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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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wieder in Lübeck sein.« Er hielt den Blick stur auf die Fahrbahn gerichtet. Die Landstraße wand sich hier zwischen mächtigen Alleebäumen hindurch. Es kam ihnen ein beständig fließender Strom von Lkw entgegen, die gern mal von ungeduldigen Pkw-Fahrern in halsbrecherischen Manövern überholt wurden.
    Im Zweifelsfall sollte man, wenn man ausweichen musste, den Raum zwischen den Baumstämmen fixieren, erinnerte sich Pia. Sie wollte sich nicht über Broders’ nervige Einmischung in ihr Leben ärgern. Ein mit Blumen geschmücktes Holzkreuz am Fahrbahnrand huschte an ihr vorbei. Immer sah man diese Kreuze. Und frische Blumen daneben. Aber nie die Menschen, die sie hinstellten. Oder waren die Blumen aus Plastik?
    »Die Zeit, die wir für den Abstecher brauchen, habe ich auch noch«, sagte Pia ruhig. Die dezente Erinnerung an die eigene Sterblichkeit stimmte sie milde. Broders schien sich noch nicht mit ihren neuen Arbeitszeiten anfreunden zu können. Seine Sprüche waren umso lästiger, als Pia selbst genervt war, weil sie nicht mehr immer und überall dabei sein konnte. Zeitweise fühlte es sich für sie so an, als hätte man eine Nachrichtensperre über gewisse Einzelheiten verhängt.
    »Voilà«, meinte Broders, als sie den Parkplatz Schnakenkuhl erreichten. Er hielt ruckartig auf dem Seitenstreifen an. »Ein schöner Platz zum Sterben.«
    Pia stieg aus und sah sich um. Ein trister Ort. Ungepflegt, zweckmäßig, trostlos. Direkt vor ihnen befand sich eine Fläche, wo der Asphalt schwarz vor Ruß war. Sie sah auch noch ein paar Kreidemarkierungen auf der Fahrbahn. Ansonsten deutete nichts mehr darauf hin, dass hier ein Mensch ums Leben gekommen war.
    »Was wollte Falke hier?«, fragte sie über ihre Schulter hinweg. Broders war ebenfalls aus dem Wagen gestiegen und absolvierte ein paar halbherzige Dehnübungen. Wollte er ihr damit demonstrieren, dass die halbe Stunde zusätzliche Autofahrt ihn über Gebühr strapaziert hatte? »Nicht wippen, ziehen«, kommentierte Pia seine Bemühungen. Sie ging ein Stück auf und ab, um den Ort auf sich wirken zu lassen. Sicher, alles hier war mit Kameras dokumentiert worden. Aber vor Ort zu sein verhalf einem manchmal zu einem neuen Blickwinkel auf das Tatgeschehen. Die vorbeidonnernden Lastwagen machten einen höllischen Lärm. Das mochte nachts aber etwas anders sein. Es roch nach nassem Erdreich, Abgasen und mit etwas Einbildung auch noch nach dem Brand. Aufgrund der Büsche und Bäume waren parkende Autos von der Straße aus kaum zu sehen. Keine Häuser weit und breit.
    »Zwei Punkte sprechen meiner Ansicht nach für diesen Parkplatz«, sagte sie. »Er ist abgeschieden, und er liegt nicht allzu weit vom Wohnort von Falkes Mutter entfernt.«
    »Wo ist da der Vorteil? Ich meine, bei der Nähe zur Mutter?« Broders ließ die Arme fallen. Gymnastik beendet.
    »Vielleicht kam André Falke gerade aus Düsterbruch, oder er wollte später noch dorthin?«
    »Möglicherweise hat ihn jemand von Düsterbruch aus verfolgt?«
    »Ich glaube eher, dass er hier verabredet war, höchstwahrscheinlich mit dem Täter selbst.« Pia ging ein Stück in Richtung Gebüsch. »Er hat mal in dieser Gegend gewohnt. Falke kannte den Parkplatz bestimmt von früher.« Sie bog ein paar Zweige zur Seite. »Was für ein Dreck. Schau doch mal!«
    Broders kam hinzu. »Noch nie gebrauchte Kondome gesehen?«
    »Noch nie so viele auf einmal.«
    Felix war nach dem Trinken in Pias Arm eingeschlafen. Manchmal zuckte er im Schlaf, wie Pia es von sich selbst kannte. Sie wäre gern sitzen geblieben und hätte ihren Sohn einfach nur angeschaut. Die runden Wangen, das weiche Haar. Er hatte über der Stirn einen Wirbel, der ihn später bestimmt mal ärgern würde. Doch die Zeit der Ruhe war begrenzt. Tagsüber schlief Felix nicht mehr länger als zwei Stunden am Stück. Eigentlich müsste sie ihren freien Tag nutzen, um die Wäsche zu waschen, aufzuräumen, zu putzen und ihre private Post zu erledigen, was da hieß, Rechnungen zu bezahlen. Nur, dass sie dazu überhaupt keine Lust hatte.
    Ich bin schlecht, dachte sie. Wenn ich im Büro bin, vergesse ich manchmal, dass ich einen Sohn habe, und wenn ich zu Hause bin, bin ich zu geschafft, um etwas Vernünftiges auf die Reihe zu bekommen. Ich sitze nur hier und schaue verzückt mein Kind an. Außerdem geht mir diese Wohnung auf die Nerven.
    Pia fühlte sich in den zwei nicht gerade geräumigen Zimmern auf vierzig Quadratmetern eingesperrt. Sie könnte versuchen, Felix in den

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