Du wirst noch an mich denken
Sea-Tac landete, hatte über eine halbe Stunde Verspätung, und die Limousine, die Wesleys Sekretärin bestellt hatte, stand nicht bereit, um ihn abzuholen. Eine weitere Viertelstunde lang schob er im Minutentakt seinen Jackenärmel zurück, um einen verärgerten und ungeduldigen Blick auf seine Rolex zu werfen, bevor er sich schließlich dazu bequemte, sich selbst um sein Gepäck zu kümmern und ein Taxi zu nehmen.
Noch eine Unannehmlichkeit, für die dieses treulose Luder von Ehefrau bezahlen würde.
Missmutig aus dem Autofenster auf eine verregnete Landschaft starrend, die er grauenhaft eintönig fand, dachte er darüber nach, was er alles für sie getan hatte. Er hatte aus einem Aschenputtel eine Prinzessin gemacht, er hatte ihr alles gegeben, was sich eine Frau nur wünschen konnte. Und zum Dank dafür hatte die kleine Schlampe seinen Ruf zerstört und sein Leben ruiniert. Sein Geschäft hatte in den vergangenen neun Monaten gelitten, viele seiner Freunde hatten sich von ihm zurückgezogen, und die Detektei, die er mit der Suche nach ihr beauftragt hatte, hatte sich unendlich Zeit gelassen und ihm ein Vermögen abgeknöpft. Das konnte kein Zufall sein, so viel stand fest.
Während er hinaus auf den spärlichen Verkehr auf der Interstate blickte, erlaubte sich Wesley, ein Mann, der grundsätzlich nie zufrieden war, ein kurzes befriedigtes Lächeln. Denn jetzt hatte er sie gefunden, woran er letztlich natürlich nie gezweifelt hatte. Der ersehnte Moment rückte rasch näher. In weniger als vierundzwanzig Stunden würde er es ihr heimzahlen. O ja, sie würde für alles büßen, was sie ihm angetan hatte, für jede einzelne Demütigung. Und sie würde bitter dafür büßen.
Das Taxi hielt mit leise quietschenden Reifen auf dem nassen Asphalt vor Aunies Haus. Außer der Lampe über der Eingangstür brannte nirgendwo Licht - kein Wunder in Anbetracht der Uhrzeit. Wesley saß da und starrte das Gebäude mit verbissener Miene an, gefangen in einem Netz bösartiger Gedanken. Der Taxifahrer, der ihn im Rückspiegel beobachtete, rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her. In Atlanta war der Gesichtsausdruck seines Fahrgastes inzwischen zu einem vertrauten Anblick geworden, der Wesleys Freunde und Geschäftspartner gleichermaßen dazu veranlasste, einen weiten Bogen um ihn zu machen. Der Taxifahrer war nicht daran gewöhnt, fand ihn deswegen allerdings nicht weniger beunruhigend. Der Kerl sah aus wie ein Irrer.
»Also, was ist jetzt?«
»Warten Sie hier.« Wesley öffnete die Tür und stieg aus, ohne auf den Protest des Fahrers zu achten. Er ging zur Haustür und studierte die Namensschilder neben der Sprechanlage. Nur drei, und auf einem davon stand Franklin.
Gut.
Er stieg wieder ein und ließ sich in die Polster sinken. Dann warf er dem Fahrer einen arroganten Blick zu und sagte im Befehlston: »Fahren Sie mich zum Four Seasons Olympic.«
18
U nabhängig voneinander waren Aunie und James zu derselben Schlussfolgerung gekommen. Sie durften nicht zulassen, dass das Schweigen in ihrer Beziehung anhielt. Sie hatten jeder für sich allein zwei schlimme Nächte verbracht und beschlossen, dass sie miteinander reden mussten, wenn nicht alles, was sie inzwischen aufgebaut hatten, in die Brüche gehen sollte. Sie nahmen sich beide vor, dass das notwendige Gespräch friedlich vonstatten gehen würde, vernünftig und in aller Ruhe, sie würden ihre Gefühle im Zaum halten und sie nicht die Oberhand gewinnen lassen.
Sie hatten beide die besten Absichten. Ihnen war nur nicht klar, wie schwer es sein würde, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Aunie war optimistisch, als sie ihre letzte Prüfung hinter sich hatte. Sicher konnte sie natürlich erst sein, wenn sie ihre Noten sah, aber in ihren Augen war es gut gelaufen, und sie hoffte, dass das ein gutes Omen für den restlichen Tag war. Wegen des nach wie vor regnerischen Wetters hatte sie Marys Angebot angenommen, sie morgens abzuholen und mittags wieder nach Hause zu bringen, ihre Einladung zum Mittagessen zur Feier des Tages lehnte sie jedoch ab. Nachdem sie Mary das Versprechen gegeben hatte, es später nachzuholen, winkte sie ihr noch einmal kurz und rannte dann mit eingezogenem Kopf zur Haustür. Es drängte sie danach, mit James zu sprechen und ein für alle Mal die Zukunft ihrer Beziehung zu klären.
Auf dem Nachhauseweg war sie zu dem Schluss gelangt, dass sie wahrscheinlich aus einer Mücke einen Elefanten machte, was seine Wohnung betraf. Er hatte nie
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