Du wirst die Schoenste sein
Ooh! geformt. Wäre mir nicht bewusst gewesen, dass ich Ernesto die Show versaut hatte, hätte sich das Kichern tief unten in meiner Kehle vermutlich gnadenlos Luft verschafft.
Ernesto sicherte die Tischplatte mit der dazu gehörenden Stütze, während ich mit einem leisen „Hallo!“ in Richtung Anwalt mich rückwärts gehend vom Schauplatz meiner Schande entfernte.
Ich schaffte es bis zur nächsten Treppenstufe hinter der Tür, legte den Kopf auf die Knie und schluchzte. Miguel, der in dem Moment mit Besen und Schaufel klappernd, an mir vorbei kam, blieb stehen. „Thea, was ist los? War doch absolut witzig.“
Ohne aufzublicken schüttelte ich den Kopf. Kurz danach erneut Schritte und Ernestos Stimme: „Thea, das war nur ein Joke ... nichts weiter ... sag selbst, war das Scheppern nicht gnadenlos komisch? Der Herr Doktor kann es immer noch nicht fassen ... ein lebendiges Tischbein ... und ihm ist nichts aufgefallen.“
Als nächstes spürte ich Ernestos Hand am Kinn, sanft hob er mein Gesicht in die Höhe.
„Nein, ich hab alles verpatzt.“ Das kam mit einem letzten Schluchzen, denn ähnlich wie ein leichter Luftzug glaubte ich noch immer seine Hand an meinem Kinn zu spüren.
Ernesto sah mich einen Moment lang nachdenklich an und erkundigte sich dann, ob Miguel mich nach Hause fahren sollte.
Ich nickte. Ernesto nickte ebenfalls und kehrte dann zu seinem Anwalt zurück.
„Und danke noch mal für alles.“ Rief ich ihm nach. Aber Ernesto hatte das möglicherweise nicht mehr mitbekommen, die Tür schloss sich bereits hinter ihm.
Einen Tag nach meinem Ibiza-Abenteuer rief Miguel an. Nach einem langen und schwülen „Gute-Laune-Verbreiten-Tag“ waren Agnes und ich direkt nach der Mini-Disco nach Hause gegangen. Miguel teilte mir mit, Ernesto bedaure, mich nicht erreicht zu haben – mein Handy ließ ich ja weiterhin tagsüber in meinem Zimmer – er sei für einige Tage in Deutschland und werde sich nach seiner Rückkehr melden.
„Wie geht’s? Alles okay?“ fügte Miguel seiner Nachricht an, was ich sehr nett fand. Nur kam dann noch etwas sehr Überraschendes. Ernesto ließ mir ausrichten, er nähme mir das vorzeitige Ende seines „Jokes“ wirklich nicht übel und biete mir an, das Ganze als Stufe drei unseres Spiels zu bewerten. Anstatt mich darüber zu wundern oder auch zu ärgern, schließlich war ich ja ganz offiziell aus dem Spiel ausgestiegen, sah ich in Ernestos Vorschlag einen weiteren Beweis seiner veränderten Einstellung mir gegenüber. Ich war nicht länger nichts weiter als eine Spielfigur für ihn, sein Angebot war offensichtlich als kleines Trostpflaster gedacht. Dabei schämte ich mich im Nachhinein für meine dämliche Überreaktion an jenem absolut perfekten Tag.
Ich holte mir eine Cola aus dem Kühlschrank und wusch im Bad noch eine Handvoll Unterwäsche aus. Leider ein Badezimmer zum kurz hinein- und wieder hinausflitzen. Ekelhafter brauner Rost an Wasserhahn und Duschkopf, wogegen selbst gründliches scheuern nichts half. Eben so wenig wie an den vermutlich seit Jahren angesammelten Schmutzrändern zwischen den dunkelroten Wandfliesen, von denen einige Sprünge hatten, die wie Spinnenbeine aussahen. Ich bezweifle, dass mein Ekel in Zusammenhang stand mit den prachtvollen Bädern in Ernestos Haus, auch meine Eltern hatten, wenn auch kein luxuriöses, aber doch ein Bad zum darin Wohlfühlen.
Agnes saß mittlerweile in ihrem Bärchen-Schlafshirt am Küchentisch und versuchte sich mal wieder vergeblich an einem deutschen Kreuzworträtsel. Wir hatten keine Holländer im Hotel und so widmete sie sich einer anderen Lieblingsbeschäftigung: über ihren spanischen Kellnerfreund, pardon andalusischen Barkeeperfreund zu reden. Rodriguez, Roddy genannt. Sie jammerte darüber, dass er nach dem Ende der Saison arbeitslos in Andalusien sitzen würde, möglicherweise bei einer Ehefrau oder zumindest Herzdame, was sie durchaus für möglich hielt, anstatt zu ihr nach Holland zu kommen.
„Manchmal sagt er, ich müsse seine Familie in Rocio kennenlernen. Ja meint er jetzt Mama und Papa oder seine Frau und vielleicht ein paar Kinderchen.
„Frag ihn doch“, sagte ich gedankenlos, als ob ich selbst den Mut gehabt hätte, Uli festzunageln als damals die ersten Gerüchte umgingen.
„Ach dann lacht er bloß. Er sagt nicht nein, er sagt nicht ja.“
Ich hängte meine Wäsche zum Trocknen über die Lehnen unserer beiden Plastikstühle.
„Er sieht so ... so rassig aus, so feurig, findest
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