Duddits - Dreamcatcher
hauptsächlich aber der Maske wegen. Es war, als würde man von irgendeinem seltsamen Robotergott angesprochen.
»WIE VIELE SIND SIE?«, rief die Gottesstimme herab. »ZEIGEN SIE ES MIT DEN FINGERN.«
Biber, verwirrt und verängstigt, dachte zunächst nur an sich selbst und an Jonesy; Henry und Pete waren ja schließlich auch noch nicht vom Einkaufen zurück. Er hob zwei Finger wie zum Friedenszeichen.
»BLEIBEN SIE, WO SIE SIND!«, dröhnte der Mann aus dem Hubschrauber mit seiner Robotergottstimme. »DIESES GEBIET STEHT VORLÄUFIG UNTER QUARANTÄNE! ICH WIEDERHOLE: DIESES GEBIET STEHT VORLÄUFIG UNTER QUARANTÄNE! SIE DÜRFEN ES NICHT VERLASSEN!«
Der Schneefall lichtete sich, aber nun frischte der Wind auf und blies Biber eine Schneefahne, die die Rotorblätter des Hubschraubers aufgewirbelt hatten, ins Gesicht. Er kniff die Augen zu und winkte mit den Armen. Er bekam eisigen Schnee in den Mund und spuckte seinen Zahnstocher aus, damit er den nicht auch verschluckte (so würde er einmal sterben, hatte seine Mutter immer geweissagt, indem er einen Zahnstocher in die Luftröhre bekam und daran erstickte), und schrie dann: »Was soll das heißen – Quarantäne? Wir haben hier einen Kranken! Sie müssen herkommen und ihn mitnehmen!«
Ihm war klar, dass sie ihn beim lauten Wupp-wupp-wupp der Rotorblätter nicht verstehen konnten, er hatte ja schließlich kein Megafon, um seine Stimme damit zu verstärken, aber er schrie trotzdem. Und als ihm das Wort »Kranker« über die Lippen kam, fiel ihm ein, dass er dem Typ im Hubschrauber zu wenige Finger gezeigt hatte – sie waren zu dritt, nicht zu zweit. Er wollte eben drei Finger heben, da fielen ihm Henry und Pete ein. Sie waren noch nicht hier, aber falls ihnen nichts zugestoßen war, würden sie bald kommen. Wie viele waren sie also? Zwei wäre die falsche Antwort gewesen, aber war drei die richtige? Oder war es fünf? Wie oft in solchen Situationen verfiel Biber in eine geistige Starre. Wenn in der Schule so etwas passiert war, hatte neben ihm Henry oder hinter ihm Jonesy gesessen, und sie hatten ihn mit der passenden Antwort versorgt. Hier draußen aber half ihm niemand, und das laute Wupp-wupp-wupp schmetterte ihm in die Ohren, und er verschluckte sich an dem aufgewirbelten Schnee und musste husten.
»BLEIBEN SIE, WO SIE SIND! DIE LAGE HAT SICH SPÄTESTENS IN ACHTUNDVIERZIG STUNDEN GEKLÄRT! WENN SIE LEBENSMITTEL BRAUCHEN, KREUZEN SIE DIE ARME ÜBER DEM KOPF!«
»Hier sind noch mehr Leute!«, brüllte Biber zu dem Mann hoch, der sich aus dem Hubschrauber beugte. Er brüllte so laut, dass ihm rote Punkte vor den Augen tanzten. »Wir haben einen Verletzten hier! Wir … haben … einen VERLETZTEN!«
Der Idiot im Hubschrauber warf das Megafon hinter sich in die Kabine und zeigte Biber dann einen Kreis aus Daumen und Zeigefinger, wie um zu sagen: Okay! Verstanden! Biber hätte vor Frust platzen können. Stattdessen hob er eine ausgestreckte Hand über den Kopf – je einen Finger für sich und seine Freunde und den Daumen für McCarthy. Der Mann im Hubschrauber sah sich das an und grinste dann. Für einen wirklich wundervollen Moment dachte Biber, er hätte sich dem Maske tragenden Saftarsch verständlich gemacht. Dann erwiderte der Saftarsch, was er wohl für ein Winken hielt, und sagte etwas zu dem Piloten hinter sich, und der ANG-Helikopter hob sich wieder. Biber Clarendon stand immer noch mitten im wirbelnden Schnee und schrie: »Wir sind zu fünft, und wir brauchen Hilfe! Wir sind zu fünft, und wir brauchen verdammt noch mal HILFE!«
Der Hubschrauber verschwand wieder in den Wolken.
5
Jonesy hörte einiges davon – auf jeden Fall hörte er die Megafon-Stimme aus dem Thunderbolt-Hubschrauber –, nahm aber nur wenig davon bewusst wahr. Er war zu besorgt um McCarthy, der ein paar kurze, atemlose Schreie ausgestoßen hatte und dann verstummt war. Der Gestank, der unter der Tür hervordrang, wurde immer intensiver.
»McCarthy!«, brüllte er, als der Biber wieder hereinkam. »Machen Sie die Tür auf, oder wir brechen sie auf!«
»Lassen Sie mich in Ruhe!«, schrie McCarthy mit dünner, verzweifelter Stimme zurück. »Ich muss nur kacken, weiter nichts. ICH MUSS KACKEN! Wenn ich nur kacken kann, geht es mir besser!«
So deutliche Worte von einem Mann, der sonst anscheinend o Mann und oje für Kraftausdrücke hielt, beunruhigten Jonesy mehr als das blutige Laken und die blutige Unterhose. Er drehte sich zu Biber um und bemerkte kaum, dass der Biber in
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