Du wirst noch an mich denken
Ferien fangen bald an, das heißt, es ist eine gute Zeit, um unser Unternehmen zu starten.« Er fuhr sich mit der Hand durch die strubbeligen Haare. »Ich dachte, ich gehe auch mal wieder zum Friseur. Ich muss ja schließlich was hermachen, falls ich mal als Fahrer einspringen muss.«
James brachte ihn zur Tür. »Braucht ihr Hilfe bei der Gestaltung eurer Anzeige?«
»Mensch, ja.« Bob grinste auf ihn hinunter. »Würdest du das machen? Das wär Klasse.«
»Sagt mir, was ihr wollt. Cartoons kann ich am besten, aber wenn ihr euch was Eleganteres vorstellt, krieg ich vielleicht auch das zustande.«
»Lass mich das mit T. J. besprechen«, erwiderte Bob. »Ich ruf dich morgen an.« Seine Miene wurde ernst, als er seinem jüngeren Bruder in die Augen blickte. »Danke, Jimmy. Diesmal kriegst du dein Geld zurück. Das meine ich ernst.«
»Tu mir nur einen Gefallen«, sagte James. »Falls du finanziell irgendwie in die Klemme gerätst, dann komm zu mir. Geh nicht zu einem dieser Kredithaie.«
»Klar.«
»Versprich es mir, Bobby.«
»Ich verspreche es.«
»Na gut.« Er sah seinem ältesten Bruder nach, wie er zur Treppe ging, und schloss dann langsam die Tür. Er dachte eine Weile über das neueste Vorhaben von Bob nach; dann wanderten seine Gedanken den Flur hinunter zur Wohnung iB.
Er und die kleine Miss Franklin würden vermutlich niemals Freunde werden, und das war zweifellos auch ganz gut so. Aber wenigstens schienen die Feindseligkeiten ein Ende zu haben. Einer seiner Mundwinkel zog sich nach oben, als er an all die Fotos an ihren Schlafzimmerwänden dachte. Wie hatte Bobby sie genannt? Die Kleine mit den Kulleraugen? Das traf offenbar in mehr als einer Hinsicht zu. Was für eine Überraschung.
Er setzte sich an sein Zeichenbrett und griff nach einem Stift. Seine Finger bewegten sich rasch über das Papier. Das war ein ausgesprochen interessanter Tag gewesen.
4
W ie konnte es sein, dass in dem einen Moment alles wunderbar lief und im nächsten den Bach runterging? So hatte sie sich das nicht vorgestellt - nicht in ihrem neuen Leben hier in Seattle. Aber ein einziger Anruf genügte, um ihre ganze Welt aus den Fugen geraten zu lassen.
Als sie abhob, lachte sie noch über etwas, das Lola gesagt hatte. Fünfzehn Sekunden später war das Lächeln auf ihrem Gesicht wie weggewischt.
»Nein«, flüsterte sie. Dann lauter: »Nein!« Mit beiden Händen den Hörer umklammernd, glitt sie an der Wand nach unten. Ihr Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung redete verzweifelt auf sie ein, er überschlug sich beinahe, um sie zu beruhigen, aber das, was er sagte, schien keinen rechten Sinn zu ergeben. Sie tastete nach dem Telefon und legte den Hörer auf. Sie bemerkte zwar die Besorgnis in Lolas Gesicht, sie erkannte, dass sich die Lippen ihrer Freundin bewegten, aber ihre Worte schafften es nicht, durch den Nebel zu dringen, der sich um ihren Geist gelegt hatte.
»Geh nach Hause, Lola«, flüsterte sie. »Mir geht es gut. Wirklich. Geh nach Hause.«
Aber es ging ihr nicht gut. Vielleicht würde es ihr nie mehr gut gehen. Ihr Anwalt hatte ihr gerade etwas mitgeteilt, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Aunie, bitte, mach auf«, rief Lola durch die geschlossene Tür. Sie betrachtete zögernd den Wohnungsschlüssel in ihrer Hand und klopfte noch einmal, dieses Mal etwas lauter. »Aunie!«
Die Tür der Nachbarwohnung öffnete sich, und James streckte den Kopf heraus »Lola?«, sagte er irritiert. »Was zum Teufel ist denn los?«
Lola warf erneut einen nachdenklichen Blick auf den Schlüssel in ihrer Hand, dann wandte sie sich von Aunies Tür ab und kam den Flur entlang. »Ich weiß nicht, was ich tun soll, James. Ich mache mir Sorgen um Aunie.« Lola merkte, dass sie sofort seine volle Aufmerksamkeit hatte. Der gereizte Ausdruck, der immer auf seinem Gesicht erschien, wenn er beim Zeichnen gestört wurde, war plötzlich verschwunden. »Warum?«, fragte er und stieß sich vom Türrahmen ab.
»Ich habe heute Morgen kurz bei ihr vorbeigeschaut, bevor sie ins College musste. Während ich bei ihr war, bekam sie einen Anruf, der sie furchtbar durcheinander gebracht hat. Sie hat mich gebeten zu gehen, was ich auch gemacht habe, aber ich habe mir vorgenommen, sie im Auge zu behalten ... um sicherzugehen, dass mit ihr alles in Ordnung ist, verstehst du. Sie war völlig aufgelöst.«
»Ja? Und?«
»Und seither hat sie ihre Wohnung nicht verlassen. Dem Mädchen sind seine Noten sehr wichtig, ich weiß nicht,
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