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Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur

Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur

Titel: Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: unknown
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so hielt er sich zwischen 1867
und 1871 in Baden-Baden, Genf und Florenz auf.
    Dostojewski gilt als einer der bedeutendsten Romanautoren der
Weltliteratur. Thomas Mann empfahl, seine Texte, die die Abgründe
des menschlichen Wesens mit psychologischer Raffinesse ausleuchten, nur »mit Maßen« zu konsumieren. Friedrich Nietzsche hielt
Dostojewski für den einzigen Psychologen, von dem er etwas lernen konnte.

    Der Idiot OT Idiot 1 OA 1868/69 1 Deutschsprachige Erstausgabe
1889 (3 Bde.; insgesamt 948 S.) 1 Form Roman 1 Epoche Realismus
    Dieser Roman stellt Fjodor Dostojewskis ersten großen Versuch dar,
einen vollkommen guten Charakter, »einen im positiven Sinne schönen Menschen« künstlerisch glaubhaft zu machen. Sein Schaffen gewinnt damit eine religiös-utopische Note. Der christusähnliche Fürst
Myschkin wird mit der rauen Realität der russischen Gegenwart
konfrontiert, scheitert aber schließlich - und mit ihm scheitert Dostojewskis kühnes Experiment. Jahre später, in den Brüdern Karamasow, wird er es wieder aufnehmen.
    Entstehung Während der Arbeit an dem Idioten befand sich der
Verfasser auf der Flucht vor seinen Gläubigern im Ausland: in
Deutschland, in der Schweiz und in Italien. Die Entwürfe belegen,
wie Dostojewski - fieberhaft gegen seine Schulden anschreibend -
die Konzeption immer wieder änderte und sich nach und nach dazu
durchrang, seinen problematisch gewordenen Idealhelden zu opfern.
    Inhalt Lew Myschkin, der letzte Spross eines verarmten Fürstengeschlechts, der nicht nur wegen seiner schweren Epilepsie, sondern auch wegen seines demütigen und kindlich-naiven Wesens als
»Idiot« bezeichnet wird, kehrt von einem Schweizer Sanatoriumsaufenthalt nach Russland zurück, wo er auf seine Mitmenschen eine
unerhörte Anziehungskraft ausübt. Insbesondere lieben ihn zwei
schöne Frauen: die junge Generalstochter Aglaja und die lasterhafte, zynische, aber tief unglückliche Nastasja Filippowna. Letztere
wird zugleich von dem dämonischen und brutalen Kaufmann Rogoschin begehrt, der als eine Art Kontrastfigur zu Myschkin all die Eigenschaften aufweist, die jenem fehlen. Der Fürst entscheidet sich
schließlich für »die große Sünderin« Nastasja, vor allem aus Mitleid
und weil er sie vor Rogoschin schützen möchte. Die stolze Aglaja
kann diese Kränkung nicht verwinden; sie wirft sich einem dahergelaufenen Anarchisten an den Hals, folgt diesem ins Ausland und stürzt damit ihre Familie ins Unglück. Nastasja Filippowna flieht
kurz vor der Trauung mit Myschkin zu Rogoschin, der sie noch in
derselben Nacht vor pathologischer Eifersucht ersticht. In einer gespenstischen Szene halten der Fürst und Rogoschin Totenwache am
Bett der Ermordeten. Als man sie am nächsten Morgen findet, ist
Myschkins Bewusstsein praktisch erloschen. Er wird ins Sanatorium
zurückgebracht, wo er den Rest seines Lebens vor sich hindämmert.

    Das moralische Grundproblem des Romans besteht darin, dass
der Held all seiner Güte zum Trotz Chaos und Verderben über seine
Umwelt bringt. Myschkin erweist sich nämlich als durchaus nicht
vollkommen. Er ist zu sehr Heiliger und zu wenig Mensch und kann
daher Aglaja bzw. Nastasja kein vollwertiger Partner sein; so entscheidet sich der Fürst zwischen ihnen nicht aus Liebe, sondern
aus Mitleid. Die von Gewissensbissen geplagte Nastasja findet bei
ihm, dem das in Dostojewskis gesamten Schaffen so zentrale Thema
»Schuld« völlig fremd ist, keine Hilfe und ist gezwungen, sich ihre
Strafe selbst, im Messer Rogoschins, zu suchen.
    Dostojewski kam im Laufe seiner Arbeit an diesem Roman immer mehr zu der Überzeugung, dass ein »im positiven Sinne schöner Mensch« kein einseitig naiver Charakter sein könne. Freilich
hat er Myschkin noch eine andere, eine nationalistische Utopie in
den Mund gelegt, die ihn selbst zu jener Zeit stark beschäftigte, und
zwar eine radikale Kritik am Westen und am Katholizismus sowie
die Prophezeiung einer Erlösung der Welt durch das russische Volk.
    Wirkung Wie alle großen Romane von Dostojewski wurde Der
Idiot, dessen Katastrophenhandlung Walter Benjamin mit »einem ungeheuren Kratereinsturz« verglich, vielfach übersetzt, dramatisiert
und verfilmt. Fürst Myschkin gehört mit Don Quijote von Miguel de
Cervantes Saavedra und Mr. Pickwick von Charles Dickens zu den
großen tragikomischen Idealisten der Weltliteratur.

     

russischer Schriftsteller in Jasnaja Poljana (Gouvernement
Tula) 1 t2o.11.191o in

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