Duddits - Dreamcatcher
Gedanken verspürt Henry Widerwillen aufsteigen, der sich erst unter seine blöde gute Laune mischt und sie dann verdrängt. Und sie war auch süß mit ihrem BarbieKen. So süß wie Duddits. Er denkt daran, wie sie Duddits immer zu viert zur Schule gebracht haben – diese vielen Gänge – und wie oft sie dann vor der Schule stand, Josie Rinkenhauer, mit ihren vernarbten Knien und ihrer großen Plastikhandtasche. »Hi, Duddie.« Sie war süß.
Und ist es immer noch, denkt Henry. Sie –
»Sie lebt noch«, sagt Biber tonlos. Er nimmt den zerkauten Zahnstocher aus dem Mund, betrachtet ihn und wirft ihn ins Gras. »Sie lebt noch und ist ganz in der Nähe, nicht wahr?«
»Ja«, sagt Pete. Er betrachtet das Bild immer noch fasziniert, und Henry weiß, was Pete denkt, und er denkt fast das Gleiche: Sie ist schon fast eine Erwachsene. Auch bei Josie, die in einer faireren Welt vielleicht Doug Cavells Freundin geworden wäre, ist das so. »Aber ich glaube, sie … na ja …«
»Sie steckt so richtig in der Scheiße«, sagt Jonesy. Er hat sich seine Robe ausgezogen und legt sie sich jetzt über den Arm.
»Sie steckt fest«, sagt Pete verträumt, immer noch das Bild betrachtend. Er hat angefangen, mit dem Finger zu pendeln.
»Wo?«, fragt Henry. Aber Pete schüttelt den Kopf. Und Jonesy auch.
»Fragen wir doch Duddits«, sagt Biber plötzlich. Und sie alle wissen, warum. Es wäre überflüssig, das zu diskutieren. Denn Duddits sieht die Linie. Duddits
11
»… sieht die Linie!«, rief Henry plötzlich und fuhr auf dem Beifahrersitz des Humvees hoch. Er jagte Owen, für den es nur noch den Sturm und die endlose Reihe der Rückstrahler gegeben hatte, die ihm bestätigten, dass er noch auf der Straße war, einen Mordsschrecken ein. »Duddits sieht die Linie!«
Der Jeep brach aus und schlingerte, und dann bekam ihn Owen wieder unter Kontrolle. »He, Mann!«, sagte Owen. »Sag beim nächsten Mal vorher Bescheid, wenn du an die Decke gehst, ja?«
Henry fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht, atmete tief ein und wieder aus. »Ich weiß, wo wir hinfahren und was wir tun müssen …«
»Das ist schön …«
»… aber vorher muss ich dir eine Geschichte erzählen, damit du das verstehst.«
Owen schaute kurz zu ihm hinüber. »Verstehst du es denn?«
»Nicht alles, aber schon mehr als früher.«
»Dann los. Wir brauchen noch eine Stunde nach Derry. Reicht das?«
Henry dachte, es wäre mehr als genug Zeit, vor allem, wenn sie sich telepathisch unterhielten. Er fing mit dem Anfang an – dem, was er jetzt als Anfang auffasste. Nicht mit der Ankunft der Grauen, nicht mit dem Byrus oder den Wieseln, sondern mit vier Jungs, die gehofft hatten, ein Foto der Homecoming Queen zu sehen, wie sie ihren Rock lüpfte. Während Owen fuhr, tauchten eine Reihe miteinander in Verbindung stehender Bilder vor seinem geistigen Auge auf; es war eher wie ein Traum als wie ein Film. Henry erzählte ihm von Duddits, von ihrem ersten Jagdausflug und wie Biber gekotzt hatte. Er erzählte Owen von ihren Schulwegen und von der Duddits-Variante des Spiels: Sie spielten, und Duddits steckte die Stifte weiter. Er erzählte, wie sie Duddits mitgenommen hatten, damit er den Weihnachtsmann sah – das war echt ein Brüller gewesen. Und davon, wie sie an dem Tag, an dem die drei großen Jungs von der Highschool abgingen, Josie Rinkenhauers Bild am Anschlagbrett gesehen hatten. Owen sah sie in Henrys Wagen zu Duddits nach Hause in die Maple Lane fahren, die Roben und Doktorhüte auf der Rückbank aufgehäuft; sah sie hallo sagen zu Mr. und Mrs. Cavell, die mit einem fahlgesichtigen Mann in einem Overall der Gaswerke von Derry und einer weinenden Frau im Wohnzimmer saßen – Roberta Cavell hat Ellen Rinkenhauer einen Arm um die Schultern gelegt und sagt ihr, es werde alles gut werden, Gott werde bestimmt nicht zulassen, dass ihrer lieben kleinen Josie etwas zustößt.
Ist das stark, dachte Owen verträumt. Mann, hat der Kerl telepathische Kräfte. Wie kann das sein?
Die Cavells schauen die Jungs kaum an, so häufig sind sie hier in der Maple Lane Nr. 19 zu Besuch, und die Rinkenhauers sind zu entsetzt, um sie auch nur zu bemerken. Sie haben den Kaffee nicht angerührt, den Roberta gebracht hat. Er ist auf seinem Zimmer, Jungs, sagt Alfie Cavell und lächelt ihnen matt zu. Und Duddits schaut sofort von seinen G.I.-Joe-Figuren hoch – er hat sie alle – und steht auf, als er sie an der Tür sieht. Duddits trägt in seinem Zimmer nie Schuhe, nur die
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