Duddits - Dreamcatcher
euch, das hier ist es, das ist die Invasion, das ist die Entscheidungsschlacht, und ihr Jungs seid unsere Verteidigung. Das sind keine wehrlosen kleinen ETs, die nur darauf warten, dass man ihnen eine Telefonkarte der New England Tel gibt, damit sie nach Hause telefonieren können, das ist eine Krankheit. Sie sind Krebs, gelobt sei der Herr, und Jungs, wir sind eine große, hoch dosierte radioaktive Chemotherapie-Injektion. Hört ihr mich, Jungs?«
Diesmal keine Bestätigung. Kein Roger, kein Verstanden. Kehliges Hurrageschrei, nervös und neurotisch, bebend vor Übereifer. Kurtz’ Kopfhörer dröhnte davon.
»Krebs, Jungs. Sie sind Krebs. Besser kann ich es nicht ausdrücken, und ihr wisst ja, ich bin kein großer Redner. Owen, haben Sie verstanden?«
»Verstanden, Boss.« Ganz nüchtern. Nüchtern und ruhig, der Scheißkerl. Na, sollte er doch cool sein. Sollte er doch cool sein, solange er noch konnte. Mit Owen Underhill war es sowieso zu Ende. Kurtz hob den Papierhut und betrachtete ihn bewundernd. Owen Underhill war erledigt.
»Was ist da unten, Owen? Was regt sich da rund ums Schiff? Was hat vergessen, sich Hosen und Schuhe anzuziehen, ehe es heute Morgen aus dem Haus gegangen ist?«
»Der Krebs, Boss.«
»Genau. Jetzt geben Sie den Befehl, und dann schlagen wir los. Ich will was hören, Owen.« Und da er wusste, dass die Männer in den Kampfhubschraubern ihn beobachteten (noch nie hatte er eine solche Predigt gehalten, noch nie, und kein Wort davon war vorformuliert, höchstens in seinen Träumen), drehte er ganz bewusst seine eigene Mütze nach hinten.
7
Owen sah, wie Tony Edwards seine Mets-Kappe umdrehte, sodass ihm der Schirm in den Nacken hing, und hörte Bryson und Bertinelli die 50er durchladen, und da wurde ihm klar, dass es jetzt wirklich losging. Jetzt schlugen sie los. Entweder stieg er ins Auto ein und fuhr mit, oder er blieb auf der Straße stehen und wurde überfahren. Das war die einzige Wahl, die Kurtz ihm gelassen hatte.
Und da war noch etwas, eine unangenehme Erinnerung aus der Zeit, als er – wie alt? Acht? Sieben? Vielleicht sogar noch jünger gewesen war. Er war draußen auf dem Rasen ihres Hauses gewesen, dem Haus in Paducah, und sein Vater war noch bei der Arbeit und seine Mutter auch irgendwo, wahrscheinlich in der Grace Baptist, wo sie einen der unzähligen Kirchenbasare vorbereitete (und im Gegensatz zu Kurtz meinte Randi Underhill es auch so, wenn sie »gelobt sei der Herr« sagte), und nebenan bei den Rapeloews war ein Krankenwagen vorgefahren. Ohne Sirenen, aber mit jeder Menge Blaulicht. Zwei Männer in Overalls, ganz ähnlich wie der, den Owen jetzt trug, waren die Einfahrt der Rapeloews hochgelaufen und hatten dabei, ohne aus dem Schritt zu kommen, eine schimmernde Bahre ausgeklappt. Es war wie ein Zaubertrick.
Keine zehn Minuten später kamen sie mit Mrs. Rapeloew auf der Bahre wieder raus. Sie hatte die Augen geschlossen. Mr. Rapeloew folgte ihnen und vergaß ganz, hinter sich die Haustür zu schließen. Mr. Rapeloew, der ungefähr so alt war wie Owens Daddy, sah mit einem Mal so alt aus wie ein Opa. Das war noch so ein Zaubertrick. Mr. Rapeloew schaute nach rechts, als die Männer seine Frau in den Krankenwagen luden, und sah Owen, der da in kurzer Hose auf dem Rasen kniete und mit seinem Ball spielte. Sie sagen, es war ein Schlag!, rief Mr. Rapeloew. St. Mary’s Memorial! Sag das deiner Mutter, Owen! Und dann stieg er hinten in den Krankenwagen, und der Krankenwagen fuhr davon. Vielleicht fünf Minuten lang spielte Owen weiter mit seinem Ball, warf ihn hoch und fing ihn auf, und zwischendurch schaute er immer mal wieder zu der Tür hinüber, die Mr. Rapeloew hatte offen stehen lassen, und dachte, er sollte sie zumachen. Sie zu schließen wäre das gewesen, was seine Mutter immer einen Akt christlicher Nächstenliebe nannte.
Schließlich stand er auf und ging hinüber in den Garten der Rapeloews. Die Rapeloews waren immer gut zu ihm gewesen. Nichts Besonderes (»Nichts, weswegen man mitten in der Nacht aufstehen und einen Brief nach Hause schreiben würde«, wie seine Mutter gesagt hätte), aber Mrs. Rapeloew buk immer viele Kekse und vergaß nie, ihm welche aufzuheben; und viele, viele Schalen Zuckerguss und Keksteig hatte er in der Küche der pummeligen, immer gut gelaunten Mrs. Rapeloew schon ausgekratzt. Und Mr. Rapeloew hatte ihm beigebracht, Papierflieger zu falten, die tatsächlich flogen. Sogar drei unterschiedliche Modelle. Also hatten die Rapeloews
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