Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)
uns, wie mir gesagt worden war. Saef nickte ihr nur zu, sagte aber kein Wort. Er sprach sehr selten, wie mir erzählt wurde. Ich selbst hatte noch nie einen Ton von ihm gehört.
»Saef und ich glauben, dass du gekettet wurdest. Oder es vielleicht schon länger bist, bisher aber nichts davon gespürt hast.«
Gekettet ? Was sollte das denn bedeuten?
Serafina fuhr fort: »Manche von uns sind dazu bestimmt, die Heilige Quelle zu bewachen, einige hüten die Wälder oder sorgen für den Ablauf der Jahreszeiten. Andere wiederum sind dazu bestimmt, den Menschen bei Katastrophen unter die Arme zu greifen, unbemerkt natürlich.« Sie machte eine kurze Pause. Ich spürte förmlich die Aufregung, die sich in ihr aufstaute, ehe sie die nächsten Worte sprach:
»Ein kleiner Teil unserer Art widmet sich einer ganz besonderen Aufgabe und wird an ein anderes Mondkind gekettet. Dessen Schutz ist von diesem Moment an die oberste Priorität dieser Fee. Das Band, das dich mit deinem Schützling verbindet, hält ein Leben lang. Du wirst seinen Schmerz am eigenen Leibe spüren und Gefahren im Voraus erkennen können.« Erneut ließ sie das Gesprochene auf mich wirken. In meinem Kopf begann ein Rauschen, das mir ein Denken unmöglich machte. Serafinas Stimme drang wie durch Watte gedämpft zu mir.
»Es ist eine ehrenvolle Aufgabe, junge Schwester. Von uns allen hier wurde keiner gekettet. Schon lange Zeit musste unser Gott keines seiner Kinder auf diese Weise schützen.«
Gekettet. Schützling. Ich war doch noch in der Ausbildung und konnte froh sein, wenn ich mich selber schützen konnte!
»Wir werden die Zeremonie umgehend beginnen«, sagte eine unbekannte Stimme neben mir. Ich drehte mich sofort um. Saef!
Fragend blickte ich ihn an. Doch statt mir zu antworten, erklärte mir Serafina, dass es einem Ritual bedurfte, den Schützling herauszufinden und ihn endgültig zu ketten. Ohne dieses Ritual und die Festigung des Bandes würde die Fee qualvoll zugrunde gehen, weil sie neben dem Quellwasser nun auch ihren Schützling zum Überleben brauchte. Starb der Schützling, starb auch die Fee.
Eilig rief Serafina meine Brüder und Schwestern zusammen, um die Vorbereitungen zu treffen. Überall eilten Feen in ihrem typischen tanzenden Gang hin und her.
Etwa eine Stunde später trat ich auf unseren Zeremonienplatz, der in ein schier magisches Licht aus Tausenden von Kerzen getaucht war. Es herrschte ein Glitzern und Schimmern, als das Leuchten von dem feuchten Gras und den mit Tau benetzten Blättern reflektiert wurde. Zarte Nebelschwaden sorgten für den Hauch Unschärfe, die aus dem Gesamtbild eine Szene aus einem Märchenbuch machte.
Wir trugen alle unsere Festkleidung: lange weiße Seidenkleider, die zwischen den vielen Kerzen unentwegt schimmerten. Alle weiblichen Feen trugen die Haare offen und mit zahlreichen Blumen geschmückt. In dieser Kulisse wirkte dies aber keinesfalls kitschig. Normale Kleidung hätte diesem Anblick geschadet wie ein Farbklecks auf der Märchenillustration.
Jede unserer Zeremonien begann mit einem Kreis. Alle hielten sich an den Händen und tanzten ausgelassen. Dann wurde ich von Serafina in die Mitte geführt. Zu meinem Erstaunen blieb sie aber nicht bei mir, wie es bei meinem Feenreigen, der Vereidigung zur Fee, der Fall gewesen war.
An ihrer Stelle trat Saef vor und stellte sich mir gegenüber. Serafina erklärte, dass Saef der Einzige war, der die Verkettung durchführen konnte, wie sie das heutige Ritual nannte.
»Sprich mir nach, junge Fee.«
Ich war aufgeregt, mein Herz klopfte wie wild gegen meinen Brustkorb. Mein Atem ging in hektischen Schüben. Wer würde es sein? Ich glaubte, die Antwort zu kennen, aber genauso konnte ich überrascht werden. Mit tiefen Atemzügen beruhigte ich meinen polternden Herzschlag.
Dann wiederholte ich, wie bereits bei meinem Feenreigen, die Worte Zeile für Zeile:
»Göttlicher Mond, schenk mir dein Gehör,
mein Herz und meine Seel' verpflichte ich dir.
Verkettet durch Macht der Gefühle und Treu',
verbunden bis zu unserm Tod ohne Reu'.
Die Seele wird nun in zwei Körper geteilt,
der Gabe des Schutzes mehr Macht verleiht.
Brüder und Schwestern reicht mir nun die Hand,
knüpft mit mir hier dieses Heilige Band.
Erweist meinem Schützling die nötige Ehr',
denn von dessen Glück auch ich nun zehr'.
Göttlicher Mond, ich bitte dich nun
den Namen des Schützlings mir kundzutun.«
Die Luft innerhalb unseres Kreises sprühte vor Macht. Ich glaubte
Weitere Kostenlose Bücher