Du wirst die Schoenste sein
garniert.
„Wow!“
„Und in einer Stunde etwa sollten wir dann zu Tisch gehen ... unser Flieger wartet.“
Als Ernesto ging, blickte ich ihm nach. Ein gut aussehender Mann, keine Frage, schlank, mit federndem Schritt auf dem Weg zu einem sicherlich lohnendem Geschäftsabschluss.
Pünktlich um zwei Uhr war ich umgezogen, hatte meine Haare mit dem Fön – selbstverständlich lag so etwas im „ Powderroom“ bereit – irgendwie in Form gebracht und blätterte, während ich auf Ernesto wartete, in den internationalen Modemagazinen, die auf einem Lackschränkchen auslagen.
Es dauerte dann aber fast noch eine Stunde, ehe Ernesto und ich an einem der Tische an den Schiebefenstern mit den schwebenden Stoffbahnen saßen. Was Ernesto bedauerte, da er, wie er sagte, mich mit einem wirklich ausgezeichneten Essen hatte verwöhnen wollen. Die Zeit war so knapp, dass wir uns mit Vorspeisen begnügten, die aber schon rein optisch eine Show waren. Wir aßen beide schweigend und ziemlich hektisch, trotz der Köstlichkeiten, die mehr Zeit zum Genießen verdient hätten. Trotzdem entging mir nicht, dass Ernestos gletscherfarbener Blick immer wieder meinen suchte. Wobei ich meistens als erste den Blick wieder auf meinen Teller senkte. Ein wenig verunsichert wegen der plötzlich so veränderten Situation. Auch dass ab und zu ein Lächeln Ernestos Blick begleitete, entging mir nicht. Ich bedauerte, dass wir so unter Zeitdruck standen.
Auf der Fahrt zurück zu unserem Flieger war ich nach all den Eindrücken der letzten Stunden derart aufgekratzt, dass ich mich zu der schwachsinnigen Bemerkung hinreißen ließ, mein bisher schön ster Tag auf Mallorca sei der Tag auf Ibiza gewesen.
Ernesto lachte.
Gleichzeitig versuchte er, unsere Verspätung aufzuholen, indem er geradezu über die Landstraße raste, Kurven mit so hoher Geschwindigkeit nahm, dass mir trotz offener Fenster und Fahrtwind der Schweiß nur so über die Stirn perlte.
„Ernesto, bitte ...“, stammelte ich schließlich.
Ernesto warf mir nur kurz einen Blick zu und ging tatsächlich vom Gas runter, wobei er sagte: „Thea, ich hab eine Bitte an dich ... eine klitzekleine Bitte.“
Ich hatte es deutlich gehört, DICH hatte er gesagt. DICH! Verdammt, was für ein Tag!
„Pass auf! Mein Anwalt kommt später vorbei ... wegen des Protokolls über die Verhandlung heute. Und dieser Mann ist na ja ... ein derart dröger Typ, der muss einfach mal ein bisschen reingelegt werden ... aber nur falls du Lust und Zeit hast ... mir kam nämlich gerade eine Idee ... Ganz ohne René, genauso wie du jetzt bist ...“
Ein kleiner Gefallen als mein Beitrag für einen so wunderbaren Tag? Hätte ich da lange Hin- und Her überlegen sollen? Aber natürlich wollte ich wissen, worum es sich handelte. Ernesto winkte jedoch grinsend ab und meinte, es handle sich um einen reinen Joke. Einen Joke, um eine trockene Besprechung ein wenig aufzulockern.
In Ernestos Haus, erfuhr ich dann aber doch, um was es sich handelte. Zuerst allerdings ging Ernesto mit mir in den ersten Stock, in jenen Raum, in dem neulich das Fotoshooting stattgefunden hatte. Mittlerweile hatte man ihn in eine Art Fotogalerie umgestaltet, an den Wanden hingen dicht an dicht großformatige Fotos eines gewissen „Paradiesvogels“ in goldenem Käfig.
Mein erster Gedanke war zwar, muss er mir das antun, mich ausgerechnet heute, an diesem so perfekten Tag, an etwas erinnern, das ich bewusst verdrängte.
Aber dann ... bei näherer Betrachtung der Fotos konnte ich Ernesto verstehen. Er zeigte mir die Fotos, weil er stolz darauf war. Und völlig zu Recht. Trotz der Vogelmaske, die ich eher hässlich fand, waren eine Vielzahl der Fotos regelrechte Kunstwerke. Und trotz meiner Befürchtung gab es auf keinem einzigen auch nur die Spur von Zweideutigkeit. Ich war durchgängig bekleidet, Spannung entstand durch meine Posen und die anscheinend vergeblichen Angriffe der Raubtiere. Ich konnte ebenfalls stolz auf die Fotos sein.
Auf meine Frage, was er mit den Fotos vorhätte, zögerte Ernesto.
„Manchmal mache ich irgendwas, ohne lange zu überlegen, aber plötzlich sehe ich Möglichkeiten, plötzlich hab ich eine wunderschöne Idee.“
Momentan hatte Ernesto wohl auch eher seinen sogenannten Joke im Kopf, an dem ich mich beteiligen wollte. Es ging tatsächlich um etwas eher Witziges, um einen kleinen Spaß, den Ernesto sich seinem Anwalt gegenüber leisten wollte.
Meine Rolle war sozusagen das zweite Standbein für einen
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