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Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist

Titel: Du wirst schon noch sehen wozu es gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cameron Stefanie Kremer
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falsch ist, und man weiß, dass man schwach ist, und man weiß, dass man wahrscheinlich sein Leben ruiniert.»
    Diese Rede überraschte mich, und ich war mir nicht sicher, wie ich darauf reagieren sollte. Mr. Rogers vergrub wieder den Kopf in den Händen, gab aber kein Geräusch von sich. Nach einem Augenblick sagte ich:«Meinen Sie Kaviar?»Ich weiß nicht, wieso ich das sagte. Ich hatte nur einfach das Gefühl, dass ich etwas antworten musste, und das war das Einzige, was mir einfiel.
    Er sah zu mir hoch.«Was?»
    «Sie haben gesagt, Sie würden Fischeier essen.»
    «Fischeier sind Kaviar», sagte er.
    «Ich weiß», sagte ich.«Es ist nur so, dass die meisten Leute Kaviar sagen.»
    «Nun, ich sage eben Fischeier», sagte er.«Was ist falsch daran?»
    «Nichts», sagte ich.
    «Glaubst du, du bist besser als ich, weil du Kaviar sagst?»Mr. Rogers warf mir einen Blick zu, der gemeinhin als«vernichtend»beschrieben wird.«Du konntest mich nie leiden, stimmt’s? Du bist ein eingebildeter kleiner Scheißkerl. Ein eingebildeter kleiner Scheißkerl, der einen Dreck weiß.»Er wuchtete sich übertrieben mühsam, wie ein alter Mann, von der Couch hoch, als wäre das alles zu viel für ihn, und griff nach einem Koffer, der auf dem Boden stand. Er legte ihn behutsam auf die Couch und musterte ihn eingehend, als hätte er vielleicht den falschen Koffer erwischt. Dann strich er zärtlich über den Deckel, als wäre der Koffer seine wahre Liebe, und er, Mr. Rogers, würde ihn aus der schrecklichen Welt unserer Wohnung erretten. Er sah zu mir herüber.«Ich habe diesen Ski-Scheiß im Schlafzimmer stehen lassen. Ich kann noch mal herkommen und das Ding holen, oder ihr behaltet es. Oder stellt es auf die Straße. Schmeißt es aus dem Fenster. Was immer ihr wollt.»
    In der Euphorie der frühen Tage der Romanze zwischen Mr. Rogers und meiner Mutter, wenn die Menschen offenbar noch an Wunder glauben, hatte er einen Crosstrainer gekauft und im Schlafzimmer meiner Mutter aufgebaut, wo er vorhatte, jeden Abend vor dem Zubettgehen zwanzig Minuten zu trainieren und so die (vermeintliche) frühere Pracht seines Körpers wiederzuerlangen.
    «Keine Sorge», sagte ich.«Ich kümmere mich darum.»
    «Dann denke ich mal, dies ist das Ende vom Lied für mich», sagte er. Er nahm den Koffer.«Zumindest von diesem speziellen Lied.»
    Ich dachte daran, ihm zu sagen, dass das Scheidungsverfahren und die Anzeigen, die meine Mutter gegen ihn erstatten würde, das Lied noch verlängern würden, aber ich ließ es sein, denn er sah so bemitleidenswert aus, wie er da mit seinem Koffer stand, wie dieses Bild von Willy Loman auf dem Einband von Tod eines Handlungsreisenden .
    «Tja dann, auf Wiedersehen», sagte ich.
    «Ganz recht», sagte er:«Tja dann, auf Wiedersehen.»Er kam auf mich zu, und einen fürchterlichen Augenblick lang dachte ich, er würde mich umarmen, aber er streckte die Hand aus und gab mir die Schlüssel. Dann drehte er sich um und ging aus der Tür, die die ganze Zeit offen gestanden hatte.
    Ich wartete, horchte auf seine Schritte die Treppe hinab und auf das bumms bumms bumms , mit dem sein Koffer an jede Latte des Geländers rumpelte, und dann, als ich ganz sicher war, dass er fort war, machte ich die Tür zu und sperrte sie ab. Ich verriegelte sie. Ich hatte das merkwürdige Gefühl, dass noch jemand in der Wohnung war. Ich nehme an, das kam daher, dass ich die Tür aufgemacht und Mr. Rogers gesehen hatte, wie er da im Wohnzimmer saß, aber ich hatte das Gefühl, als wären in allen Räumen fremde Leute, und so ging ich durch die Wohnung und sah in jedes Zimmer. Natürlich war niemand da, außer Miró, der auf dem Bett meiner Mutter schlief. Er hob den Kopf und sah mich teilnahmslos an, und dann seufzte er abschätzig und machte es sich wieder bequem. Ich bemerkte ein zusammengefaltetes Stück Papier auf dem Boden neben dem Bett, das vermutlich Miró heruntergeschubst hatte. Ich ging hin und hob es auf, faltete es auseinander. Es war eine Nachricht von Mr. Rogers an meine Mutter, und ich las sie:
    Liebe Marjorie, ich bin so traurig und niedergeschlagen. Es tut mir leid, dass ich mich enttäuscht habe, aber es tut mir noch tausendmal mehr leid, dass ich Dich enttäuscht habe. Du weißt ja nicht, wie leid mir das tut - jenen Menschen enttäuscht zu haben, der mir das Leben zurückgab. Ich hoffe, Du weißt, dass ich Dich immer lieben werde. Ich bin ein dummer Mann und weiß nicht viel über Vergebung, aber wenn Du in Deinem Herzen die

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