Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
schien ihm auf eine Art unwiderlegbar, er hatte eine monströse eigendynamische Logik. Wenn Dracula plötzlich vor deiner Tür steht, zweifelst du auch nicht mehr an der Existenz von Godzilla. Dann schluckst du einfach die Tatsache, dass du in einem durchgeknallten, beschissenen Universum lebst und besser einen weiten Bogen um Tokio machst.
Dann hatten sie ihm wieder irgendein Mittel gegeben, eine erzwungene Auszeit von seinem Bewusstsein. Und schließlich war er hier gelandet, mit einem schweren Stahlhammer in den Händen, einer Dosis Amphetaminen im Blut und mit Closers Einflüsterungen im Ohr.
Scheiß drauf. Leben war gut, aber Zerstörung anrichten war besser. Und wenn das sein letztes Examen sein sollte, dann konnte er sich keinen besseren Korrektor als den Closer vorstellen.
Er ließ den Vorschlaghammer auf die Tür niedersausen.
Remote: Du musst deine Bulldogge zurückpfeifen, Jack. Ich habe deine Partnerin.
Closer: Das glaube ich dir nicht.
Remote: Hier ist ein Foto. Sie sieht verängstigt aus, was ich gut verstehen kann. Mein Helfer hat definitiv einen Hang zum Sadismus. Er besitzt zwar nicht die rohe Gewalt eines Goliaths, aber wir wissen ja beide, dass Intellekt reine Kraftanwendung aussticht, nicht wahr?
Closer: Lass sie gehen. Sie erfüllt deine Parameter nicht.
Remote: Meine Parameter? Jack, du überinterpretierst das. Ich bin doch kein Irrer aus dem Lehrbuch, der völlig starr einer einzigen Methode folgt. Ich kann mich durchaus an veränderte Umstände anpassen. Ich bin Pragmatiker – ich dachte, du verstehst das und weißt, dass ich keinerlei Skrupel habe, deine Partnerin zu verstümmeln oder zu töten.
Closer: Wenn ihr was geschieht, bringe ich dich um.
Remote: Eine bessere Drohung hast du nicht? Ich dachte, wir hätten das geklärt, Jack: Wenn du mich tötest, sterben Unschuldige. Wenn du mich angreifen lässt, hat deine Partnerin zu leiden. Du hast keine Trümpfe mehr in der Hand.
Closer: Das stimmt nicht. Ich habe eine ganze Handvoll. Zwei sogar. Zwei Hände voll mit einem Vorschlaghammer.
Immer und immer wieder ließ Goliath den Hammer gegen die Tür krachen, doch außer ein paar Dellen zeigte sich keine Wirkung. Stahlrahmen, Stahltür, widerstandsfähiges Verschlusssystem mit mehreren Riegeln. Trotzdem prügelte er weiter darauf ein.
»Halt«, kam die Stimme des Closers aus dem Kopfhörer. »So kommst du nicht rein.«
»Verdammt, das war mir schon nach dem dritten Schlag klar.« Goliath hielt inne und spürte, wie ihm der Schweiß über die Stirn rann.
»Warum hast du dann …?«
»Fühlt sich gut an, auf etwas einzudreschen.« Goliath grinste hinter der gitterförmigen Facemask. »Allerdings fühlt es sich noch besser an, wenn man auf etwas einhaut, was kaputtgeht.«
»Geh nach rechts. Da ist ein Fenster mit Eisengitter und bruchsicherem Kunststoffglas. Da müsste man leichter durchkommen.«
Goliath grunzte zustimmend. Das Haus war regelrecht in den Fels hineingebaut, und die Tür war von zwei zerklüfteten Gesteinsbrocken flankiert wie von einem Paar Wächtergolems. Goliath ging um den rechten Felsvorsprung herum und stand vor einem hohen, aber schmalen Fenster in der Hauswand. Zwar waren die Gitterstäbe festgeschweißt, aber der Rahmen war lange nicht so stabil wie der der Tür. Nach ein paar Minuten hatte er ihn mit dem Hammer gelöst. Dann machte er sich daran, die Fensterscheibe zu bearbeiten. Das Wort »bruchsicher« hatte wenig zu bedeuten, wenn Goliath mit einem Fünf-Kilo-Hammer am Werk war.
Vor sich sah er ein Foyer, in dem lauter Schutt herumlag. In die Wand war eine Art Schaukasten eingelassen. Seitlich befand sich eine Treppe, die nach oben führte und in der ein paar Stufen fehlten. Die Eingangstür wurde von einem großen Edelstahlkühlschrank blockiert.
Goliath warf den Hammer durchs Fenster, nahm die Flinte vom Rücken und kletterte über den Sims.
Das ist er. Der Tempel der Gottesanbeterinnen. Wieder konnte er ihr Kreischen hören, spürte, wie das Speed Seite an Seite mit dem Adrenalin durch seine Adern rauschte. Nun ergab alles einen Sinn, und die Verwirrung verging auf einem weißglühenden, prächtigen Scheiterhaufen. Er war genau dort, wo er sein sollte, und er tat genau das, was er tun musste. Noch besser wäre es höchstens gewesen, wenn er dabei auf einer Harley gesessen und auf zweihundert Sachen beschleunigt hätte.
»Siehst du den Schaukasten?«, fragte der Closer. »Mach das Ding kaputt.«
Goliath grölte und schoss beide Läufe leer. Die
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