier vertieft. Da ich die Wahl hatte zwischen jeder Menge freier Liegen entschied ich mich für eine mit spektakulärem Rundblick. Ein Poolboy versorgte mich mit einem Handtuch und außerdem einem Glas Schampus.
So ließ sich leben, keine Frage. Trotzdem schaffte ich es nicht, mich in diese spektakulär schöne Umgebung einfach fallen zu lassen und nichts weiter zu tun als sie zu genießen. Ich bekam den Gedanken, dass etwas ganz und gar Unerwartetes passiert war, nicht aus meinem Kopf. Diese ungewohnt entspannte Atmosphäre zwischen Ernesto und mir während unseres Fluges, der Autofahrt und auch während unserer Ankunft hier im Club. Kein „meine Kleine“, nichts von Ernestos kühler Überheblichkeit mir, der Spielfigur, gegenüber. Ernesto erschien mir wie ausgewechselt. Oder hatte es teilweise vielleicht auch an mir gelegen? Hatte ich jemals anders als gereizt mit ihm telefoniert, hatte ich nicht sogar manchmal geradezu nach Unverschämtheiten, die ich ihm an den Kopf werfen konnte, gesucht? Aber schließlich hatte Ernesto mir im Rahmen seines idiotischen Spiels auch böse mitgespielt, mich übel gedemütigt, wie um Himmelswillen hätte da ein normales Verhältnis zustande kommen können? Hatte ich mir nicht selbst für heute Biestigkeit vorgenommen?
Meine innere Unruhe trieb mich von meiner Liege und ich weihte den neuen Bikini ein. Lila, todchic wegen des asymmetrischen Schnitts am Oberteil. Mit ruhigen, ja geradezu vorsichtigen Bewegungen zog ich meine Bahnen durch den Pool, um nicht diejenige zu sein, die diese wunderbare Stille rund um mich störte.
Danach döste ich im Schatten, den ich mir durch einen leichten Zug an einer der Stoffbahnen verschaffte.
Einmal tauchte Ernesto kurz auf. Er bestellte sich ein Glas Weißwein und für mich einen Eisbecher. Und natürlich hielt ich mich nicht zurück mit begeisterten Bemerkungen über das Ambiente, die Exklusivität des „Inspiration“-Beach-Clubs.
„Ja, ja ... nur wird er so langsam zur Wohltätigkeitsveranstaltung. Ich sehe mehr Personal als Tagesgäste ... schade ... “
Mein Eisbecher wurde serviert. Ein bombastisches Kunstwerk mit reichlich mir unbekannten exotischen Früchten
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