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Duell im Eis

Duell im Eis

Titel: Duell im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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großen sowjetischen Volk – wer will dem widersprechen? Ich werde meine Pflicht tun, wie man es in Moskau erwartet. Wir alle tun ja nur unsere Pflicht, weil man uns einen Befehl gegeben hat.« Die Berreskowa wischte mit der Hand durch die Luft, als jage sie ihre Gedanken fort. »Sie wollen also wissen, wo ich einmal wirklich Angst gehabt habe?«
    »Ja.« Schesjekin lehnte sich zurück. In der Tür erschien Obermaat Pralenkow und signalisierte durch Handzeichen, daß der Braten bereit zum Servieren in der Küche lag. »Nur einen einzigen, treffenden Satz, Genossin Berreskowa. Der Braten duftet bis hierher …«
    »Nur einmal hatte ich Angst: als ich mit sechzehn Jahren einem nackten, erregten Mann gegenüberstand. Womit er mich bedrohte und doch glücklich machen wollte, kam mir riesenhaft vor. Meine Angst war wie ein halber Tod …«
    Vizeadmiral Schesjekin räusperte sich und starrte vor sich auf die Tischdecke. Unterleutnant Temjun zögerte, den Pilzgeschädigten zu spielen. Vielleicht waren seine Witze doch noch im besten Kreis; er kannte da einige Knalldinger gerade von Jungfrauen und deren Umwandlung in eine Frau. Verzweifelt starrte er den Kommandanten an. Aber Malenkow schwieg und regte sich nicht: Er schämte sich elend, daß Ljuba Alexandrowna so etwas erzählt hatte.
    »Der Braten kann kommen!« rief die Berreskowa völlig unbefangen zu Pralenkow hinüber, was Schesjekin bewog, seine Verlegenheit zu überwinden und wieder in die Hände zu klatschen. Die anderen Offiziere am Tisch folgten ihm und applaudierten mit einem breiten Grinsen. Nur Malenkow schloß sich dem Applaus nicht an.
    »Sag' ich es nicht?« rief Schesjekin, froh, aus dieser Situation erlöst zu sein. »Unsere Genossin Berreskowa ist eine wirklich mutige Frau, sonst hätte sie damals ihre große Angst nicht überwunden.«
    Ein schöner Abend wurde es noch. Temjun sang einige Lieder aus seiner Steppenheimat, dann, groß war danach die Begeisterung, eine Arie aus ›Tosca‹ von Puccini, und zwar das zu Herzen gehende ›Und es blitzen die Sterne …‹, was wieder bestätigte, daß Temjun auf einem U-Boot am falschen Platz war und auf die Bühne gehörte. Nur, als Vizeadmiral Schesjekin rief: »Nicht nur singen kann er … Köstliche Geschichten kann er erzählen, ganz köstliche … Aron Misjanowitsch, los, erzählen Sie …«, bekam Temjun seinen Pilzanfall, fing Malenkows warnenden Blick auf, verfärbte sich, was seine einmalige schauspielerische Begabung bezeugte, und wankte hinaus. Dr. Lepokin folgte ihm besorgt.
    »Die Pilze, glaube ich …«, sagte er an der Tür, um die Erstaunten zu beruhigen.
    »Das habe ich erwartet!« Schesjekin tätschelte wieder – diesmal sollte es entschuldigend wirken – die Hand der Berreskowa. »Wer hat das beobachtet? Temjun hat einen Berg Pilze verschlungen, der eine Wildsau umwerfen könnte. Jeden Augenblick dachte ich: Jetzt kommt's ihm an den Ohren wieder heraus! Ein schöner Abend war es trotzdem.«
    Auf dem Weg zu ihrer Koje gelang es Malenkow doch noch, die Berreskowa abzufangen. Eng standen sie voreinander, so eng, daß es keiner Umarmung bedurfte, um sich gegenseitig zu spüren.
    »Wer bist du, Ljuba Alexandrowna?« fragte Malenkow leise. »Wie bist du?«
    »Wie soll ich die Frage verstehen?« antwortete sie.
    »Die Antwort auf die Frage nach der Angst –«
    »Ehrlich war sie. Lügen hasse ich. So war es damals, Jurij. Soll man's verschweigen?«
    »Wenn eine Frau so etwas sagt …«
    »Die plötzliche Sittlichkeit des Mannes, wenn ihm eine Frau gehört! Dumm seid ihr alle, überheblich, besitzergreifend.« Sie lachte kurz auf, und es war ein anderes Lachen, als es Malenkow von ihr gewöhnt war, härter, angreifend, abwehrend, ein kämpferisches Lachen. »Wie denkt ihr alle falsch! Eine Frau liegt in meinem Bett, also gehört sie mir. Wißt ihr das so genau?«
    »Ljuba, wir lieben uns doch!«
    »Aber ich bleibe ich, Jurij, und noch vieles wirst du entdecken, was du kennst, was dich ärgern wird, was du nicht in den Händen hältst, auch wenn du mich umarmst. Erinnere dich an deine Mutter. Eine Sklavin deines Vaters war sie, tat, was er wollte, wie konnte sie es wagen zu widersprechen … War es so?«
    »Meine Mutter war eine gute Frau«, sagte Malenkow heiser. »Eine einfache, fleißige Frau, immer tat sie ihre Pflicht …«
    »Pflicht! Das ist es! Sie tat ihre Pflicht, empfing die Befehle und duckte sich. Wir haben uns verändert, Jurij … Ich liebe dich, aber ich gehöre dir nicht. Ich bin

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