Duestere Verlockung
sollst. Du hast meine Karte. Ruf mich an, jederzeit.“
Er zieht mich rasch an sich heran und küsst mich direkt auf den Mund. Ich bin so überrascht, dass mir wieder einmal die Worte fehlen. Seine Lippen fühlen sich zart an, weich und warm. Seine kräftigen Arme ziehen mich behutsam aber fordernd an ihn heran. Er riecht gut, nach Aftershave und einfach nach seiner eigenen Haut. Die Berührung jagt mir einen heißen Schauer über den Rücken, bringt mich fast zum Zittern. Reiss dich gefälligst zusammen, denke ich, du hast nur viel zu lange keinen Typ mehr geküsst, das ist alles. Als er mich loslässt und mich nur anblickt, bin ich noch verwirrter als vorher. Ich muss raus hier, sofort. Ich lasse ihn wortlos dort stehen und verlasse schnellen Schrittes das Restaurant. Ich will nur noch nach Hause und mich unter meiner Bettdecke verkriechen.
5.
Fast eine Woche ist vergangen seit meinem Treffen mit David. Seitdem habe ich auch nichts von ihm gehört- Wahrscheinlich, weil er einfach weder meine Nummer, noch meine Adresse hat. Ich hab sie ihm nie gegeben, habe nur noch immer seine Visitenkarte. Ein paar Mal habe ich sie aus meiner Geldbörse heraus gekramt, sie in den Händen gehalten, angestarrt, nur um sie dann wieder zurückzustecken. Noch immer kam für mich nicht in Frage, was David vorgeschlagen hatte. Trotzdem erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich mit dem Gedanken spielte, doch nach diesem scheinbar letzten Strohhalm zu greifen und meine Zukunft in den Staaten zu retten. Ich hatte noch intensiver als sonst Lebensläufe verschickt, hatte aber die ganze Woche nicht einen einzigen Anruf erhalten. In weniger als drei Monaten müsste ich die USA verlassen, wenn ich bis dahin nichts gefunden habe.
Ich sitze in meinem Zimmer an der Holzkommode mit den pinken Schnörkeln und starre mein eigenes Spiegelbild an. Deprimiert sehe ich aus, traurig. Und auch müde- Dunkle Augenringe zeichnen sich unter meinen Augen ab. Doch ich habe keine Lust, sie hinter Make Up zu verstecken. Ich hasse Selbstmitleid, kann aber momentan einfach nicht anders, als mich selbst zu bemitleiden. Bald musst du dich von allem verabschieden, geht es mir durch den Kopf. Von deinen Freunden, deiner Wohnung, deinem Leben. Und vorerst zu seinen Eltern ziehen, in dein altes Kinderzimmer, auf der Suche nach einem Job in der Heimat. Bei dem Gedanken wurde ich nur noch deprimierter. Es klopft an meiner Tür. Bevor ich überhaupt „Herein“ rufen kann, steht Rachel schon in der Türschwelle und sieht mich besorgt an.
„Süße, du siehst gar nicht gut aus. Alles okay mit dir?“
„Ja, klar.“ lüge ich. Ich habe keine Lust darauf, dass auch noch Rachel mich bemitleidet.
„Bist du sicher? Seit Tagen bist du nur noch in deinem Zimmer und siehst traurig aus. Ist es wegen dem Visum?“
Kurz überlege ich, sie anzulügen, einfach irgendeine Geschichte zu erfinden damit sie schnell wieder abdampft. So schnell fällt mir aber nichts ein. „Ja. Ich hab immer noch nichts gefunden, absolut gar nichts.“
„Ach das tut mir so leid, wirklich. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“
Mit weit geöffneten Armen kommt sie auf mich zu und umarmt mich von hinten. So sehr mich Rachel auch manchmal nervt, so sehr mag ich sie auch. Sie ist kindisch, aber auch unglaublich lieb. Und irgendwo meint sie es immer gut mit mir, auch wenn sie das manchmal nicht so ausdrücken kann.
„Weißt du was? Du brauchst dringend eine Aufmunterung. Morgen Abend gehen wir beide aus. Machen uns richtig schick, gehen in eine Bar, trinken Frozen Margaritas. Das wird super, glaub mir. Und du kannst die ganze Visumssache mal für einen Abend vergessen.“
Sie beugt sich über meine Schulter und strahlt mich mit dem überzeugendsten Lächeln der Welt an. Was sollte ich dazu schon sagen. In diesem Moment habe ich nicht viel Lust auszugehen, würde mich am liebsten für immer unter der Bettdecke verkriechen. Aber sie hat Recht. Vielleicht hilft mir ein Abend außerhalb meines Zimmers, alles mal für einen Abend zu vergessen. Und so lächle ich sie an und nicke, woraufhin sie wie ein kleines Mädchen vor Freude hochspringt und in die Hände klatscht.
„Super! Ich freu mich. Morgen wird klasse, das sag ich dir!“
KAPITEL 6
„Zwei Erdbeer-Margaritas, bitte!“
Rachel beugt sich so weit über die Bar dass ich glaube, der Barkeeper müsse definitiv tief in ihren Ausschnitt blicken können. Sie hat es
Weitere Kostenlose Bücher