Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
wieder hören und sehen. °Sei lieb«, sagte die große, magere Frau mit ruhiger, ein wenig erheiterter Stimme. »Wir werden euch nicht wehtun.«
Tuli hörte ein Schlurfen, dann kam Lembas vorbei, der Teras vor sich herschob. Rane drängte sie hinterher, und ihre kräftigen, schlanken Finger lagen mahnend um Tulis Nacken. Die Zwillinge wurden zu Fariyn zurückgeführt, bis sie niedergeschlagen vor ihr standen.
Sie lächelte, und ihre dunklen Augen funkelten amüsiert. »Gorem«, sagte sie, »die beiden scheinen nicht begeistert von dem Gedanken, mit einem Agli zu sprechen.« Die Falten des kleine Mannes breiteten sich aus, und seine Lippen dehnten sich zu einem Lächeln. »So.« Fariyn schaute von Teras zu Tuli. au' Lächeln erstarb. »Rane, bring den mal näher.« Sie deutete au Tuli.
Tuli bekam einen Stoß in den Rücken, so daß sie vorwärtsstolperte. Auf Fariyns Anweisung hin kniete sie auf den Boden. Die dicke Frau beugte sich nach vorn und betrachtete eingehend ihr Gesicht. Sie schloß lange, starke Finger um Tulis Kinn, drehte ihren Kopf und zeichnete mit sicherem Zeigefinger die Kontur ihres Kiefers nach. »Aha.« Ein leises, befriedigtes Ausatmen. Fariyn ließ die Hand sinken und lehnte sich zurück. »Ich glaube, daß du überhaupt kein Junge bist.«
Tuli hielt hartnäckig den Kopf gesenkt. Sie schwieg.
»Geh zu deinem Bruder zurück, Kind. Ich muß einen Augen blick nachdenken.«
Tuli rappelte sich hoch, stellte sich neben Teras und rieb ihre Hals, wo Ranes Finger sich tief in ihren Muskel gegraben hatten.
Fariyn rieb ihren breiten Daumen langsam und mehrfach ge gen ihren Zeigefinger. Ihre dunklen Augen blickten ins Feuer und ein nachdenklicher Ausdruck stand in ihrem Gesicht. Nach einer Weile kratzte sie sich an ihrer herabhängenden Nasen spitze, legte den Kopf in den Nacken und folgte den schwarze Schatten, die hoch über dem Lager kreisten. Schließlich nickt sie, als hätte sie einen Entschluß gefaßt. Unter mächtigem Rascheln ihrer Unterröcke stand sie auf. »Rane, Lembas, bringt die zwei nach drinnen. Komm, wir wollen das nicht in alle Öffentlichkeit bereden.« Sie sah an ihm vorbei zu den dunklen Gestalten um die Lagerfeuer. »Nun gut.« Sie ging die steile Stufen zu dem Drogh hinauf, und der Wagen schaukelte unter ihrem Gewicht vor und zurück. Der kleine Mann folgte ihr wie ein Oadatküken dem Schwanz seiner Mutter.
Das Innere des Droghs stellte für Tuli eine Überraschung dar. Es wurde von mehreren zarten Öllampen mit geschliffenen Glasschirmen erhellt. Das Öl in den Behältern war parfümiert und erfüllte den kleinen, sauberen Raum mit einem Duft wie nach frisch gemähtem Heu. Auf dem Holzboden lag ein Sankoy-Teppich, dessen Farben wie Edelsteine strahlten. An einer Wand diente eine Truhe mit gepolstertem Deckel als Sitzgelegenheit. In die Holztäfelung waren Blumenmuster geschnitzt, und auf dem gestickten Bettüberwurf türmten sich Kissen. Fariyn setzte sich gegenüber vom Eingang in einen kunstvoll geschnitzten Lehnstuhl, der fast wie ein Thron wirkte. Sie nickte Gorem zu, der zwei Kissen auf den Boden zu ihren Füßen warf. »Setzt euch, ihr zwei«, sagte sie munter. »Seid willkommen in meinem Hause.«
Eembas blieb im Eingang stehen, lehnte mit der Schulter im Türrahmen, spielte mit der freien Hand immer noch mit den Steinchen wie zuvor. Er schaute nach draußen und gab acht, daß niemand so nahe herankam, um zu belauschen, was drinnen besprochen wurde.
Rane und Gorem nahmen auf der Truhe an der Wand Platz, Rane am anderen Ende, wo ihr Gesicht in Schatten getaucht war, Gorem neben Fariyn.
Tuli fühlte sich hilflos und verängstigt, tat, was man ihr sagte und sank auf eines der Kissen. Sie schlug die Beine übereinander und legte die zitternden Finger auf ihre Oberschenkel. Teras stellte sich neben sie. Er preßte wieder die geballten Fäuste an seine Seite, um seine aufgewühlten Gefühle unter Kontrolle zu halten. Er haßte es, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und brauchte die Sicherheit, seinen Körper, wenn nicht gar sein Leben in der Hand zu haben. Er stand Fariyn gegenüber und war entschlossen, nicht mehr als nötig preiszugeben.
Fariyn seufzte. Sie ließ die Arme auf dem geschnitzten Holz ruhen. Ihre Finger schlossen sich um die abgegriffenen Enden der Lehnen. »Setz dich, Junge. Wir werden dich nicht auf - fressen.«
Er lief rot an bis in die Ohrspitzen. Mit steifen Bewegungen hockte er sich auf das Kissen wie ein fluchtbereiter Huscher. »Danke.«
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