Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur
des Deutschen Buchhandels
Aufgewachsen in einem weltoffenen Elternhaus (der Vater war Missionar in Indien), durchlief Hermann Hesse eine vom schwäbischen
Pietismus geprägte Schulbildung: Er besuchte 1890 die Lateinschule
in Göppingen und legte das schwäbische Landesexamen ab; aus dem
evangelisch-theologischen Seminar im Kloster Maulbronn flüchtete
er 1892. Nach einer gescheiterten Buchhändlerlehre lebte er als Antiquar und Buchhändler in Basel, schließlich als freier Schriftsteller
am Bodensee. 1919 siedelte er nach Montagnola ins Tessin über.
Hesse wurde vielfach mit Preisen und Ehrungen gewürdigt, u. a.
1946 mit dem Literaturnobelpreis für sein Gesamtwerk, das die Ideale des Humanismus und die Kunst des hohen Stils offenbart.
Hermann Hesse gehört zu den meistgelesenen und meistübersetzten deutschen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Sein Werk, das
zahlreiche autobiografische Bezüge aufweist, besteht aus »Seelenbiografien«, in denen sich fernöstliches Gedankengut mit Elementen
der Psychoanalyse verbindet, und führt den Leser auf einen »Weg
nach innen«. Friedensliebe, Protest gegen alles Totalitäre und die
Verteidigung des Individuums bieten dabei reiches Identifikationspotenzial.
Der Steppenwolf OA 1927 1 289 Seiten 1 Form Roman 1
Epoche Moderne
Hermann Hesses Geschichte des in sich zerrissenen Intellektuellen Harry Haller schildert radikal die Lebenskrise eines 50-jährigen
Mannes. In diesem Roman, der den Ruhm des Autors begründete,
stellt Hesse den Gegensatz zwischen der untergehenden europäi schen Kultur und der wachsenden amerikanischen Technokratie heraus und entwirft eine überpersönliche, zeitlose Gegenwelt des Geistes und der Kunst. Die Bedeutung des Steppenwolfs liegt in seiner
komplexen Struktur und in der existenzialistischen Problemstellung,
die zur Erneuerung der Romanform beitrug.
Entstehung Im Winter 1925/26 entstanden einige Gedichte, die
Hesse unter dem Titel Der Steppenwolf. Ein Stück Tagebuch in Versen
in der Neuen Rundschau veröffentlichte. Vom 15. Dezember 1926 an
arbeitete er mehrere Wochen fast ununterbrochen an dem Prosatext.
Das Herzstück, das Tractat vom Steppenwolf, erschien 1927 als Vorabdruck in der Neuen Rundschau.
Inhalt Der Außenseiter Harry Haller leidet an sich und an der Welt
des Bürgertums, von der er sich abgestoßen und doch auch angezogen fühlt. Der vom Grauen des Ersten Weltkriegs und von der Oberflächlichkeit seiner Zeit angeekelte Melancholiker sieht sich selbst
als gespaltene Existenz: Mensch und Wolf als Sinnbild des Humanismus und des Animalischen im Menschen liegen miteinander in einem ständigen, erbitterten Kampf. Bevor sich der vereinsamte und
der Gesellschaft entfremdete Haller das Leben nehmen kann, begegnet er der Prostituierten Hermine, die Harry in die sinnlichen Freuden des Lebens einweiht.
Auf dem Weg in das einem Seelenspiegel gleiche »Magische Theater« seines Freundes Pablo fällt Harry das Tractat vom Steppenwolf in
die Hände. Darin seziert ein scheinbar Unbeteiligter Harrys Seelenzustand und führt ihm die Gefährlichkeit seiner simplen Selbstanalyse vor Augen. Im Magischen Theater erlebt Harry in einer visionären Rauschgiftorgie u. a. eine Hochjagd auf Automobile, eine Anleitung zum Aufbau der Persönlichkeit und eine Steppenwolfdressur.
Im Olymp der Unsterblichen begegnet ihm Mozart (Pablo) und rät
ihm, zu leben und das Lachen zu erlernen. Letztlich ist Harry für einen erneuten Einsatz im Spiel des Lebens bereit: »Einmal würde ich
das Figurenspiel besser spielen. Einmal würde ich das Lachen lernen.«
Aufbau Das Werk gliedert sich in drei Abschnitte: das Vorwort des
Herausgebers, das Tractat vom Steppenwolf und die Aufzeichnungen
Harry Hallers. Die Erzählperspektive wechselt: Im Vorwort schildert
der Neffe der Hauswirtin Hallers seinen persönlichen Eindruck vom
Steppenwolf, im Traktat entwirft ein scheinbar Außenstehender mit
kühler Objektivität ein Spiegelbild von dessen zerrissener Existenz.
In den Aufzeichnungen schließlich beschreibt Haller selbst seine Erlebnisse.
Wirkung Die Reaktionen auf die Auseinandersetzung Hesses mit
dem Bürgertum und die schonungslose Offenheit seiner selbstbiografischen Beichte waren geteilt: Sie reichten von scharfer Ablehnung bis zur begeisterten Zustimmung - Letztere insbesondere
seitens der Literaturkritik. Hesse bezeichnete den Steppenwolf als
»dasjenige meiner Bücher, das öfter und heftiger als irgendein anderes
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