Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)
Nur, warum gibst du dir in dieser Sache nicht mehr Wahlmöglichkeiten?«
»Ich habe schon gewählt und du solltest meine Entscheidung respektieren. Und jetzt gehst du besser.«
Sie blickte mir über die Schulter, sicherlich besorgt, Konrad könnte auftauchen.
»Ach, es dauert noch ein wenig, bis er kommt. Ich hab ihn mit einem Auftrag losgeschickt.«
»Das war gemein von dir.«
»Ja.« Das Licht ließ ihr bernsteinfarbenes Haar aufflammen.
Ich ging zu ihr, packte sie an den Schultern und küsste sie auf den Mund. Sie schob mich weg und verpasste mir eine kräftige Ohrfeige.
»Mach das nie wieder!«, fauchte sie mit der Wut der Wildkatze in den Augen.
»Du magst es, wenn ich dich küsse«, sagte ich, obwohl ich das ganz und gar nicht wusste.
Sie drehte mir den Rücken zu. »Du beißt«, presste sie hervor.
»Gib es zu«, sagte ich verwegen. »Du brauchst nicht einmal Ja zu sagen, einfach nur nicken. Mach schon, sei ehrlich.«
Ich behielt ihren Hinterkopf im Auge, wartete und hoffte. Sie hätte genauso gut eine Statue sein können.
»Was du da tust, Victor, ist mehr als unrecht«, sagte sie.
»Und was ist mit dem alten Spruch: ›Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt‹?«
»Du liebst mich nicht!«
»Sag du mir nicht, was ich empfinde«, sagte ich zornig, »solange du nicht weißt, was du selbst empfindest.«
Sie wandte sich mir wieder zu, noch wütend, aber auch neugierig. »Wovon redest du eigentlich?«
Es gab einen Augenblick, in dem ich ihr Geheimnis vielleicht für mich behalten hätte, doch jetzt war ich zu sehr in Rage. »Du kommst nachts in mein Zimmer«, flüsterte ich.
Ihr Gesicht wurde knallrot. »Das zu sagen ist einfach gemein.«
»Du schlafwandelst, Elizabeth. Du weißt, dass du das tust. Du hast es als Kind getan und diesen Sommer wieder zweimal. Und jedes Mal bist du in mein Zimmer gekommen.«
Sie blickte mich misstrauisch an und wusste nicht, ob ich die Wahrheit sagte.
»Das erste Mal hast du deine alte Puppe in den Armen gehalten, die mit den roten Zöpfen. Du hast gedacht, sie sei ein Baby und es sei nicht tot, sondern friere nur, und du wolltest es wärmen.«
Sie löste ihren Blick und eine Erinnerung schien ihr durch den Kopf zu jagen.
»Du erinnerst dich an solche Träume, oder?«
»Ich hab sie oft«, gab sie zu. »Aber ich erinnere mich nicht, dass ich in dein Zimmer gekommen bin.«
»Letzte Nacht bist du sogar in mein Bett gestiegen.«
Sie runzelte die Stirn. »Das glaube ich nicht.« Sie wollte an mir vorbei.
Ich packte ihren Arm. »Du hast dich an mich gedrückt, mich angelächelt und geschnurrt wie eine Katze.«
»Lass mich los«, sagte sie leise und gefährlich.
Ich löste meinen Griff, aber sie bewegte sich nicht.
»Du hast mein Gesicht gestreichelt. Und als ich dich zurück in dein eigenes Zimmer gebracht habe, hast du mir Gute Nacht gesagt. ›Gute Nacht, Victor‹, hast du gesagt.«
Sie war sichtlich beunruhigt. Ihre Augen zuckten hin und her auf der Suche nach Erinnerungsstücken.
»Ich will nur eins wissen«, sagte ich, »warum kommst du gerade in mein Zimmer? Warum nicht in Konrads?«
»Vielleicht mach ich das ja«, erwiderte sie.
Ich schluckte, war einen Augenblick sprachlos. »Jetzt bluffst du.«
»Wirklich?«
Doch als ich sie näher betrachtete, bemerkte ich die Unsicherheit in ihren schönen Augen und wusste, dass sie log.
»Ich hab da so eine Vermutung«, sagte ich.
Sie erwiderte nichts, ging aber auch nicht weg.
»Konrad ist ein feiner Kerl, aber da gibt es etwas, das ich habe und er nicht. Die Leidenschaft, die deiner ebenbürtig ist.«
»Was redest du da für einen Unsinn!«
»Ach ja? Konrad sieht den Engel in dir, aber ich sehe in dir auch das Tier. Schau mir in die Augen und sag mir, ob ich recht hab.«
»Recht haben mit was?«, fragte Konrad hinter mir.
Elizabeth blitzte mich an. Ich blitzte zurück.
»Nur ein lebhaftes Gespräch«, sagte ich abfällig, »und zwar eines, das ich jetzt leid bin.«
Und damit ging ich an Konrad vorbei zurück ins Schloss.
Ich war nicht überrascht, als es in weniger als einer Stunde an meine Zimmertür klopfte und Konrad hereinkam, ohne auf eine Antwort zu warten. Ich saß am Tisch und tat so, als würde ich lesen.
»Du hast Elizabeth sehr verärgert, weißt du das?«, sagte er und setzte sich in einen Lehnstuhl.
»Ach ja?«
Meine vorgespielte Unschuld schien ihn zu verwundern. »Ja. Sie ist wegen der Art verärgert, wie du mit ihr gesprochen hast.«
Ich runzelte die Stirn. »Welche Art
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