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Duell auf offener Straße

Duell auf offener Straße

Titel: Duell auf offener Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadin Matthews
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ist das.“ Diese emotionale Gelassenheit würde mir jedoch fehlen, wenn sich einer unserer Hunde in dieser Weise auf einen anderen Hund stürzen würde. Und nicht, weil ich Prügeleien unter Hunden schlimm finde, sondern weil ich mich in der Verantwortung sehe. Es ist nicht meine Sache, wie sich meine Katzen verhalten, bei meinen Hunden schon. Vielleicht ist auch das an die Funktion der Hunde gekoppelt. Wir sehen Hunde als Produkte unserer Erziehung und als Spiegel unserer Lebenseinstellungen. Dementsprechend starke Gefühle können Menschen erleben, wenn ihre Hunde an der Leine aggressiv sind. Sie können sich ängstlich, hilflos und ohnmächtig fühlen, enttäuscht und wütend sein oder sich schämen. Manchmal hat das Haustier Hund einen größeren emotionalen Einfluss auf einen Menschen als ihn andere Menschen haben. Diese Emotionen haben wiederum Einfluss auf das Verhalten der Hunde, halten den Teufelskreis am Laufen oder lassen sogar neue Endlosschleifen entstehen. Hunde haben nicht unbedingt ein Problem mit Aggression, Menschen schon eher. Der eigene Umgang mit Aggression bestimmt in hohem Maße das Leid, das entsteht, wenn ein Hund sich entsprechend an der Leine aufführt.
     
    Die Wut und die Schuld
     
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    Die Besitzerin von Ben aus unserem ersten Fallbeispiel ist ängstlich, hilflos und frustriert und damit eine potenzielle Kandidatin für einen „Amoklauf“. Die nächtlichen Runden mit der Sorge vor einer Begegnung mit anderen Rüden fordern ihren Tribut. Keine Angst, wenn sie durchdreht, kommt niemand wirklich zu Schaden außer ihr/sie selbst und der/die Beziehung zu ihrem Hund. Ihre bisherigen Konfliktstrategien haben keinen Erfolg versprochen. Sie versucht eigentlich immer das Gleiche, doch ihr Ziel wird nicht erreicht. Eigentlich ist sie geduldig, aber auch eben nur ein Mensch, und ihre Gefühle zu dem Problem sind intensiv. Wenn sie nun seit Wochen versucht, Ben davon abzuhalten, sich lautstark an der Leine zu gebärden, kann der Tag kommen, an dem Frust und Stress die Überhand gewinnen. Sie wird ausrasten. Solche Tage unterscheiden sich meist von den anderen in Bezug auf die persönliche Verfassung der Hundehalter. Es sind Tage, an denen alles schief läuft, der Rücken schmerzt oder es an anderer Stelle bereits Ärger gab. Es sind Tage, an denen die Nerven blank liegen. Und dann punkten sie, all die erfolglosen Trainingswochen. Hundertmal „Nein“ gesagt, hundertmal wurde es vom Hund nicht verstanden und heute ist es wieder so. Die Reaktion des Menschen kommt für den Hund dann unvermittelt, quasi aus dem Nichts. Diesmal ist es ihr egal, ob die Leute gucken, diesmal ist es ihre angestaute Wut, die sie antreibt (frustrationsbedingte Aggression, Sie erinnern sich?). Die bekannte Situation kommt, die typischen Strategien dagegen auch, der Erfolg bleibt aus, und dann, dann schreit sie ihn so zusammen, wie es noch keiner von beiden erlebt hat. Sie wird sich ihm zuwenden, ihn unwirsch an der Leine zurückpfeffern, ihn vielleicht im Fell greifen und schreien. Ben wird den Schreck seines Lebens bekommen und direkt mit Demutsverhalten antworten. Er macht sich klein, duckt sich, als wäre er in seinem Leben permanent geschlagen worden. Dieser Anblick ist es, der sie stoppt, in dem vollen Wissen, was gerade passiert ist. Sie hat die Kontrolle verloren, ist ausgerastet, hat überreagiert und war unfair. Sie hat gelernt, dass man das nicht tut, und geht mit diesem Gefühl nach Hause. Es ist die Schuld, die jetzt die Stimmung macht, es tut ihr leid. Und zu Hause wird sie sich mit Ben in der Küche auf den Boden setzen, in sein Fell weinen, sich entschuldigen und versprechen, es nie wieder zu tun. Dieses Versprechen hält für eine gewisse Zeit, bis das Rabattmarkenheftchen wieder vollgeklebt ist. Es ist der Beginn einer Endlosschleife und ein guter Moment, um einen Termin in der Hundeschule zu verabreden.
     
    Auf wen trifft man in der Erziehungsberatung?
     
    Wir Hundetrainer sind tatsächlich Menschen. Wie alle anderen Menschen haben auch wir unsere Erfahrungen mit Beziehung und Erziehung gemacht und persönliche Einstellungen zu diesen fundamentalen Themen des Lebens entwickelt. Schließlich wurden wir alle erzogen. Wir haben verschiedene Formen von Beziehungen kennengelernt, sind ein Teil dieser Gesellschaft, des sozialen, politischen und auch wirtschaftlichen Systems.
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    Wir können zu wenig oder zu viel Liebe bekommen haben und daraufhin unser individuelles Bedürfnis nach Nähe und Distanz zu

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