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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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einigen?“
    „Versprochen!“
    Dann schauten wir beide Lemmy an, der auf seiner Couchfeder mit Daumen im Mund dahinvegetierte. Seltsam, dass mir während all der Jahre nie in den Sinn gekommen war, dass er eine Inzucht sein könnte. Andererseits war seine Maschine des Wissens oft überraschend gut gefüllt, und auf praktisch jede Frage wusste er eine Antwort, also konnte ich mir wieder nicht vorstellen, dass er eine war. Ich wollte ihn testen, also versuchte ich es wieder mal, diesmal fragte ich ihn: „Lemmy, was sagt dir UGC?“
    Er brauchte nicht lange nachzudenken und sagte: „Ugly girls contest.“
    Und ich dachte: Doch keine Inzucht.
    ***
    Als ich sein Büro betrat, war Guttmann noch schlechter gelaunt als sonst. Er schob sich ein Stück Würfelzucker in den Mund und hielt einen Zettel in seinen fleischigen Händen, auf den spuckte er drauf und schob ihn angewidert zu mir herüber, dann sagte er: „Lies das!“
    Die von oben stiegen ihm auf die platten Füße und teilten ihm in diesem Schreiben mehr oder weniger deutlich den Tag seiner Hinrichtung mit, indem sie für kommenden Februar eine Art Gesundenuntersuchung für Bullen anberaumten, während der die Spreu vom Weizen getrennt werden sollte, und so wie Guttmann nach seinen Wochen bei Jolanda jetzt aussah, war klar, auf welcher Seite er stehen würde. Und die nächsten Wochen – Schnee, Kälte, Depression, Fressattacken! – würden die Sache für ihn nicht besser machen.
    Er war also wieder mal zutiefst angewidert von den ganzen Kilos, die er zu viel mit sich herumschleppte, schob die Schuld aber routinemäßig auf andere: „Muss denn heute jeder perfekt sein? Darf denn keiner mehr aus der Reihe tanzen?“
    Ich sagte: „Gutti, wenn du wenigstens tanzen könntest, dann würde ich mit dir Silvester verbringen.“
    Er sagte: „Leck mich am Arsch!“
    Dabei schwitzte er schon wieder, während mir einfach immer eine Spur zu kalt war. Wie einer verdammten Squaw froren mir immer die Füßchen ein und kriegte ich den Restkörper den ganzen langen Tag nicht auf Temperatur. Ich versank also noch tiefer in meinem Mantel, schob ihm den Brief wieder zurück und sagte: „Gutti, du kannst nicht gleichzeitig in eine Weltklasseköchin verliebt sein und abnehmen wollen. Das würde sie dir übel nehmen, beziehungsweise würde sie es sich an die eigenen Fahnen heften, und sicher nicht als Triumph.“
    „Aber die schicken mich in Frühpension, wenn ich den Test nicht schaffe, und mit Jolanda ist es sowieso vorbei, also was soll ich dann in der Frühpension tun? Bitte mach mich fit!“
    Golf kam für ihn nicht infrage, Tennis auch nicht, Töpfern in Kreta schon gar nicht. Ich überlegte also, wie ich den Koloss wieder auf Normal bringen konnte, schon meinem Auto zuliebe. Aber wie alle Fetten machte er es sich zu einfach, am liebsten würde er nur so tun als ob, und dann sehen, ob es funktioniert hat.
    Sex als probates Mittel, ein paar Kalorien zu verbrennen, kam bei ihm nicht infrage, und so wie er mittlerweile im Gesicht aussah, ganz blaugrün bis hinauf zu den Augenbrauen, würde er gegen seinen mutmaßlichen jungen Nebenbuhler ohnehin keine Chance haben.
    Also was dann? Ich dachte an einen gemütlichen Herrensaunaabend irgendwo in Budapest mit einigen netten, leichten Mädchen, da würde mir warm in den Füßen werden, und Guttmann könnte zumindest ein wenig von dem Wasser wieder ausschwitzen, das er seit Jahrzehnten als Bier zu sich genommen hat. Das Problem dabei: Leichte Mädchen wollten Sex, aber nicht mit Guttmann. Und Wasser ausschwitzen war nicht das Gleiche wie Fett verbrennen.
    Blieb also noch die Möglichkeit, ihm die Magenschleimhäute so nachhaltig zu verätzen, wie Lemmy das bei sich getan hatte, das wäre dann die Hardcore-Variante. Aber Guttmann aß einfach zu gerne, und warum einem Menschen das Letzte nehmen, das ihm noch Freude bereitete?
    Plötzlich wuchs in mir ein zartes Pflänzchen Hoffnung, denn ich dachte an Bewegung als Möglichkeit, Gewicht zu verlieren, ich sagte: „Der Vater dieses Mädchens, das ich in Bratislava gefunden habe, ist Sportarzt, eine Art Guru auf seinem Gebiet. Der wüsste, wie und wie lange du dich bewegen solltest, damit die Pfunde purzeln. Er hasst nämlich Fett, er hasst es wirklich, interessiert dich das?“
    „Nein.“
    „Na gut. Er nimmt ohnehin nur Privatpatienten, das ist das eine Problem. Das andere ist, dass er im Moment gar nicht da ist, hast du denn mittlerweile was über ihn herausgefunden, du

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