Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)
zugestoßen ist, aber das erklärt noch lange nicht, wie du so mächtig geworden bist.« Ich sah sie nachdenklich an.
Sie überlegte und ich sah ihr an, dass sie es in Erwägung zog, zu lügen. Aber dann entschied sie sich doch für die Wahrheit: »Im Streben nach immer mehr Macht hat Balthasar eine riesige Bibliothek in der Schwarzen Villa eingerichtet. Originalunterlagen, Abschriften und Kopien nahezu aller Grimoires und Zauberbücher weltweit. Für die allmächtige Zauberkraft fehlte ihm nur noch das Grimoire Lunaris . Das heißt ...« Tabea grübelte und überlegte. Wären wir nicht hier auf der Lunar-Ebene, hätte ich versuchen können, ihre Gedanken zu lesen.
»Das heißt was?« Die reine Ungeduld sprach aus mir.
»Eine Legende, älter als alles andere Wissen der Welt, besagt, dass der Kreis der Fünf die Macht über die Zukunft haben wird.«
»Der Kreis der Fünf? Ich habe nie davon gehört.«
»Fünf Auserwählte werden bestimmt. Sie werden das Wissen der Welt besitzen.« Sie grübelte weiter, als versuchte sie vergeblich, sich an Details zu erinnern.
»Ich dachte, Victoria sei die Auserwählte. So wurde es mir prophezeit.« Den Teil, dass ich für meinen Schützling sterben sollte, ließ ich besser aus. Tabea wusste es sicherlich bereits.
»Ich hatte von der Legende gelesen, hielt es aber für übertrieben. Der Text war unvollständig, vielleicht mehr Gerücht als Wahrheit. Aber für Balthasar scheint das unerheblich zu sein. Ich habe es so verstanden, dass es fünf Ausgaben des Grimoire Lunaris gibt. Auf jedem Kontinent einen. Die Auserwählten - wie in diesem Jahr Victoria - erhalten die Macht und das Wissen daraus. Zusammen werden die Fünf mächtig genug, um den Krieg gegen das Böse ein für alle Mal zu entscheiden.« Aus Tabeas Stimme war leider nicht herauszuhören, ob sie dem Glauben schenkte oder nicht.
»Und was wäre, wenn eine der Fünf zur dunklen Seite überwechseln würde?« Ich hoffte immer noch darauf, Darian zu finden und Victoria von der Wut zu erlösen. Aber was wäre, wenn nicht?
»Dann hätte die Dunkelheit einen Teil dieser Allmacht. Sollte Balthasar überdies noch gelingen, auch die anderen für sich zu gewinnen, wäre der Krieg schon von vornherein entschieden.« Sie seufzte.
»Gehörst du nicht der Dunkelheit an? Solltest du dich nicht darüber freuen?«
»Ich bin eine von euch. Und ich habe mir meinen Weg nicht ausgesucht. Diese Entscheidung hat Balthasar für mich getroffen, indem er mein Leben von der Wut bestimmen ließ. Viele meiner Visionen haben mir aufgezeigt, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte Balthasar nicht eingegriffen.« Nun hörte ich Bedauern in ihrer Stimme. »Bei unserem ersten Kontakt habe ich gesehen, dass auch du sehr früh verwaist bist. Das gab mir zu denken.«
Mir genauso. Vielleicht wäre ich ohne Sofia als Mentorin ebenso wie Tabea auf die dunkle Seite gerutscht?
»Balthasar war wohl nicht der beste Mentor«, sagte ich nüchtern.
»Aber was den theoretischen Teil angeht, konnte ich von ihm profitieren.« Sie lachte kurz auf.
»Dann zeig mal, was du gelernt hast«, forderte ich sie heraus.
Sie ging darauf ein und konzentrierte sich, nahm dabei meine Hand. »Ich zeige dir, wie wir uns im Schnelldurchlauf eine Übersicht verschaffen können. Aber Balthasar hat es den Sehern bestimmt nicht so einfach gemacht.«
Plötzlich flogen wir. Die Lunar-Ebene entfernte sich immer weiter, alles wurde kleiner und kleiner. Bis ich nur noch ein Geäst aus Wegen und Abzweigungen erkennen konnte.
»Siehst du es?«, fragte Tabea.
»Und ob. Es ist fantastisch!«, rief ich ihr aufgeregt zu. »Niemals hätte ich für möglich gehalten, alles auf einen Blick zu sehen.« Ich schüttelte den Kopf. Tabeas Augen begannen zu leuchten. Sie freute sich offenbar über meine Begeisterung.
»Siehst du den Ballen an Pfaden dort hinten. Dort muss es sein.« Wir schwebten auf diese große Abzweigung zu. Beim Näherkommen erkannte ich die undurchsichtigen Verknüpfungen an Lebenspfaden und Entscheidungen, die zu diesen führten. Mit meiner ursprünglichen Technik, Prophezeiungen durchzuführen, wäre ich nicht in der Lage gewesen, dieses Geäst zu erkennen und zu durchdringen. Was wahrscheinlich Balthasars Plan war.
»Er hat sich vor jemandem wie dir geschützt«, bestätigte mir Tabea, als ob sie hier meine Gedanken lesen könnte. Oder konnte sie?
»Für welchen von denen würdest du dich jetzt entscheiden? Welchen überprüfen wir zuerst?«
»Diesen dort.« Sie
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