Duft des Mörders
Obdachloser?“ Sie lachte bitter auf. „Komm schon, Dad.“
„Vielleicht waren es auch zwei oder mehr Personen. Womöglich hat man Adam niedergeschlagen oder betäubt und ihn erst dann in den Park gebracht. Es gibt so viele Möglichkeiten.“
„Und was ist mit seinem Verdacht gegen Faxel?“
Eine dunkle Wolke schob sich vor die Sonne und tauchte den Friedhof in tristes Grau. „Das gibt natürlich Anlass zu Zweifeln“, sagte Sam vorsichtig.
„Erzähl das Marcie Hollander.“
„Das muss ich gar nicht. Sie nimmt diese Vorwürfe sehr ernst.“
„Auf mich hat sie nicht diesen Eindruck gemacht.“
„Du musst dich einmal in ihre Lage versetzen, Jenna. Auch wenn das Police Department ihr theoretisch untersteht, sie kann nicht in die polizeilichen Ermittlungen eingreifen. Und sie kann es sich auch nicht leisten, voreilige Schlüsse zu ziehen, nur weil ein wohlmeinender Zeuge für sie den Fall lösen will. Der einzige Grund, warum sie sich persönlich in diesem Fall engagiert, ist ihre langjährige Freundschaft zu Adam.“
Es überraschte Jenna nicht, dass ihr Vater Marcie verteidigte. Die beiden waren seit mehr als zwanzig Jahren gut befreundet und respektierten einander. Sams Ansicht nach gab es bei der Staatsanwaltschaft niemanden, der besser für diesen Job geeignet wäre als Marcie Hollander.
„Ich will nicht für sie den Fall lösen“, entgegnete Jenna. „Ich habe nur das getan, was jeder pflichtbewusste Bürger getan hätte. Hast du mich nicht so erzogen?“
„Ja, das habe ich“, stimmte Sam ihr lächelnd zu. „Dagegen habe ich auch nichts einzuwenden. Wenn sich deine Rolle darauf beschränkt.“
„Ich will nicht Miss Marple spielen, wenn du das meinst.“
„Marcie wird das sicher gern hören. Und das gilt auch für mich. Denn auch auf die Gefahr hin, dass ich dir mit meiner Fürsorge auf die Nerven falle, ich bin dein Vater und mache mir nun mal Sorgen um dich.“
Sie nickte. Sie verstand ihn ja. Nach einem letzten Blick auf Elaines Grab gingen sie zurück zu ihren Autos.
„Hat Marcie dir die Fotos gezeigt?“ wollte sie wissen.
„Ja. Sie hat gehofft, ich würde jemanden darauf erkennen, der irgendwie verdächtig sein könnte. Leider ist mir niemand aufgefallen, der auf der Veranstaltung nichts zu suchen gehabt hätte.“
„Was weißt du über Faxel, Dad?“ Als sie seinen eindringlichen Blick sah, hob sie abwehrend die Hände. „Ich frage das nur interessehalber, weiter nichts.“
Ein flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er antwortete. „Faxel ist ein finanziell gut gestelltes Unternehmen, das von einem hervorragenden Team geführt wird. Seit sechzehn Jahren steht mit J.B. Collins ein und derselbe Mann an der Spitze. Ich kenne ihn schon geraume Zeit, zwar nicht gut, aber doch gut genug, um zu wissen, dass er intelligent und ehrlich und bei den Angestellten beliebt ist. Mitte der Neunziger hatte das Unternehmen zu kämpfen, als sich Global Access zur ernsthaften Konkurrenz entwickelte. Die Schulden wuchsen immer mehr, die Lagerbestände waren immens, und man verkaufte kaum etwas. Dann kam einer der neuen Entwickler auf die Idee, einen tragbaren Minicomputer auf den Markt zu bringen, der die ganze Elektronikbranche revolutionierte. Innerhalb weniger Monate war Faxel wieder an der Spitze.“
Sie waren auf dem Parkplatz angekommen. „Würdest du J.B. Betrug zutrauen?“
Sam sah einem der Friedhofsgärtner entgegen, der mit einer Schubkarre voller Kies in ihre Richtung kam. „Ich weiß nicht, Jenna. Ich habe Adams Meinung immer respektiert, aber einem Mann wie J.B. Collins Betrug zu unterstellen …“ Er schüttelte den Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Jenna öffnete die Wagentür. „Ich fürchte, das hat man schon über viele Betrüger gesagt.“
Wieder in ihrer Wohnung, suchte Jenna nach einem geeigneten Versteck für die Faxel-Fotos. Sie hatte sie die ganze Zeit über in der Handtasche mit sich herumgetragen, aber jetzt wollte sie für die Bilder einen sichereren Aufbewahrungsort.
In der Küche fiel ihr Blick auf eine kleine Rezeptbox auf dem gelb gekachelten Tresen. Sie war ein Geschenk ihrer besten Freundin Beckie, die immer noch hoffte, aus Jenna eine Meisterköchin zu machen.
„Das ist so einfach“, hatte sie ihr voller Optimismus vorgeschwärmt. „Vor allem heute, da man die Rezepte auch auf CD haben kann. Du brauchst nur ein Gericht auszusuchen, die entsprechende CD in den PC einzulegen, und dann wirst du von einem berühmten
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