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Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch

Titel: Düsterbruch - Almstädt, E: Düsterbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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besuchen kommen. Lindsays ausgedruckte E-Mail mit ihrer letzten Adresse trug sie in der Innentasche ihrer Jacke bei sich. Seit Andrés Tod hatte sie immer wieder den Geruch von Benzin, verschmortem Kunststoff und verbranntem Fleisch in der Nase. Ihre Mutter in den USA zu finden schien ein lächerlich kleines Problem zu sein im Gegensatz zu allem, was sie hier erwartete.
    »Ich bin auch nervös«, bekannte Oxana. »Kein Wunder, nach allem, was passiert ist. Hattet ihr auch die Polizei im Haus?«
    »Mit mir haben sie nur ein Mal gesprochen. Die waren ganz in Ordnung.« Genau genommen hatte Tizia kurz überlegt, ob sie nicht auch Kriminalkommissarin werden wollte wie die coole Blonde, die bei ihnen gewesen war. Aber was verdienten die so im Monat?
    »Meinst du, sie finden noch raus, was passiert ist?«, fragte Oxana.
    »Die Aufklärungsquote bei Mord ist unheimlich hoch.« Tizia hatte im Internet recherchiert.
    »Vielleicht kennen wir denjenigen, der das getan hat?« Oxana sah unruhig in Richtung Fenster.
    Sie hat auch Angst, dachte Tizia mit plötzlicher Klarheit. Alle hatten Angst. Bisher war sie davon ausgegangen, dass nur bei ihr zu Hause diese Beklommenheit herrschte. Sie trank den letzten Schluck Cola aus der Flasche. Es schmeckte wie Blech. Im Flur waren Schritte zu hören, und die Tür flog auf. Jörg stand im Türrahmen. Er sah von Oxana zu Tizia und zog die Augenbrauen hoch.
    »Du bist ja früh zurück, Jörg«, sagte Oxana.
    »Der Laden hatte zu«, erklärte er. »Die haben einen Wasserschaden. Ich werde morgen gleich noch mal hinfahren. Dann ist da bestimmt alles um die Hälfte reduziert.«
    »Kannst du deine Nichte nach Plön zu einer Freundin fahren? Sie will lernen.« Oxana zwinkerte ihm zu.
    Wahrscheinlich beklagte sich ihre Stiefmutter bei Jörg und Oxana, dass sie in letzter Zeit gar nicht mehr lernte, dachte Tizia. Erwachsene wussten nichts – gar nichts. Dass sie in allen Fächern ein bis zwei Noten abgerutscht war, hatte nichts, aber auch gar nichts mit ihrem Lernverhalten zu tun.
    »Klar. Ich wollte sowieso noch zu Klaus wegen des E-Zauns. Es hat doch noch zehn Minuten Zeit, oder nicht?«, fragte Jörg beiläufig.
    Tizia hatte ein feines Gehör für Zwischentöne. Er klang künstlich – nicht so wortkarg und direkt wie sonst. Sie hatte mal gehört, dass man Lügen daran erkennt, dass die Leute zu viele Worte machen. So, als versuchten sie, auch sich selbst zu überzeugen. Und mit einem Mal musste sie daran denken, wie wütend ihr Onkel werden konnte. Fast jähzornig. »Er kommt nicht damit klar, wenn etwas seine überschaubare kleine Welt in Gefahr bringt«, hatte ihr Vater mal gesagt. Und sie erinnerte sich mehr unfreiwillig daran, wie Jörg mal einen Highland-Bullen mit bloßen Händen an den Hörnern gepackt und zum Klauenschneiden in die Box gedrängt hatte. Als sie jünger gewesen war, hatte sie immer gern zugesehen, wie die großen, zotteligen Rinder dafür auf die Seite gedreht wurden wie Bauklötze.
    Jörg Seesen war körperlich durchaus dazu in der Lage, einen bewusstlosen Mann von einem Auto zum anderen zu schleppen. Aber er war auch Carolas Bruder und damit quasi ihr Onkel. Sie kannte ihn ihr Leben lang. Er hatte sie und ihre Freunde mit dem Trecker auf Schlitten durch die Landschaft gezogen. Er hatte ihr gezeigt, wie man ein Kälbchen mit der Flasche füttert. Was war los mit ihr? Wenn sie bei jedem kräftigen Mann, der ihr in Düsterbruch über den Weg lief, Angstzustände bekam, war es wirklich besser, eine Weile zu verschwinden.
    »Ach, weißt du, ich hab es mir anders überlegt«, hörte sie sich sagen. »Vielen Dank für das Angebot. Aber Beni kann ja auch zu mir kommen. Da haben wir sowieso mehr Ruhe zum Lernen.« Sie versuchte es mit einem angedeuteten Grinsen.
    »Wie du meinst, Tizz«, sagte Jörg.

21. Kapitel
    A ls Pia um zwanzig Uhr im Historischen Weinkeller eintraf, war das Lokal schon rappelvoll. Sie hatte früher hier sein wollen, sich dann aber bei ihrer Mutter in Stockelsdorf festgequatscht.
    Sie blickte suchend über die Menschenmenge und arbeitete sich dann zu dem Tisch vor, an dem sie ihre Kollegen Broders und Gerlach entdeckt hatte. Er stand in einer Nische unter einem der wenigen Fenster. Das war schon mal gut. In ihrem neuen, schwarzen Hosenanzug – den letzten hatte sie sich bei Toms und Marlenes Hochzeit ruiniert – war ihr eigentlich jetzt schon zu warm. Die Jacke, die sie darüber getragen hatte, hatte sie gleich im Auto liegen gelassen. Ich könnte den

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