Duell der Zauberer
daß ich sie einfach Frau sein lasse. Das habe ich ihr zu lange verwehrt.«
»Wie du meinst, mein Sohn«, sagte Aldur. »Und jetzt bitte ich euch, geht etwas beiseite und überlaßt uns unserer Familientrauer.« Er sah zu Torak hinüber, der auf seiner Bahre lag, dann sah er Garion an. »Ich habe noch eine Aufgabe für dich, Belgarion«, bat er. »Nimm das Auge und lege es meinem Bruder auf die Brust.«
»Jawohl, Meister«, antwortete Garion sofort. Er nahm seinen Arm von Ce’Nedras Schultern und ging zu der Bahre hinüber, bemüht, das verkohlte und verzerrte Gesicht des toten Gottes nicht anzusehen. Er legte den runden blauen Stein auf die reglose Brust Kal Toraks. Dann trat er zurück. Sogleich zwängte sich seine kleine Prinzessin wieder unter seinen Arm hindurch und umschlang seine Hüften. Es war nicht unangenehm, aber er stellte sich kurz vor, daß die Dinge sich etwas schwierig gestalten würden, wenn sie darauf beharrte, den Rest ihres Lebens in dieser engen Umarmung zu verbringen.
Wieder formten die Götter einen Kreis, und wieder begann das Auge zu leuchten. Allmählich veränderte sich das verbrannte Gesicht, langsam schlossen sich die Wunden. Das Licht, das die Bahre und die Götter umgab, wurde stärker, und das Leuchten des Auges wurde weißglühend. Als Garion Toraks Gesicht zum letztenmal sah, war es ruhig, gefaßt und makellos. Es war ein schönes Gesicht, aber trotz allem ein totes Gesicht.
Dann wurde das Licht so intensiv, daß Garion nicht mehr hinsehen konnte. Als es wieder nachließ und Garion auf die Bahre blickte, waren die Götter und Torak verschwunden. Nur das Auge war schwach glühend zurückgeblieben.
Botschaft ging, mit demselben zuversichtlichen Blick wie immer, zu der Bahre hinüber. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um den glühenden Stein erreichen zu können. Dann trug er ihn zu Garion. »Botschaft, Belgarion«, sagte er fest und reichte ihm das Auge. Als ihre Hände sich berührten, fühlte Garion, wie vollkommen andersartig er war.
Durch die Geschehnisse einander nähergebracht, sammelte sich die kleine Gruppe um Tante Pol und Durnik. Im Osten wurde der Himmel langsam heller, und der rosige Hauch der Morgenröte überflutete die letzten Überreste der Wolke, die Cthol Mishrak verborgen hatte. Die Ereignisse dieser furchtbaren Nacht waren titanisch gewesen, aber nun war die Nacht fast vorüber, und sie standen schweigend beisammen und beobachteten den Sonnenaufgang.
Der Sturm, der in der langen Nacht getobt hatte, war weitergezogen. Unzählige Jahre lang war das Universum gespalten gewesen, aber jetzt war es wieder eins. Wenn es überhaupt Anfänge gibt, dann war dies ein Anfang. Und so brach die Sonne am Morgen des ersten Tages durch die Wolken.
Epilog
Insel der Stürme
25
I n der Nacht vor seiner Hochzeit schlief Belgarion von Riva sehr unruhig. Wenn Ce’Nedra und er kurz nach seinem Duell mit Torak in einer schlichten, privaten Feier hätten heiraten können, wäre vielleicht alles einfacher gewesen. Damals waren sowohl er als auch seine kleine, sprunghafte Prinzessin viel zu müde und von den Ereignissen überwältigt gewesen, um anders als vollkommen aufrichtig zueinander zu sein. In jenen kurzen Tagen hatte er sie von einer ganz neuen Seite kennengelernt. Sie hatte jeden seiner Schritte mit geduldiger Bewunderung beobachtet, und sie hatte ihn immerzu berührt – seine Haare, sein Gesicht, seine Arme und ihre Finger waren zärtlich und neugierig gewesen. Die eigenartige Angewohnheit, die sie angenommen hatte, sich nämlich ungeachtet der Anwesenden oder der Örtlichkeit unter seinen Arm zu schlängeln, war alles in allem ganz angenehm gewesen.
Aber jene Tage waren nicht von Dauer. Sobald sie sich davon überzeugt hatten, daß es ihm gutging und daß er tatsächlich da war, und nicht etwa nur ein Produkt ihrer Einbildungskraft, das sich jeden Moment in Luft auflösen konnte, hatte Ce’Nedra sich allmählich verändert. Er fühlte sich wie ihr Besitz. Und dem ihr eigenen Vergnügen an Besitztum folgend, hatte die Prinzessin auf eigene Faust große Änderungen geplant.
Und nun war der Tag, an dem er auch formell in ihren Besitz übergehen sollte, nur noch Stunden entfernt. In seinem unruhigen Schlaf vermischten sich Träume und Erinnerungen, und er sank in Schlaf und tauchte wieder daraus empor.
Er war wieder auf Faldors Farm. Selbst im Schlaf konnte er noch Durniks Hammerschläge hören und die Düfte aus Tante Pols Küche riechen. Rundorig war dort und
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