Duft des Mörders
wollen.
„Sie kam in mein Büro“, fuhr er fort. „Sie wollte hören, was ich über Adams Tod weiß.“
„Und wie ist es gelaufen?“
„Gar nicht gut. Ich war unfreundlich und wurde sogar ausfallend.“
„Und das hat sie sich gefallen lassen? So kenne ich Jenna gar nicht.“
„Tja, auch sie ist nicht mehr allzu freundlich gewesen, nachdem ich sie eine Weile angeschnauzt hatte.“
Vinnie lachte leise. „Ist Liebe nicht was Wunderbares?“ Er sah Frank von der Seite an. „Du liebst sie immer noch, oder? Sonst hättest du nicht eine solche Nummer abgezogen. Nur verliebte Männer machen sich zum Narren.“
Doch Frank war noch nicht bereit, mit seinem Onkel über seine Gefühle für Jenna zu reden. Es fiel ihm schwer genug, sie sich selbst gegenüber einzugestehen. „Tut mir Leid, wenn ich dich enttäuschen muss, Vinnie, aber du irrst dich. Ich bin nicht in Jenna verliebt. Für was hältst du mich? Für einen Masochisten? Sie hat mir schon vor Jahren zu verstehen gegeben, dass ich bei ihr keine Chancen habe.“
„Ah, ja?“
„Glaubst du mir etwa nicht?“
„Habe ich das gesagt?“
„Es gibt genug Frauen auf der Welt“, erklärte Frank, und es hörte sich an, als wenn er es mehr zu sich selbst als zu Vinnie sagte, „da brauche ich nicht einem überempfindlichen Weibsbild wie Jenna Meyerson nachzuweinen.“
„Finde ich auch.“ Vinnie grinste, als wisse er etwas, was sonst niemand wusste. „Aber wenn es stimmt, was du sagst, warum warst du dann so gehässig zu ihr?“
„Ich weiß nicht. Ich glaube, ich habe einfach nicht damit gerechnet, dass sie in meinem Büro auftauchen könnte. Ich meine, bei acht Millionen Menschen in dieser Stadt – wie groß ist da die Wahrscheinlichkeit, jemandem über den Weg zu laufen, den man so viele Jahre nicht gesehen hat?“
Vinnie hob den Kopf und blies einen Rauchkringel in die Luft. „Offenbar größer, als du gedacht hast.“
„Offenbar ja.“
„Die Begegnung hat alte Erinnerungen geweckt, was?“
„Ich denke schon.“
„Ist ein Funke übergesprungen?“
Es war mehr eine Feuerwalze gewesen. „Nicht der kleinste.“
„Soll ich dir einen Rat geben?“
„Nein“, sagte Frank, obwohl er wusste, dass Vinnie es dennoch tun würde.
„Zu meiner Zeit musste man ein wenig romantisch sein, nur dann schaffte man es, dass einem eine Frau vergab. Ein Strauß Rosen, teure Pralinen, ein Song von Frank Sinatra, um die richtige Stimmung zu erzeugen, und im Handumdrehen schmolz das Mädchen dahin.“
Frank musste lachen. „Hast du etwa auf diese kitschige Weise Tante Sylvias Herz erobert?“
„Wo denkst du hin? Das habe ich geschafft, indem ich eines Abends unter ihrem Zimmerfenster ein Ständchen gesungen hab.“
Frank sah seinen Onkel erstaunt an. „Das ist nicht dein Ernst.“
„Ich schwöre es. Ich stand auf dem Rasen vor dem Haus ihrer Eltern und sang aus vollem Hals
Enamorada
, bis sie das Fenster öffnete. Dabei habe ich die halbe Nachbarschaft geweckt. Ihr Vater warf mir ein 10-Cent-Stück hin und rief, ich solle abhauen, aber ich blieb da und sang so lange, bis Sylvia nach unten kam und versprach, meine Frau zu werden.“
„Das ist nun wirklich romantisch, Vinnie.“
„Das kannst du laut sagen. Vielleicht solltest du das auch mal versuchen.“
„Nein, danke. Ich werde nie wieder heiraten.“
Gut zehn Minuten lang saßen sie schweigend nebeneinander, bis Frank so abrupt aufstand, dass er fast seinen Stuhl umgeworfen hätte.
Vinnie, der eingedöst war, zuckte zusammen. „Wohin gehst du?“
„Ich werde Jenna anrufen.“
„Es ist elf Uhr.“
„Das macht nichts, sie ist ein Nachtmensch.“
Er ging ins Haus, schnappte sich das Telefonbuch von Manhattan und hoffte, dass sie ihre Nummer hatte eintragen lassen. Tatsächlich fand er eine J. Meyerson.
Beim dritten Klingeln nahm sie den Hörer ab. „Hallo?“ fragte sie schläfrig.
„Jenna? Ich bin’s, Frank. Hör mal, ich hab mich heute wie ein Idiot benommen, und ich wollte mich …“
Sie knallte den Hörer auf.
9. KAPITEL
H eute war Elaine Meyersons Geburtstag. Jenna holte ihren Audi aus der Tiefgarage des Regent, und wie jedes Jahr an diesem Tag fuhr sie zum Carmel Hill Cemetery in Hartfort, Connecticut, wo ihre Mutter beerdigt war.
Sie nahm die Interstate 95 und versuchte, nicht an Frank Renaldi zu denken. Doch wie ein lästiger Kopfschmerz wollten sich die Gedanken an ihn einfach nicht vertreiben lassen. Dieser Idiot! Was fiel ihm ein, mit ihr zu reden, als sei sie
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