Duden - Bücher, die man kennen muss. Klassiker der Weltliteratur
durch obskure »Wächter«; das Verhör,
dem einige Kollegen beiwohnen, findet im Schlafzimmer der Nachbarin statt. Über den Anlass erfährt K. lediglich, dass das anonyme
Gericht, das auf Basis eines unbekannten Gesetzes urteilt, von der
Schuld »angezogen« werde; obwohl im Fall von K. kein Verbrechen
vorliegt, sei die Schuld prinzipiell unanzweifelbar. K. reagiert widersprüchlich: Während der ersten Vorladung greift er das Gericht
offen an; zugleich ist er übertrieben dienstfertig, fügt sich in sein
Schicksal, bestellt einen Anwalt und plant darüber hinaus, Erkundigungen einzuziehen.
Die ebenso verzweifelten wie kläglichen Versuche, die Ereignisse
zu beeinflussen, scheitern ohne Ausnahme. Ein Geistlicher klärt K.
am Ende über die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen auf: Das
Gesetz, unter das der Angeklagte gestellt ist, entzieht sich jedem rationalen Verständnis. So wenig wie der Sinn des Lebens entschlüsselt werden kann, ist der »Sinn« des Gesetzes zu erfassen. Da es absolut ist, verweigert sich das Gesetz objektiven Definitionen. Die allein
möglichen subjektiven, daher stets unzureichenden Einschätzungen
konfrontieren den Erkenntnis Suchenden mit der Sinnlosigkeit seines Tuns. Verbissen weigert sich K., sein Dasein unter dieses negative Prinzip des »Scheiterns« zu stellen, den Prozess zu verschleppen
oder die Hoffnung auf einen »Freispruch« aufzugeben. K. ignoriert
die Warnung des Geistlichen, dass das Verfahren allmählich ins Ur teil übergehe: Am Vorabend seines 31. Geburtstags, ein Jahr nach Beginn des Prozesses, wird Josef K. vor die Stadt geführt und exekutiert.
Aufbau Das zwischen Mitte 1914 und Anfang 1915 entstandene Romanfragment, das erst posthum veröffentlicht wurde, folgt - äußerlich betrachtet - klassischen Mustern: Die 16 überlieferten, teilweise
nicht abgeschlossenen Kapitel decken einen Zeitraum von exakt einem Jahr ab und schildern die Ereignisse streng chronologisch. Die
Erzählweise orientiert sich am Realismus des 19. Jahrhunderts; moderne Stilelemente sind kaum zu finden.
Das eigentliche Novum liegt in der Art und Weise, wie Kafka die
Darstellungsmittel nutzt und den Leser an der Erkenntnissuche des
Protagonisten teilhaben lässt: Das Geschehen wird durchgängig aus
der personalen Erzählperspektive von Josef K. geschildert; die häufig verwendete erlebte Rede und zahlreiche innere Monologe steigern die verengende Wirkung, um den Protagonisten, den Erzähler
und den Leser zu einer unauflöslichen Einheit zu verschmelzen. Die
tiefe Widersprüchlichkeit der Ereignisse, die paradoxen Reaktionen
K.s und das klaustrophobische Gerichtsszenario erzeugen eine labyrinthische Atmosphäre, die das Berichtete auch den rationalen Erklärungsversuchen des Lesers entzieht.
Wirkung Die parabolische Erzähltechnik bewirkt, dass sich der
Roman - wie das »Gesetz« - jeder abschließenden Deutung verweigert und den Leser zwingt, sich stets aufs Neue mit den divergierenden Sinnangeboten des Texts auseinanderzusetzen. In alle Weltsprachen übertragen, mehrfach vertont (u. a. von Gottfried von Einem;
Uraufführung: 1953), dramatisiert (beispielsweise von Andreas Kriegenburg; Uraufführung: 2008) und verfilmt (etwa 1962 von Orson
Welles,1991 von Steven Soderbergh und 1993 von David Hugh Jones),
gilt Der Prozess, den Kafka persönlich für misslungen hielt, bis heute
als Inbegriff des »modernen« Romans.
Das Schloss 0A1926 1 503 Seiten 1 Form Roman 1 Epoche Moderne
In seinem letzten, von Januar bis September 1922 entstandenen Romanfragment greift Kafka das im Prozess entworfene Thema der unendlichen, letztlich scheiternden Suche des Individuums nach Erkenntnis wieder auf. In einer Parabel auf die Existenzsituation des
Menschen der Moderne schildert er, wie eine anonyme Macht - das
Schloss - die Sehnsucht des Menschen nach Wahrheit und Sinn manipuliert, den Suchenden bannt, unterdrückt und vernichtet.
Inhalt In einer Winternacht gelangt der Landvermesser K. in ein
Dorf, das von einem mysteriösen Schloss und dessen »Beamten« beherrscht wird. Erfolglos versucht K. während der kommenden sieben Tage ins Schloss vorzudringen. Hilfe erhofft er sich von den
Dorfbewohnern, obskuren und tragischen Gestalten, die K. in undurchschaubare Ereignisse verstricken. K. konzentriert seine irrationalen Anstrengungen alsbald auf den Schlossbeamten Klamm: Er
verführt dessen Geliebte, dringt nachts in Klamms Kutsche ein und
berauscht sich an dessen Cognac. Als
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