Düstere Schatten (Darian & Victoria #2) (German Edition)

passierten. Noch vor der Wiedergeburt. Das machte nicht nur den anderen Kindern Angst, sondern auch mir selbst.
    Dann trat Balthasar in mein Leben. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass er für den Verlust und meine derart schlechten Lebensumstände verantwortlich war. Er bot sich an, ein Freund zu sein. Jemand, mit dem ich über alles reden konnte. Er hörte zu, auch wenn ich ihm die verrückten Dinge erzählte, die die Nonnen immer weiter verängstigten. Ich vertraute ihm.
    Als ich älter wurde, verliebte ich mich in ihn. Er war mein einziger Freund, hielt immer zu mir und sah hinreißend aus. Ich war stolz gewesen, ihn allen zu präsentieren, auch wenn ich nur wenig Umgang mit anderen hatte. In der Nacht meiner Wiedergeburt begleitete er mich. Als er die Bestätigung meiner enormen psychischen Kräfte hatte, nahm er mich zu sich. Doch ich hatte mir mein Leben anders vorgestellt. Ich war nicht seine Gemahlin, wie ich es mir gewünscht hatte, sondern ich war Dienstbote, Lakai und seine persönliche Glaskugel.
    Etliche Dekaden vergingen auf diese Art und Weise. Dann entschied Balthasar, dass er einen neuen Weg gehen und ein bürgerliches Leben führen müsste. Er vermählte sich mit einer Lunaerin und zeugte einen Sohn und eine Tochter mit ihr. Ich musste schon vor seiner Geburt jedes kleinste Detail über den Jungen herausfinden. Nach dessen Taufe mit Lúna war klar, dass Balthasar keinen Mentalisten erhalten würde und Darian war für seine Pläne nicht weiter von Nutzen. Größtenteils war ich zur Babysitterin der Kleinen degradiert worden und überwachte nur ganz nebenbei die Zukunft.
    Bis zu dem einen Moment, in dem ich wie durch Zufall sah, wie sich Darian in meiner Vision gegen die Dunkelheit stellte. Ich musste alles darüber in Erfahrung bringen. Als ich Balthasar dann den Grund nannte, wurde er noch neugieriger. Er wollte diese Victoria an seiner Seite. Um jeden Preis. Er steigerte sich immer weiter in diese Vorstellung. Doch er hatte bei seinen Plänen Darian unterschätzt. Blind, wie dieser ihm gehorchte, rief er seinen Vater an, um ihm von dem Grimoire Lunaris zu erzählen, das der Neuling Victoria gefunden hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten wir sie nicht ausfindig machen. Schließlich wussten wir weder, wie sie aussah, noch, in welchem Teil der Welt wir nach ihr suchen sollten.
    Nicht einmal ich hatte vorhergesehen, dass sie praktisch gleich um die Ecke wohnte. Nun aber hatte Balthasar ein neues Ziel: das Grimoire. Ich sah, dass er es nicht bekommen würde. Aber das hatte ich ihm verschwiegen, denn ich konnte abschätzen, wie wütend er reagieren würde. Ich war lange genug an seiner Seite, um zu wissen, dass er mir die Schuld daran geben würde. Also nutzte ich jede freie Sekunde, um mich an der Astralprojektion zu versuchen. Der letzte Dienst, den ich ihm erwies, war das Brandmal für Darian und Victoria. Gleich darauf verließ ich Balthasar und sandte lediglich meine Astralprojektion zu ihm.
    Als er von meinem Tod überzeugt war, war ich das erste Mal in meinem Leben frei. Ich malte mir meine Rache aus. Bis ins kleinste Detail entwarf ich Bilder davon.
    Kurz vor meinem vermeintlichen Ende hatte ich Balthasar geschworen, dass ein Übertritt aus der Vierten Ebene kein Problem für ihn darstellen würde. Und er hatte mir geglaubt. Somit hatte ich sicher sein können, dass er früher oder später in der Falle sitzen würde. Wie vorhergesehen. Nun war es Zeit, an der Gemeinschaft Rache zu nehmen. Sie hatten niemals auch nur ansatzweise versucht, mich zu beschützen. Obgleich ich eine der Ihrigen war, ließen sie es zu, dass ich in den schlimmsten Kinderhäusern aufwuchs und meine Wut jeden Tag weiter wachsen konnte. Es war alles ihre Schuld.
    In Finn fand ich einen treuen Begleiter, der über die Gabe der Tiersprache verfügte. Diese war für meinen Plan absolut vonnöten. Ich initiierte ihn zum Hexer und mithilfe des Hexensteins konnte er Kontakt zu den Lupinen herstellen. Unfähig, eine eigene Meinung zu haben, stellten sich die Lupine auf unsere Seite und ich konnte den Werwolf Maurice für mich gewinnen. Auch er haderte seit Dekaden mit dem Rat und war sehr schnell überzeugt. Mit was ich jedoch nicht gerechnet hatte, war die Einmischung des Rates. Ich hatte die Zukunft für andere Seher unvorhersehbar gehalten, doch irgendjemand musste diese Victoria und ihre Truppe gewarnt haben. Ich vermutete, dass es Balthasar und Selena waren, um von sich selbst abzulenken. Sie würde alles für ihn tun und