Duell auf offener Straße
Freizeitbeschäftigung darstellen oder ein Stück Natur sein, das man sich ins Haus holt. Sie bleiben im Haus, selbst wenn sie erwachsen sind, und man kann sich um sie kümmern, sie streicheln oder sie umsorgen. Man kann über sie die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen, sie unterstreichen und seine Gefühle ausleben. Man kann Hunde er-ziehen, wie man selbst erzogen wurde, oder alles besser machen. Sie schützen Menschen, die ängstlich sind. Manchmal dienen sie auch als verlängertes Ich und verhalten sich so, wie sich Menschen nie trauen würden, sich zu verhalten. Aber auch aktuelle Motive, sich einen Hund anzuschaffen, formen dessen Rolle in der Gruppe. Zum Beispiel können Hunde als Seelentröster nach einer Trennung angeschafft werden oder im Zuge einer Lebensveränderung, in der sich ein Mensch mehr Zeit und Raum für seine eigenen Bedürfnisse wünscht. Dazu gehört der lang gehegte Wunsch, endlich einen Hund zu haben. Dieser kann dann den Auftrag bekommen, das neu entstandene Gefühl von Freiheit auszudrücken und es für den Menschen spürbar zu machen.
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Menschen knüpfen bestimmte Erwartungen an ihre Hunde und suchen sie danach aus.
Die jeweilige Funktion des Hundes bestimmt die Kommunikation zwischen Mensch und Hund. Sie geht einher mit Erwartungen an den Hund. Sie kann sogar den Erziehungsstil festlegen. So können manche Menschen versuchen, alles am Hund wiedergutzumachen, was ihnen bei anderen nicht gelungen ist, oder sie finden im Hund jemanden, demgegenüber sie ihre Macht demonstrieren können – jemanden, der auf sie hört. Es geht an dieser Stelle nicht um eine Bewertung, sondern darum aufzuzeigen, wie individuell eine Mensch-Hund-Beziehung ist.
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Selbst die Frage nach den Bedürfnissen von Hunden kann von Menschen mit dem Hintergrund der Rollenzuschreibung beantwortet werden. So haben einige Hundehalter das Gefühl, dass Hunde lieber im Haus auf dem Sofa sitzen und gar nicht viel Auslauf brauchen. Andere setzen sich massiv unter Druck, weil sie glauben, ein Hund muss permanent beschäftigt und bewegt werden, damit er sich wohlfühlt. Ähnliche Unterscheidungen in den Ansichten finden sich in Fragen zu Themen wie Fütterung, Spielzeug, medizinische Versorgung und vor allen Dingen zu dem Thema Erziehung.
Wenn es nun aber zu Schwierigkeiten mit dem Hund kommt, lassen sich diese nicht einfach durch das Verhalten der Hunde erklären und schon gar nicht durch die alleinige Arbeit am Hund verändern.
Hunde haben Persönlichkeit und einen eigenen Kopf. Sie lassen sich nicht in jede vom Menschen vorgesehene Rolle stecken.
(Foto: Nadin Matthews)
Wenn Erwartungen sich nicht erfüllen
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Nehmen wir als plakatives Beispiel eine Szene aus der Welpengruppe. Menschen, die sich eigentlich nichts zu sagen haben, treffen sich durch ihren Hund jeden Samstag auf einer eingezäunten Wiese. Nun stehen sie da, groß und klein, mit ihren unterschiedlichen Hunden, die momentan noch eines vereint: Alle sind irgendwie niedlich und quirlig und die kleinen Mädchen, die an der Hand ihrer Mutter mit in die Welpengruppe gekommen sind, schreien ständig nur „Ist der süß!“ Tatsächlich findet natürlich jeder seinen eigenen Hund am besten, wie sollte es denn anders sein. Und dennoch gibt es große Unterschiede zwischen den Menschen, die jedes Wochenende in die Gruppe pilgern. Sie hatten unterschiedliche Motive, sich einen Hund anzuschaffen, und ihre Erwartungen liegen zum Teil meilenweit auseinander.
Eine Familie hat sich einen Labradorwelpen gekauft; die Kinder sollen mit einem Hund aufwachsen und spielen können. Die Eltern freuen sich auf die gemeinsamen Spaziergänge mit dem Hund in der Natur. Die Familie scheint nun komplett: Eltern, zwei Kinder und ein verspielter Labrador Retriever. Der Anschaffungsgrund impliziert bereits die Erwartungen der Eltern an den Hund. Er soll lieb sein. Das ist die Hauptaufgabe eines Familienhundes und aus Sicht der Familie nachvollziehbar. Genetisch gesehen ist auch ein Retriever ein Hund. Rassespezifisch arbeitet er auf der Jagd nach dem Schuss, apportiert erlegtes Wild und wird vor allem zur Entenjagd eingesetzt. Er soll einerseits leichtführig, andererseits aber körperlich unempfindlich und selbstständig sein. Sein Aggressionspotenzial ist im Vergleich zu manch anderer Rasse als eher niedrig einzustufen. Die Familie hat mit der Rasse zunächst keine schlechte Wahl getroffen.
Ein weiterer Besucher der Welpengruppe ist ein Jäger mit
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