Duell der Liebe
rauhbeinige Kerle die Tränen aus den Augen.
Nach sechs Arien baten die Männer um Wiederholungen. Maddie hatte nicht mehr für ein so dankbares Publikum gesungen, seit sie das Haus ihrer Eltern verlassen hatte.
Sie sang fast vier Stunden, bis Captain Montgomery auf die Bühne kam und den Leuten sagte, daß die Vorstellung zu Ende war. Es wurde gezischt und gebuht, und zunächst wollte Maddie ihn zurechtweisen, daß sie selbst entscheiden würde, wann sie zu singen aufhörte. Aber die Vernunft siegte über ihren Stolz, und sie nahm dankbar den Arm, den er ihr anbot, und ließ sich durch die Hintertür führen.
Der Applaus hinter ihr war wie ein Donner - verstärkt durch die Schüsse aus zahlreichen Feuerwaffen. Ihre Zuhörerschaft bestand nicht mehr nur aus dreihundert Männern; Hunderte waren leise, respektvoll, auf Zehenspitzen in das Gebäude gekommen, als Maddie gesungen hatte. Sie hatten die Türen geöffnet und standen, saßen und lagen draußen im Freien, um sie singen zu hören.
»Ich mache noch eine Zugabe«, sagte Maddie, aber Captain Montgomery hielt sie fest.
»Nein, das tun Sie nicht. Sie sind müde. Es muß Sie eine enorme Kraft gekostet haben, so zu singen. «
Sie schaute zu ihm auf und sah, daß seine Augen ganz groß waren vor Staunen und Anerkennung. »Danke«, sagte sie und lehnte sich leicht an ihn. Ihr ehemaliger Manager hatte nie danach gefragt, ob sie müde oder erschöpft war; er fand, daß das Singen ausschließlich Maddies Angelegenheit und nicht die seine war. Er hatte sich auch keine Vorwürfe gemacht, wenn sie eine Vorstellung abgesagt hatte, weil sie sich nicht gut fühlte - was selten der Fall war. Er war nur um ihre Engagements und um das Geld, das sie verdiente, besorgt gewesen.
Es tat ihr gut, wenn sich jemand besorgt zeigte, weil sie müde sein könnte. Sie lächelte ihn an. »Ja, ich bin sehr müde. Möchten Sie vielleicht noch ein Glas Portwein mit mir trinken, Captain? Ich habe immer einen Vorrat vom besten portugiesischen Wein bei mir. Ich trinke nach jedem Auftritt ein Glas. Das ist Balsam für meine Kehle. «
Um sie, herum befanden sich Hunderte von schießenden Männern, aber sie hätten ebensogut allein sein können. Das Mondlicht brachte die rosenfarbene Seide ihres Kleides zum Schimmern, und ihre bloßen Schultern waren weiß und samtweich. »Die Einladung nehme ich gern an«, sagte er leise.
’Ring brachte sie zu ihrem kleinen Garderobenzelt und hielt ihr die Türplane auf. Maddie schlüpfte in das Innere und erstarrte. Sie sah sich plötzlich diesem schrecklichen Mann gegenüber, der wußte, wo sich ihre entführte Schwester befand. Er zielte mit einem Revolver auf sie.
Maddie begriff, daß dieser Mann sie beide erschießen würde, wenn sie den Captain nicht sofort loswurde. Sie drehte sich rasch um, riß Captain Montgomery die Türplane aus der Hand und schnaubte: »Captain, beabsichtigen Sie etwa, mich zu verführen? Haben Sie mich deshalb so gedrängt, die Bühne zu verlassen? «
»Ich? Wieso? Nein… «
»Nein? Ist es denn nicht das, was alle Männer von einer Frau haben wollen? Haben Sie mich nicht mit diesem Hintergedanken heute durch die Stadt gezerrt? Sie haben sich vorgenommen, mich dahin zu bringen, daß ich Ihnen gebe, was Sie von mir verlangen. Ich habe mit Männern wie Ihnen überall in der Welt die gleiche Plage gehabt. « Bei jedem Wort sah sie, wie er steifer wurde, bis er am Ende so stramm stand wie ein Soldat auf Wache. Sie gefiel sich gar nicht in der Rolle, die sie jetzt spielte. Wenn sie ehrlich war, mußte sie zugeben, daß er bisher wirklich nichts anderes getan hatte, als sie zu beschützen.
Aber sie mußte ihn jetzt loswerden. Der Mann im Zelt konnte sie und den Captain erschießen, ohne daß es bei dem Lärm, der um sie herum herrschte, auffallen würde.
»Habe ich nicht recht, Captain? Sie meinen, eine umherziehende Sängerin wie ich wäre nicht sonderlich tugendhaft, nicht wahr? « Da er erst vor ein paar Stunden erklärt hatte, daß er von ihrer Jungfräulichkeit überzeugt war, machten ihre Worte wenig Sinn. »Hindert Sie die Hoffnung, daß Sie mich erobern können, daran, wieder in Ihr Fort zurückzukehren? «
Er starrte sie mit kalten, harten Augen an. »Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich so einen Eindruck vermittelt habe. Ich werde draußen warten, bis Sie… Sie Ihren Portwein getrunken haben. Dann begleite ich Sie zu Ihrem Lager. « Er berührte mit dem Finger seine Hutkrempe, machte eine Kehrtwendung und marschierte
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