Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
beiden Orten nachzusehen, deshalb haben Sie es immer nur mit einem zu tun. Ich würde tippen, dass Jack zur Druckerei geht, denn das ist der wichtigere Ort. Er weiß ja nicht, dass er schon zu spät kommt. Seine Partnerin wird er zur Kirche schicken, um diese aus der Ferne zu beobachten. Er hält es für zu gefährlich, sie nahe an die Drohne heranzulassen.« Vor Freude ließ Remote ein leises Lachen hören. »Nein, ich vermute, dass sie mit einem Gewehr, vielleicht sogar mit Betäubungspfeilen anrücken werden. Damit wollen sie die Drohne aus der Distanz unschädlich machen. Wahrscheinlich plazieren sie auch einen elektronischen Scrambler in der Nähe des Eingangs zur Kirche, um mein Funksignal zu stören. Damit verhindert er natürlich nicht die negative Rückkopplung, aber es ist seine einzige Handhabe.«
»Was soll ich machen?«
»Gehen Sie zur Kirche. Seien Sie vorsichtig. Finden Sie heraus, von wo seine Partnerin die Gegend beobachtet, und überfallen Sie sie aus dem Hinterhalt. Aber achten Sie darauf, dass Sie sie lebend erwischen.«
Sie. Tanner grinste. Das wurde ja immer besser. »Und Lage?«
»Lassen Sie ihn im Motel und setzen Sie ihn unter Beruhigungsmittel. Den behalten wir als Reserve in der Hinterhand, falls die Sache schiefgeht. Sorgen Sie einfach nur dafür, dass Sie die Partnerin einfangen.«
»Wird gemacht.«
Und wie immer hatte sein Boss recht. Der beste Platz, um den Eingang zur West Grail Church – der mit verstärkten Sicherheitstüren und elektronischen Zahlenschlössern geschützt war – zu observieren, war eine aufgegebene Videothek auf der anderen Straßenseite. Die staubigen Fensterscheiben waren mit Zeitungen abgeklebt, aber eines der verhangenen Fenster im ersten Stock stand einen Spalt offen. Weit genug für ein neugieriges Augenpaar … oder eine Gewehrmündung.
Die Hintertür war aufgebrochen. Vorsichtig tastete sich Tanner hinein, in der einen Hand den Taser, in der anderen die Spritze. Für den Notfall hatte er eine 9-Millimeter in der Tasche. Ungeachtet dessen, was der Boss ihm gesagt hatte, hatte er keinerlei Skrupel, sie zu töten, wenn sein eigenes Leben auf dem Spiel stand.
Sein Herz pochte laut, und er bekam feuchte Hände. Sich an ein Opfer anzuschleichen, das sich seines Gegners bewusst war, war anders, als einen völlig Ahnungslosen zu jagen. Leise bewegte er sich durch einige Räume, deren Einrichtung lediglich aus leeren Auslagenregalen bestand. Auf dem Boden verstreut lagen beschädigte Videohüllen herum. Glänzende, braune Bänder wanden sich dazwischen, die ausgeweideten Überreste eines toten Mediums.
Die Tür zur Treppe nach oben stand einen Spalt offen. Lautlos tastete er sich die Stufen hinauf und gelangte in einen mit einem ausgetretenen, blassgrünen Teppich ausgelegten Gang. Am Ende des Korridors sah er durch eine offene Tür in ein Badezimmer und auf eine gesprungene Kloschüssel. Links und rechts jeweils eine geschlossene Tür.
Erst versuchte er ganz sacht, die rechte Tür zu öffnen. Sie war abgeschlossen. Dann probierte er es mit der anderen. Der Knauf ließ sich drehen.
Er öffnete sie einen schmalen Schlitz weit, hielt den Atem an und spähte hinein. Drinnen kniete eine Frau mit langen blonden Haaren. Durch ein Fernglas beobachtete sie die Kirche. Sie zuckte nicht einmal, als Tanner die Tür vollends aufschob und leise eintrat.
21
A llmählich wachte Goliath auf. Er war benommen, und in seinem Kopf wankte die Welt hin und her. Er brauchte eine Minute, um zu begreifen, dass er in den Himmel starrte und auf dem Rücken lag.
»Hallo, Großer«, sagte eine Stimme an seinem Ohr. Er fasste sich an den Kopf und bemerkte, dass er schon wieder einen Helm trug. Dieser hatte zwar kein Visier, war aber genauso fest um seinen Schädel geschnallt. Scheiße.
»Dann wollen wir dich mal ein wenig auf Speed setzen«, sagte die Stimme, während Goliath sich aufsetzte und schläfrig umblickte. Er befand sich auf einem Landesteg. Er hatte Kleider an, die ihm nicht richtig passten, und um die Hüfte trug er eine Art breiten Gürtel. »Und ich meine Speed – dieses Dröhnen in deinem Kopf ist kein extrastarker Espresso.«
Goliath spürte es. Es summte durch seine Nerven und in seinem Kopf und verscheuchte die Spinnweben wie ein Hochleistungslaubsauger.
»Der Gürtel enthält genug C4, um dich in zwei Stücke zu reißen. Er ist wasserfest und mit einer Sprengfalle versehen – versuche also nicht, ihn zu entfernen. Ich kann alles sehen, was du siehst,
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