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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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etwas müsste man sich eigentlich jeden Tag ansehen, ich fragte: „Und warum zeigst du uns das alles?“
    Kainz: „Es gab im Sport des Kommunismus immer wieder Probleme mit Doping, ich denke nur an Jarmila Kratochvilova, die die 800 Meter schneller lief als je eine Frau zuvor und danach, aber noch während sie lief, wuchs ihr ein Dreitagebart im Gesicht, weil sie bis oben hin angefüllt war mit Hormonen. Dieser junge Mann aber, Tibor Fazekas mit Namen, aufgewachsen mit seinem kleinen Bruder Laszlo in der Nähe von Szegedin …“
    – In Guttmann begann es zu rumoren, weil er jetzt an Szegediner Gulasch denken musste –
    „… dieser junge Mann wollte es ohne Hormone schaffen, es geht ja, ich sage nur: Toni Innauer! Aber in Ungarn? Nicht einmal ein Salamihersteller wollte die Schispringer sponsern, solange sie nichts gewannen!“
    Ich fragte: „Wer ist Toni Innauer?“
    Und Guttmann sagte: „Mmmmh, Salami!“
    Man hörte richtig das Wasser in seinem Mund zusammenlaufen, nachdem Kainz „Salamihersteller“ gesagt hatte, und wie um ihn noch weiter zu quälen, fuhr Kainz fort: „Fleischhauer hätte der kleine Tibor werden sollen, Schmied sein Bruder Laszlo. Aber der Kommunismus hatte ihn auserkoren, Lorbeeren für das Land zu ernten. Er kam nach Budapest in die Sportschule, dort war dieser Arzt, der seinen Diätplan entwarf, und bald war Tibor jeden Morgen noch etwas schmäler. Ungarn aber sah endlich Licht am Ende des Tunnels, die Schmach, mit der man aus der Monarchie ausgeschieden war, könnte vielleicht doch noch getilgt werden, das war die Hoffnung. Leider passierte dann dieser Unfall, und der Arzt verlor seinen Job im ungarischen Schiverband und flüchtete in die schlimmste Bananenrepublik der Welt, nämlich hierher nach Österreich, wo er ohne Probleme aufgenommen wurde, weil man hier einen Hang zu Scharlatanen hat. Er heuerte beim Damenhandballteam von Hypnotik Nordstadt an, wo er in der Folge seine heutige Lebensgefährtin Gerda von Hagen kennenlernte, Tochter des Trainers einer einstmals nicht ganz unbekannten Balletttänzerin namens Gitti von Hagen.“
    Ich sagte: „Naja, bekannt …“
    Guttmann sagte: „Komm endlich zum Punkt, du Penner!“
    Kainz: „Sogar der Kommunismus vergisst, der Bruder des einstmals verstorbenen Schispringers vergaß aber nicht. Er hatte sich zwar vom Schock des Todes seines Bruders erholt und als ehemaliger Schmied eine Zahnarztpraxis nahe der Grenze aufgemacht, ohne Ausbildung, aber mit viel Schmiergeld, in weiser Voraussicht, dass dies der Markt der Zukunft werden könnte an der Grenze zu Österreich, mit dem er sich einst eine goldene Nase verdienen würde, weil Zähne immer gefragt sind, insbesondere bei den sparbewussten Österreichern.“
    Zwischenzeitlich fragte ich mich: Dauert das vielleicht noch bis Weihnachten, bis der endlich fertig ist? Da sagte er: „Bin gleich fertig. Vor drei Wochen kam dieser besagte Sportarzt in die Praxis von Laszlo Fazekas – war es Schicksal, Fügung? Jedenfalls war es Pech für den Arzt, denn der gab Laszlo Fazekas das Geld für ein Implantat, das er dringend benötigte, der ging mit dem Geld hinaus und kam mit der Polizei wieder zurück, die den Sportarzt ja seit damals gesucht hatte, und zwar wegen fahrlässiger Tötung. Sie brachten ihn in ein Gefängnis, zusammen mit lauter Flüchtlingen, Drogensüchtigen und anderem Abschaum. Dort wollte der feine Herr gesunde Ernährung bei den Häftlingen durchsetzen, aber einer von ihnen, ein gewisser Concrete Joy aus Nigeria, hat sich dagegen ausgesprochen und ihm den Schädel zertrümmert, der Name dieses Arztes war Bubi Bradl.“
    Ich sagte: „Kenn ich nicht.“
    Guttmann fragte: „Ist Bubi Bradl nicht tot?“
    Da rückte sich Kainz die Lesebrille noch einmal zurecht und kramte in seinen Unterlagen, und dann sagte er: „… Das war der falsche Name, hier steht der richtige. Der Sportarzt hieß Dr. Nyilasi.“
    Du lieber Himmel, dachte ich. Deswegen erzählte er das alles!
    ***
    Das Schicksal des Arztes rührte mich, so ein Tod im Gefängnis abseits von Ruhm und Ehre ist etwas sehr Trauriges, ich hätte weinen können, wenn ich den Sack Zwiebeln von Lemmy mitgehabt hätte.
    Bevor wir Guttmanns Büro verließen, bat ich Kainz dann noch um die Kassette, er fragte: „Wofür?“
    Lemmy hatte noch einen alten Plattenspieler, und auch einen Videorekorder aus der Zeit, als man Pornos noch auf VHS schaute. Die Filme konntest du heute natürlich vergessen, wegen „Messalina – Kaiserin und

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