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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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dem Gesicht zu weichen und er stürzte ohnmächtig zu Boden.

13. Kapitel
Die Tore der Hölle
    Voller Sorgen um Konrad schlief ich kaum in dieser Nacht.
    Als er dermaßen bleich in meinem Zimmer zusammengebrochen war, dachte ich für einen schrecklichen Augenblick, er sei tot. Doch er war nur ein paar Minuten bewusstlos, und als er wieder zu sich kam, behauptete er, es gehe ihm gut. Aber ich hatte schon nach einem Diener gerufen, der Vater holen sollte, und wir halfen Konrad in sein Zimmer und ins Bett.
    »Bitte macht nicht so einen Aufstand«, sagte er, immer noch sehr blass. »Ihr beunruhigt nur Mutter.«
    Als ich ihm eine gute Nacht wünschte, mied er meinen Blick.
    Bei Anbruch der Dämmerung warf ich mir einen Morgenrock über und ging gleich zu seinem Zimmer. Mutter kam gerade heraus und zog leise die Tür hinter sich zu.
    »Warte ein wenig«, meinte sie. »Er schläft noch.«
    Elizabeth kam um die Ecke, nur notdürftig bekleidet, die Haare fielen ihr lose über die Schultern. Sie würdigte mich kaum eines Blickes.
    »Wie geht es ihm?«, fragte sie.
    Mutter lächelte, allerdings recht angespannt. »Nicht so schlecht. Nur ein bisschen Fieber. Zwei der Mädchen unten haben genau dasselbe«, fügte sie beruhigend hinzu. »Sie müssen sich ein oder zwei Tage hinlegen, aber bestimmt sind sie bald wieder auf dem Damm. In einer Stunde oder so wacht er sicher auf und will Gesellschaft haben. Im Augenblick passt Maria auf ihn auf.«
    Dann ging Mutter und ließ uns allein im Flur zurück. Auch Elizabeth wollte gehen und ich folgte ihr betreten.
    »Wollen wir frühstücken?«, schlug ich vor.
    Sie drehte sich zu mir um und sah mich wütend an. »Als er in deinem Zimmer ohnmächtig geworden ist, worüber habt ihr da gerade gesprochen?«
    Ich räusperte mich. »Wenn du es unbedingt wissen willst – er ist gekommen, um mich zu rügen, wie ich mich dir gegenüber auf dem Balkon verhalten habe.«
    Hätte es ein alchemistisches Verfahren gegeben, die Zeit zurückzudrehen, hätte ich ein Vermögen dafür bezahlt, um die verletzenden Worte zurückzunehmen, die ich zu Konrad gesagt hatte. Ich war gerade auf dem Weg zu seinem Zimmer gewesen in der Hoffnung, den Schaden wiedergutzumachen.
    »Victor, was hast du zu ihm gesagt?«, fragte sie ungeduldig.
    »Ich hab ihm erzählt, dass wir uns in der Bibliothek geküsst haben.«
    Ihr dunklen Augen blitzten. »Wie konntest du nur!«, fuhr sie mich an.
    »Ich habe es sofort bereut. Ich sagte ihm, dass ich mich als er ausgegeben habe, dass du keine Schuld hast.«
    »Und das Schlafwandeln?«
    Ich sah sie überrascht an. »Also glaubst du mir jetzt?«
    »Beantworte meine Frage!«
    »Nein, davon hab ich nichts gesagt. Und er ist ganz ruhig geblieben, bis zum Schluss. Es war erstaunlich.«
    »Er ist nicht wie du, Victor«, sagte sie. »Er kann sein Temperament beherrschen. Aber du bist zu weit gegangen. Du hast das Fieber zurück in sein Blut gebracht.«
    »Du meinst, ich sei für das Fieber verantwortlich?«, fragte ich, obwohl mich derselbe Gedanke plagte. »Du hast Mutter doch gehört. Das ist ein kleines vorübergehendes Fieber. Andere im Haus haben es auch.«
    Beide schwiegen wir eine Weile. Beide befürchteten wir dasselbe.
    »Ich hoffe, du hast recht, Victor«, sagte sie dann. »Denn wenn du ihm seine Krankheit zurückgebracht hast, werde ich dir das nie verzeihen.«
    Und damit ließ sie mich stehen.
    »Ich möchte gerne in die Kirche gehen und eine Kerze für Konrad anzünden«, sagte Elizabeth, als wir mit dem Frühstück fertig waren.
    Vaters Gesicht zeigte kurz leichte Verärgerung, doch er sagte: »Gut, Philippe soll dich hinbringen.«
    »Ich kann sie hinbringen«, sagte ich schnell. Ich hatte sowieso vor, zum Friedhof zu gehen und nach einer Nachricht von Polidori zu schauen, und das gab mir den perfekten Vorwand.
    Vater sah mich prüfend an. Und mir wurde klar, dass er immer noch zögerte, mich aus dem Haus zu lassen.
    »Nur zur Kirche und wieder zurück, Victor«, sagte er.
    »Natürlich.«
    Draußen auf der Seestraße mit dem glitzernden Wasser und dem berauschenden Duft der Wiesen in der Nase hätte ich eigentlich nach zwei Wochen Gefangenschaft hocherfreut sein müssen, doch ich fühlte mich elend. Schweigend und vorwurfsvoll saß Elizabeth neben mir.
    Der einzige Gedanke, der mir im Gleichtakt mit den Pferdehufen durch den Kopf pochte, war: Lass eine Nachricht da sein. Lass dort eine Nachricht auf mich warten.
    Als wir ankamen, wartete ich noch, bis sie die Kirche betreten

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