Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur
wo der Vater Pfarrer am Salemspital wurde. In Bern besuchte Dürrenmatt zunächst das Freie Gymnasium, später machte er sein Abitur am Humboldt-Gymnasium. Sein
Vater wollte, dass er Theologie studiert, Friedrich jedoch wollte Maler werden. Da seine damaligen Arbeiten von verschiedenen professionellen Malern negativ beurteilt wurden, begann er ab 1941 ein Studium der Literatur, Philosophie und der Naturwissenschaften, zunächst in Bern, später in Zürich. 1946 beendete er sein Studium und
entschloss sich, freier Schriftsteller zu werden. 1952 zog er mit seiner
Frau, der Schauspielerin Lotti Geißler, und seinen drei Kindern in
ein Haus in Neuenburg, wo er bis zu seinem Tod lebte. Nach seinem
Tod wurde sein Wohnhaus in das Centre Dürrenmatt Neuchätel integriert. In diesem Museum ist in einer Dauerausstellung das umfangreiche Bildwerk Dürrenmatts zu besichtigen.
Der Autor Dürrenmatt verstand sich als kritischer Opponent, der
der Gesellschaft mit Humor und Sarkasmus, mit Satire und Groteske den Spiegel vorhält. Mit seiner Diagnose der Welt als Labyrinth
und seinem Zweifel am Sinn des Seins, die er sowohl in Dramen als
auch in Erzählungen, Kriminalromanen und Hörspielen zum Ausdruck brachte, wollte er das Publikum irritieren und zu kritischer
Reflexion anregen. Zahlreiche seiner Werke wurden zu Klassikern
der Moderne.
Gleich mit seinem ersten aufgeführten Stück, Es steht geschrieben
(1947), löste Dürrenmatt deutlichen Widerspruch aus. Die viel gele senen Romane Der Richter und sein Henker (1952), Der Verdacht
(1953) und Das Versprechen (1958) sowie der in den 1950er-Jahren begonnene und 1985 publizierte Roman Die Justiz zeugen von Dürrenmatts Vorliebe für die Kriminalgeschichte. Weitere Werke wie die
Theaterstücke Der Besuch der alten Dame (1956) und Die Physiker
(1962) trugen ihm Weltruhm sowie zahlreiche internationale Ehrungen und Preise ein, u. a. 1986 den Georg-Büchner-Preis.
Der Richter und sein Henker OA 1952 1144 Seiten 1
Form Kriminalroman 1 Epoche Moderne
Ausgangspunkt der Kriminalromane von Friedrich Dürrenmatt ist
die Nichtberechenbarkeit der Welt. Damit verletzt er die üblichen
Regeln des Genres, das die Berechenbarkeit des menschlichen Handelns und die innere Ordnung der Welt durch ausgleichende Gerechtigkeit voraussetzt. In Dürrenmatts Kriminalromanen spielt wie
in seinen Dramen der Zufall die Hauptrolle. In Der Richter und sein
Henker werden weitere Genreerwartungen enttäuscht: Der Kommissar macht sich schuldig - er ist dem Verbrecher in seinem Verhältnis zur Gerechtigkeit sehr ähnlich - und der Verbrecher wird für ein
nicht begangenes Verbrechen bestraft. Diese Erweiterung der Spielart des Krimis trug zur Attraktivität und zum Fortbestand des Genres bei.
Entstehung Dürrenmatt verfasste Der Richter und sein Henker aus
finanziellen Gründen zunächst als Fortsetzungsroman in acht Folgen für das Wochenblatt Schweizerischer Beobachter. Der Qualität
des Kriminalromans schadete dies keineswegs; Dürrenmatt folgte
hier ganz seinem Grundsatz: Kunst könne sich womöglich nur noch
dort durchsetzen, »wo sie niemand vermutet«.
Inhalt Zentrale Figur des Kriminalromans ist der alte, kranke Kommissar Bärlach, der in seiner Jugend eine Wette mit dem Verbrecher Gastmann abschloss. Während Bärlach meinte, dass »die menschliche Unvollkommenheit, die Tatsache, dass wir die Handlungsweise
anderer nie mit Sicherheit voraussagen können, und dass ferner der
Zufall, der in alles hineinspielt, der Grund sei, der die meisten Verbrechen zwangsläufig zutage fördern müsse«, erkannte Gastmann
darin die Möglichkeit, ein nicht aufzuklärendes Verbrechen zu begehen. Vor den Augen Bärlachs stieß er einen Unbeteiligten von einer
Brücke. Die Polizei ging von Selbstmord aus. Gastmann wurde trotz
der Hinweise des Kommissars nicht zur Rechenschaft gezogen und
entwickelte sich zu einem erfolgreichen Geschäftsmann.
Am Ende seiner Laufbahn sieht Bärlach nun die Chance, Gastmann nach 40 Jahren der vergeblichen Jagd endlich zu überführen.
Ein Kollege Bärlachs wird in der Nähe des Schweizer Dorfes Twann
ermordet. Der Kommissar meint den Mörder zu kennen, lenkt den
Verdacht aber geschickt auf Gastmann. In einem raffinierten und
verwirrenden Spiel benutzt Bärlach den tatsächlichen Täter, seinen
Kollegen Tschanz, als Henker. Tschanz erschießt Gastmann in angeblicher Notwehr, um sich selbst zu decken. Der »Sieg« Bärlachs ist
kein Sieg der Gerechtigkeit;
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