Du wirst noch an mich denken
er wusste instinktiv, dass es ihm nicht mehr gelingen würde, wenn er diese Worte nicht ganz tief in seinem Inneren verschloss.
Seine Gefühle befanden sich in Aufruhr, und er wusste nicht, wie er damit fertig werden sollte, aber sein Instinkt, der ihm stets gute Dienste geleistet hatte, trieb ihn dazu, sich selbst zu schützen. Und in einem ganz geheimen Winkel seines Kopfes glaubte er auch nicht, dass das Ganze von Dauer war. Männer wie er taten sich nicht mit Frauen wie Aunie Franklin zusammen. Früher oder später, da war er sicher, würde sie anfangen, gründlich über die Unterschiede zwischen ihnen nachzudenken, und wenn sie das tat, würde sie wahrscheinlich so schnell ihre Sachen gepackt haben und verschwunden sein, dass er nur noch eine Staubwolke von ihr sah. Deshalb sorgte er dafür, dass sie keine Spuren in seiner Wohnung hinterließ, und er hielt einen Teil von sich unter Verschluss - als Schutz vor zukünftigen Verletzungen.
Was jedoch das Hier und Jetzt betraf ... er konnte nichts weiter tun, als sich auf die Zunge zu beißen und die Worte hinunterzuschlucken, die besser ungesagt blieben.
»Du hast also keinen Anruf mehr bekommen seit ... wie lange?«
»Seit drei Wochen.« Aunie hatte die Augen geschlossen und hielt das Gesicht in die Sonne. Sie und Mary verbrachten ihre Mittagspause auf der grasbewachsenen Piaza vor der Aula. Es war der dritte Tag in Folge, an dem die Temperatur auf über zwanzig Grad geklettert war. Dazu wehte eine leichte Brise, und überall auf der Wiese räkelten sich mehr oder minder spärlich bekleidete Studenten und Studentinnen und frischten ihre Sonnenbräune auf. Marys Haut zeigte bereits einen hübschen Bronzeton. Aunie dagegen genoss lediglich die Wärme, da jeder Zentimeter ihrer Haut mit einer Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 40 eingeschmiert war. Ohne diesen Schutz bekam sie sofort Sonnenbrand, und ihre Haut schälte sich. In ihrem nächsten Leben würde sie als Zwei-Meter-Frau mit dunklem Teint auf die Welt kommen.
»Das ist gut«, sagte Mary. Sie zögerte kurz, und dann fragte sie: »Warum entspannst du dich dann nicht ein bisschen?«
Aunie öffnete die Augen und sah ihre Freundin an. »Weil James mich nicht lässt. Mein Gott, Mary, ich könnte wirklich eine Pause brauchen, aber er gönnt mir einfach keinen Augenblick Ruhe. Wie lautet die Telefonnummer von Bobby? Wenn es zu einem Kampf kommt, welches sind die empfindlichsten Stellen am Körper eines Mannes?« Sie schnippte mit den Fingern. »Schnell, die Telefonnummer von Otis!« Sie rieb über die kleine steile Falte, die sich zwischen ihren Augenbrauen gebildet hatte. »So wie es aussieht, schläft er entweder mit mir, oder er bemüht sich nach Kräften, mich mit seiner Fragerei und seinen Übungen in den Wahnsinn zu treiben. Kannst du dir vorstellen, dass wir noch kein einziges Mal richtig miteinander ausgegangen sind? Wir leben praktisch zusammen, und er hat mich noch nie ausgeführt.«
»Bist du unglücklich mit ihm, Aunie?«
»Unglücklich? Nein. Ich fühle mich nur nicht besonders ... sicher. Er hat mich schon vor langer Zeit gewarnt, dass er für eine feste Bindung nicht geeignet ist, und ich dachte, ich käme damit klar. Aber ich glaube, das stimmt nicht. Ich will mehr, Mary. Ich liebe ihn, und ich hätte so gern die Sicherheit, dass er mich auch liebt. Manchmal denke ich, dass er es auch tut. Aber dann verhält er sich wieder total abweisend und distanziert. Er zieht sich in sich selbst zurück, und ich komme nicht mehr an ihn heran. Ständig mache ich mir Sorgen, dass heute der Tag sein könnte, an dem er zu dem Schluss kommt, dass er genug von mir hat. Das ist einfach grässlich.«
»Ich glaube nicht, dass das passiert. Wenn du mich fragst, hat er einfach nur Angst.«
Aunie sah ihre Freundin verständnislos an. »Das soll ein Witz sein, oder?« Als Mary keine weitere Erklärung folgen ließ, fuhr sie fort: »Angst wovor? Ich glaube nicht, dass es auf dieser Welt irgendetwas gibt, vor dem James Ryder Angst hat.«
»Und ich glaube, dass er furchtbare Angst vor dir hat. Davor, dass du ihn verlassen könntest. Dass dir etwas zustoßen könnte. Mensch, Aunie, er bewacht dich wie ein hungriger Hund einen Knochen.«
»Das Letzte, was er befürchten muss, ist, dass ich ihn verlasse, und das weiß er auch. Jedes Mal, wenn wir miteinander schlafen, sage ich ihm, wie sehr ich ihn liebe. Ich versuche es zwar immer zu unterdrücken, weil ich Angst habe, dass ich ihn damit vergraule, aber anscheinend kann
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