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Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht

Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht

Titel: Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Young
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Hier drehte sich alles um Lena!
    Frustriert schob ich meinen Laptop weg.
    Verdammter Braden! Jetzt vergiftete er sogar mein Manuskript mit seiner sexuellen Ausstrahlung.
    Das war es. Schluss für heute. Da ich wusste, dass Ellie nach ihrer Arbeit an der Uni etwas vom Chinesen zum Abendessen mitbringen würde, beschloss ich, ins Fitnessstudio um die Ecke in der Queen Street zu gehen, um einen vorbeugenden Angriff auf die zu erwartenden Kalorien zu starten. Ich achtete normalerweise nicht übermäßig auf das, was ich aß, aber ich hatte in der Schule Sport getrieben und hielt mich gern in Form. Was gut war, denn ich liebte Chips, oder Crisps, wie sie hier hießen. Alle Arten von Chips, fettige, köstliche, knusprige Chips. Meine enge Beziehung zu Chips war vermutlich die realste in meinem Leben.
    Ich baute meinen Frust wegen meines Buches an Laufband, Crosstrainer, Trimmrad und den Gewichten ab, bis ich nur noch eine schwitzende butterweiche Masse war. Das Training entspannte mich – genug, um mein Gehirn wieder arbeiten zu lassen. Eine Frauengestalt begann sich in meinem Kopf zu formen und wollte mich nicht mehr loslassen. Hauptsächlich deshalb, weil sie mir sehr ähnlich war. Sie stand allein im Leben, war unabhängig, eine Getriebene. Sie war bei Pflegeeltern in Schottland aufgewachsen, mit einem Arbeitsvisum in die USA gekommen und hatte sich dort verliebt …
    Diese Heldin war meine Mum. Die Geschichte meiner Mum war faszinierend gewesen, bis sie tragisch geendet hatte. Jeder liebte eine gute Tragödie. Jeder würde meine Mum lieben. Sie hatte kein Blatt vor den Mund genommen und war draufgängerisch gewesen, aber auch warmherzig und mitfühlend. Mein Dad hatte sie vom ersten Moment an angebetet, aber er hatte sechs Monate gebraucht, um sie für sich zu gewinnen. Ihre Romanze war filmreif gewesen. Ich hatte nie zuvor erwogen, einen Liebesroman zu schreiben, aber ich bekam die Idee, meine Eltern auf Papier zu verewigen, nicht mehr aus dem Kopf. Erinnerungsfetzen, die ich unter einem stahlharten kalten Willen begraben hatte, zogen vor meinen Augen vorbei, bis das Fitnessstudio ringsum verschwand: Meine Mum stand in der Küche und spülte Geschirr, weil sie der Spülmaschine nicht traute. Mein Dad trat hinter sie, schlang ihr die Arme um die Taille, drückte sie an sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Was auch immer er sagte, es bewirkte, dass sie sich gegen ihn sinken ließ und ihm das Gesicht entgegenhob, um sich küssen zu lassen. Dann wechselte das Bild; mein Dad scheuchte meine Mum abends ins Haus, knallte die Tür zu und jagte meiner Babysitterin und mir einen Heidenschrecken ein. Meine Mum brüllte ihn an, er sei ein widerlicher Macho, und mein Dad knurrte, er werde nicht tatenlos zusehen, wie irgendein Mistkerl von ihrer Arbeit vor seinen Augen schamlos mit ihr flirtete. Meine Mum kreischte, er hätte den Typen ja nicht gleich zu verprügeln brauchen. »Der Kerl hatte seine Hand auf deinem Hintern!«, fauchte Dad zurück, während ich verwirrt lauschte. Jemand hatte in Gegenwart meines Dads meiner Mum eine Hand auf den Hintern gelegt? So ein Idiot! »Ich wäre schon mit ihm fertig geworden«, konterte Mum. »Aber nicht schnell genug! Mit dem arbeitest du nie wieder zusammen!« Und ab da war der Streit eskaliert, bis meine Babysitterin davongerannt war, ohne auf ihr Geld zu warten. Aber ich hatte keine Angst gehabt. Meine Eltern hatten immer eine leidenschaftliche Beziehung geführt. Die Wogen würden sich schon glätten. Und das taten sie auch. Dad entschuldigte sich dafür, ausgerastet zu sein, blieb aber unerbittlich, was Mums weitere Zusammenarbeit mit diesem Kollegen betraf. Die Sache spitzte sich so zu, dass Mum endlich nachgab, weil der fragliche Mistkerl … nun, eben ein Mistkerl war, und ich vermutete, dass hinter der ganzen Sache mehr steckte als das, was an diesem Abend passiert war. Meine Mum wechselte sogar in ein anderes Steuerberaterbüro. In einer Ehe muss man immer Kompromisse machen, hatte sie gesagt, sie ebenso wie Dad.
    Die Erinnerungen waren so klar und deutlich. Ich konnte das Gold in den haselnussbraunen Augen meiner Mum sehen, das Rasierwasser meines Dads riechen, seine Arme spüren, die mich umschlangen, die Hand meiner Mum, die durch mein Haar fuhr …
    Meine Brust schnürte sich zusammen, und ich stolperte auf dem Laufband. Die Welt ringsum materialisierte sich wieder, aber in einem pulsierenden Gewirr aus Farben und Geräuschen, die keinen Sinn ergaben. Das Blut rauschte mir

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