Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur
diese Provokation der autoritären Instanz scheitert, schließt sich K. einem Schlossboten an, dessen
Familie im Dorf geächtet ist, seitdem sich die Schwester einem Beamten verweigert hat. Die Ereignisse überstürzen sich, als K. zu einem
»Verhör« bestellt wird: Klamms Geliebte trennt sich von K. Während
ein Sekretär dem entkräfteten K. versichert, das Amt werde seine Bitten nun erfüllen, fordert ihn ein anderer auf, Klamms Geliebte freizugeben. Bevor der zu Tode erschöpfte K. in tiefen Schlaf sinkt, beobachtet er die hektische Betriebsamkeit der Schlossdiener und erfährt, dass seine Anwesenheit das Amt erheblich behindern würde.
Am folgenden Morgen bietet ein Zimmermädchen K. an, fortan bei
ihr zu wohnen. Danach bricht die surreale Handlung ab.
Dem Bericht Max Brods zufolge sollte der Roman mit K.s Tod enden; im selben Moment sollte K. vom Schloss die endgültige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erteilt werden.
Aufbau Mehr noch als Der Prozess verweigert sich Das Schloss eindeutigen Interpretationen. Während Der Prozess mit Begriffen wie
»Gesetz«, »Gericht« oder »Schuld« noch Assoziationsfreiraum bot,
liefert Das Schloss kaum solche Anhaltspunkte. Dies bedingt vor allem die den Aufbau bestimmende Kreisstruktur, die alle geschilderten Ereignisse, Dialoge und Erzählebenen dominiert: K.s Versuche,
ins Schloss zu gelangen, führen ihn stets an den Ausgangspunkt zurück; aussichtsreiche Gespräche enden, ohne dass K. Aufklärung erhalten hätte. Die Sehnsüchte K.s und der Dorfbewohner kreisen um
das Schloss, werden jedoch immer wieder enttäuscht. Besonders die
Frauengestalten heben dies hervor: Über Generationen hinweg werden sie von den »Beamten« verführt, missbraucht und fallen gelassen, ohne den Teufelskreis je durchbrechen zu können. Selbst die
Naturgesetze folgen dieser in den Abgrund weisenden Spirale: Im
Verlauf der 25 Romankapitel scheint sich der Wechsel zwischen Tag
und Nacht zu beschleunigen und immer früher zwingen Müdigkeit
und Entkräftung K. in einen tiefen Schlaf. Ins Zentrum dieses Bannkreises, der K. und die Dorfbewohner gefangen hält, setzt der Autor das unerreichbare Schloss bzw. das Phantom des übermächtigen
Klamm. Schloss und Beamte sichern ihre absolute Machtposition,
indem sie vorgeben, das Ziel aller menschlichen Sehnsüchte zu sein,
sich zugleich aber jeglicher Erfüllung entziehen.
Wirkung Wie Der Prozess hat Das Schloss eine Vielzahl psychologischer, soziologischer bzw. theologischer Deutungsversuche nach
sich gezogen. Die bleibende Faszination, die der Roman bis heute
ausübt, resultiert aus dem Verzicht des Autors, einen eindeutigen
Sinngehalt anzubieten. Die »offene« Struktur, die schon Der Prozess
aufwies, beeinflusste die moderne Dichtung maßgeblich und trug
mit dazu bei, dass Das Schloss weit über die Grenzen der Literatur
hinaus Aufmerksamkeit fand. Der Roman wurde von Max Brod
dramatisiert (Uraufführung: 1953), von Aribert Reimann vertont
(Uraufführung: 1993) und mehrfach verfilmt, u. a. 1968 von Rudolf
Noelte und 1997 von Michael Haneke.
englische Schriftstellerin und Literaturkritikerin I * 25.1.1882
in London 1 t28.3.1941 im Fluss Ouse bei Rodmell (Sussex) 1
ab i9o5 Lehrtätigkeit am Morley College 11907 Gründung
der Bloomsbury Group 11917 Gründung des Verlags Hogarth Press
Die Tochter des Literaturkritikers und Biografen Sir Leslie Stephen
wuchs in gut situierten, viktorianischen Verhältnissen auf und erhielt eine umfassende humanistische Erziehung. Nach dem frühen
Tod der Eltern (die Mutter starb 1895, der Vater 1904) zog sie mit
ihren Geschwistern in ein Haus im Londoner Stadtteil Bloomsbury. Dieses Heim wurde in den folgenden Jahren zu einem regelmäßigen Treffpunkt kritischer Künstler und Literaten. Der Kreis, zu
dem auch der Kunstkritiker Clive Bell (1881-1964) sowie ihr späterer Mann, der Politiker, Verleger und Schriftsteller Leonard Woolf
(Heirat 1912), gehörten, wurde als »Bloomsbury Group« bekannt
und zum Inbegriff intellektueller Boheme. 1905-07 unterrichtete sie
am Morley College englische Literatur und Geschichte. Sporadisch
arbeitete sie auch für einige Frauenvereinigungen. 1917 gründete sie
zusammen mit Leonard den Verlag Hogarth Press, der die Werke
der Schriftstellerin bis heute publiziert.
Von Jugend an litt Virginia Woolf unter einer äußerst labilen psychischen Konstitution; den ersten von mehreren schweren Nervenzusammenbrüchen erlebte sie nach dem Tod der
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