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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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Kraft finden könntest, mir zu vergeben, dann weiß ich, dass ich Dich, oder mich, niemals wieder enttäuschen werde. Bitte gib mir diese Chance. Dein Dir treu ergebener Ehemann, Barry
    Ich dachte, vielleicht sollte ich das besser wegwerfen. Ich wusste, dass die Nachricht meine Mutter aufregen würde, und nachdem es ausgeschlossen war, dass sie jemals wieder mit Mr. Rogers zusammenkam, weshalb sollte sie den Brief dann überhaupt lesen? Er hatte sie schon einmal aufgeregt, warum sollte man ihm noch eine Chance geben? Dann dachte ich daran, wie Angel Clare in Tess von den d’Urbervilles die Nachricht, die Tess ihm unter der Tür durchschiebt, nicht findet, weil sie unter den Teppich rutscht, und wie vor allem deshalb eine Menge schrecklicher Sachen geschehen und Tess schließlich stirbt, also beschloss ich, nicht in den natürlichen Lauf der Dinge einzugreifen.
    Ich machte mir ein Rühreisandwich und aß das letzte Drittel einer Packung Ben & Jerry’s Kirscheiscreme, die ich im Eisfach gefunden hatte, und ging dann in mein Zimmer und startete eine Suche nach Häusern in Indiana, die drei Schlafzimmer und zwei Bäder hatten, vor 1950 gebaut worden waren und weniger als 200 000 Dollar kosteten. Es gab eine Menge solcher Häuser, und ein paar davon waren wirklich sehr hübsch. Aus Steinen gebaut, echten Steinen, die nicht einer wie der andere waren, mit verglasten Veranden und Vogelbädern in den Vorgärten, Vorgärten, in denen große alte Bäume über die Häuser ragten, Bäume, die während eines Gewitters vom Blitz getroffen werden und auf das Haus stürzen konnten, was aber vermutlich nicht geschehen würde. Ich weiß, dass das Landleben nicht so ungefährlich ist, wie es aussieht.
     
    Kurz nach elf hörte ich, wie meine Mutter und Gillian nach Hause kamen. Sie hatten sich Eines langen Tages Reise in die Nacht angesehen, der gemeinsame Abend war ein Geschenk zu Gillians 21. Geburtstag. Offenbar fand keine der beiden, dass es ein bisschen merkwürdig war, wenn die Mutter mit der Tochter zur Feier des Geburtstags in ein vierstündiges Theaterstück über die kaputteste Familie ging, die man sich nur vorstellen kann, aber so läuft das bei uns nun einmal. Meine Tür war zu, und auf ihrem Weg durch den Flur klopfte meine Mutter leise an.
    «Was ist?», sagte ich.
    «Bist du wach?»
    «Nein», sagte ich.
    «War Miró schon draußen?»
    «Nein.»
    «Kannst du ihn noch ausführen, bevor du schlafen gehst?»
    «Ja», sagte ich.
    «Gute Nacht», sagte sie. Sie klang müde.
    «Wie war das Stück?», fragte ich.
    «Sehr gut», sagte sie.«Aber lang. Ich bin fix und fertig. Gute Nacht.»
    «Mr. Rogers war hier», sagte ich.
    «Oh», sagte sie.«Ich hatte ihn gebeten vorbeizukommen und seine Sachen zu holen. Hast du ihn getroffen?»
    «Ja», sagte ich.«Er war hier, als ich nach Hause gekommen bin.»
    «Das tut mir leid, hoffentlich war das nicht unangenehm für dich.»
    «Es war schon in Ordnung», sagte ich.
    «Das war jedenfalls das letzte Mal, dass du ihn gesehen hast.»
    Ich sagte nichts, denn ich dachte, wie willst du das wissen? Ich könnte ihn morgen auf der Straße treffen. Vielleicht liest du seine Nachricht und rufst ihn an, und er kommt noch heute Abend hierher.
    «Na dann, gute Nacht», sagte meine Mutter.
    «Gute Nacht», sagte ich.
    Ein paar Minuten später klopfte Gillian an meine Tür und sagte:«Kann ich reinkommen?»
    Ich hatte das Gefühl, dass ich mit John und Mr. Rogers und meiner Mutter für diesen Abend mehr als genug zwischenmenschliche Kommunikation genossen hatte, also sagte ich:«Nein. Verschwinde», was sie natürlich nicht daran hinderte einzutreten.
    Sie machte die Tür auf und kam in mein Zimmer, sah sich einen Moment um und setzte sich dann auf mein Bett, als hätte sie bloß ins Zimmer kommen, nicht aber mit mir reden wollen.
    Nach einem Augenblick sagte ich:«Was willst du?»
    «Mom hat mich gebeten, mit dir zu sprechen.»
    «Worüber?»
    «Was glaubst du denn? Über deinen Ich-geh-nicht-aufs-College-sondern-ziehe-in-den-Mittleren-Westen-Unsinn. »
    «Das ist kein Unsinn.»
    «Doch, James, das ist es. Ich habe den Auftrag erhalten, dir zu sagen, dass es Unsinn ist. Es ist Unsinn, James.»
    «Wenn schon, das ist mir doch egal. Der Unsinn des einen Mannes ist der … Sinn des anderen.»
    «Du bist ja so weise, James. Du solltest ein kleines Buch mit Aphorismen schreiben.»
    «Leck mich», sagte ich.
    Gillian sagte einen Moment lang nichts, und dann meinte sie:«Ganz im Ernst, James, ich

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