Duft des Mörders
Das ist respektlos.“
Frank kannte seinen Sohn. „War das ihre Idee?“ fragte er und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. „Dass sie ihrem Vater droht, sie würde wieder weglaufen, meine ich.“
Danny wurde rot im Gesicht. Frank verkniff sich ein Lächeln; er wusste, dass der Junge ein verdammt schlechter Lügner war. Ihm eine derartige Fangfrage zu stellen, war fast schon fast kriminell. „Nicht so ganz.“
„Und wessen Idee war es?“
„Meine.“ In Dannys dunklen Augen blitzte es auf. „Ihr Vater wollte dich ins Gefängnis bringen, Dad! Ich musste doch
irgendetwas
tun!“
„Das weiß ich sehr zu schätzen. Trotzdem – du solltest wirklich niemanden überreden, etwas Unrechtes zu tun. Stell dir vor, sie läuft wirklich wieder weg und es stößt ihr etwas zu. Wie würdest du dich dann fühlen?“
„Mies“, antwortete Danny, doch sein demütiger Gesichtsausdruck hielt keine Sekunde an. „Aber ihr Vater ist so streng, Dad. Sie darf überhaupt nichts. Er tut so, als wäre er nie vierzehn gewesen.“
Frank bemerkte, dass Vinnie in sich hineinlachte, und auch er selbst musste sich zusammenreißen, um ernst zu bleiben. „Da bin ich ganz deiner Meinung, Kumpel. Trotzdem – es war verkehrt, sie gestern Abend herzubringen, ohne ihrer Familie oder mir etwas davon zu sagen. Das war sehr verantwortungslos.“
„Wenn ich etwas gesagt hätte, dann hättest du sie nach Hause gefahren.“
„Wahrscheinlich. Zumindest aber hätte ich ihren Vater angerufen, um ihm zu sagen, wo sie ist.“
Danny zuckte mit den Schultern. „Es kümmert ihn nicht. Er hat ja erst heute Morgen bemerkt, dass sie nicht da war.“
„In diesem Punkt irrst du dich. Es kümmert ihn sehr wohl. Darum war er ja auch so wütend. Und aus dem Grund darf so etwas nicht noch mal vorkommen, hast du verstanden?“
„Ja, Dad.“
„Gut. Nachdem wir das geklärt hätten … Wie war dein Training?“
Augenblicklich verbesserte sich Dannys Laune. Er strahlte richtiggehend. „Ich war großartig, Dad.“
Diesmal konnte sich Vinnie das Lachen nicht verkneifen. „Wir müssen unbedingt das Selbstvertrauen dieses Jungen aufbauen“, meinte er trocken. „Sonst bekommt er noch Depressionen.“
„Wie viele Tore hast du geschossen?“ wollte Frank wissen.
„Vier. Und der Coach sagt, wenn ich am Samstag auch so spiele, werden wir ganz sicher gewinnen. Du kommst doch, nicht wahr, Dad?“
Frank fuhr ihm mit der Hand durch die schwarzen Locken. „Würde ich jemals eines deiner Spiele verpassen?“
Gegen neun Uhr war Danny im Bett, und Frank saß auf der Veranda und betrachtete die Sterne. Seine Gedanken wanderten immer wieder von Jenna zu Adam und zurück. Er war so in seine Überlegungen vertieft, dass er seinen Onkel erst bemerkte, als der sich auf den Stuhl neben ihm setzte.
„Ich muss dich wohl nicht fragen, was dir durch den Kopf geht“, sagte Vinnie mit leiser Stimme. Er begann, seine alte Meerschaumpfeife zu stopfen. „Irgendwas Neues über den Mord an deinem Freund?“
„Noch nicht. Bevor ich heimfuhr, habe ich noch Paul Stavos angerufen. Sie suchen immer noch nach dem Räuber vom Central Park.“
Vinnie hielt sein Feuerzeug an den Tabak und machte ein paar kurze, schnelle Züge am Mundstück. „Das kann dauern.“
„Anscheinend glaubt er das nicht.“
Gut eine Minute verstrich, ehe Vinnie wieder etwas sagte. „Bereitet dir sonst noch was Sorgen?“
Vinnie hatte einen geradezu unheimlichen sechsten Sinn. „Wie kommst du auf die Idee, mir könnte noch irgendwas anderes Sorgen bereiten?“
„Weil ich dich kenne, seit du auf der Welt bist“, antwortete sein Onkel lachend. „Ich würde sagen, dass mich das zu einem Experten macht, was Frank Renaldi und seine vielen verschiedenen Launen betrifft.“
Frank überlegte, ob er seinem Onkel von Jenna erzählen sollte. Doch warum eigentlich nicht? Seit sein Vater vor über fünfundzwanzig Jahren gestorben war, war Vinnie derjenige, an den sich Frank wandte, wenn er einen Rat brauchte. Im Lauf der Zeit war Vinnie zu seinem besten Freund und Vertrauten geworden. Es gab niemanden, dem Frank mehr vertraute als Vinnie Renaldi.
„Ich habe heute jemanden von früher wiedergesehen“, sagte er.
„Jemanden aus Washington?“
„Nein, von der Universität. Adams Exfrau – Jenna.“
„Ahhh.“ Wieder zog Vinnie an der Pfeife. „Die Kleine, hinter der du her warst.“
Frank wollte protestieren, hielt jedoch den Mund. Es hatte keinen Zweck, seinem Onkel etwas vormachen zu
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