Duell der Magier 02 - Die Bahn der magischen Monde
hoch, um Herns erschrecktem Blick zu begegnen. Sie drängte ihr Macai zum Straßenrand und gab Hern Zeichen, dicht hinter ihr zu reiten. »Ein Brissai«, erklärte sie rasch. »Junge Minarka von den Hochterrassen auf einer Sause, bis zu den Ohren voll mit Traumpulver oder Schlimmerem und zu jeder Missetat bereit, die ihnen in den Sinn kommt. Klingt so, als jagten sie irgendeinen Unglücklichen.« Sie kaute auf ihrer Lippe, ihre besorgten Augen hingen an Herns Gesicht. »Wir haben Glück, wenn sie uns nur in den Graben stoßen und weiterziehen.«
»Da hinein?«
»Ein bißchen stinken ist besser als gehäutet zu werden, und das ist das Angenehmste, was uns widerfahren kann, wenn wir auch nur einen von ihnen berühren.« Die Geräusche kamen schnell näher und wurden noch derber als zuvor. »Die wollen Blut sehen. Rühr dich nicht, sag kein Wort, was auch immer geschieht. Am besten atmest du nicht einmal.«
Sie hörte das Tappen nackter Füße auf den Pflastersteinen, dann kam ein zerlumpter kleiner Mann um die Ecke gewankt, der aus Hunderten kleiner Wunden blutete. Er war vor Entsetzen so blind, daß er an ihnen vorüberstolperte, ohne sie auch nur zu sehen, um die großen Tore zu erreichen, ehe sie ge schlossen würden.
Die Brissai bog einen Augenblick später um die Ecke, fünf junge Männer in weiten Gewändern, die ihre nackten, goldhäutigen Körper nur teilweise bedeckten. Lange, lose Zöpfe rostroten Haars wehten in der stinkenden Luft, goldene Auge glühten, auf goldener Haut stand ein Schweißfilm, nicht vor Erschöpfung, sondern vor emotionaler Überreizung. Sie ritte gepflegte Rambuts, die in karmesinroten Mähnen geflochten Seidenbänder in Azurblau und Silber, Rot, Gold und Grün trugen, die im Wind ihres stürmischen Auftritts flatterten Jeder der Jugendlichen hielt einen langen Stock mit eine nadelgespickten Knauf am Ende. Der Anführer erblickte Serroi und Hern, riß sein Reittier an den Zügeln und hielt sich mit der mühelosen Grazie eines großartigen Reiters auf dem ausschlagenden Tier. Er betrachtete sie liebevoll, Freude funkelte in seinen metallischen Augen, und ein zartes Lächeln trat auf seine fein geschwungenen Lippen. Mit achtloser Grazie deutete er auf den dahinstolpernden Fliehenden. »Ban Abbal, erledige das!«
Einer der fünf ritt hinter dem kleinen Mann her und schmetterte ihm die gespickte Kugel in den Hinterkopf. Der Minark ritt ein paar Schritte weiter, dann riß er sein Reittier herum und zwang es, über den kleinen Körper zu trampeln. Er ließ ihn wie ein Stück Abfall auf den Pflastern liegen und kehrte zu der Brissai zurück.
Der Anführer ließ sein Rambut näher zu Serroi tänzeln. »Grün«, konstatierte er und lachte dann, daß sein Lachen wie Musik über dem Hufgeklapper der nervösen Rambuts klang. »Der Junge hat grüne Haut.« Hinter ihm erscholl das Gekicher der anderen vier, und er lenkte sein Tier zwei Schritte zur Seite. »Und ein dicker Mann. Ein kleiner, dicker, saftiger Mann.« Er kicherte und tippte mit dem Nadelball auf Herns Schulter, daß die Spitzen mühelos den schwarzen Stoff und die Haut darunter durchstießen. Hern blieb reglos sitzen, zuckte nicht einmal und hielt den Blick auf die Pflastersteine geheftet. Der Minark betrachtete das Blut an den Nadeln und lächelte süßlich, »der kleine, dicke Mann ist so stumpfsinnig, daß er nicht einmal etwas empfindet.« Der Blick in seinen Augen flackerte auf, seine Verspieltheit verwandelte sich in Zorn, als er hinter Herns ungerührtem Äußeren Stolz und Stärke wahrnahm. Er lebte seinen Zorn aus, verhöhnte Hern, verspottete ihn und unterstrich seine Spötteleien mit Schlägen des Nadelballs. Kleine Rinnsale bildeten sich auf Herns Händen und in seinem Gesicht, Blut sickerte durch seine Bluse und Hose, obgleich er reglos sitzen blieb, bis der Hochgeborene nach seinen Augen zu zielen begann. Selbst als der Ball vor seinem Gesicht tanzte, behielt Hern sich in der Gewalt, auch wenn er bleich vor Zorn und Frustration war und nur soweit auswich, daß er seine Augen schützen konnte.
Die anderen vier begannen sich zu langweilen. Sie kreisten um das schweigende Paar, johlten und feixten. Sie reizten Serroi mit Worten, zupften mit den Nadelbällen an ihrem Haar, aber ließen sie ansonsten in Ruhe. Sie gehörte ihrem Führer, war seine Beute nach Hern. Er muß
mindestens aus Falans Sippe sein, vielleicht sogar sein Sohn,
dachte sie.
Der Höchste der Hohen. Der Verrückteste der Verrückten. Er wird Hern
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