Duftspur
sagt Kalle. Nein, sage ich.
»Du musst der neue Lakai sein«, Obelix grinst amü siert und schiebt sich die blauweiße Seemannskappe ein wenig aus der hohen Stirn.
»Ich bin Kurt, der Koch hier auf der Festung«, stellt er sich freundlich vor.
Jetzt muss ich auch grinsen, denn sein ritzerotes Bartzöpfchen wippt lustig auf und ab, wenn er spricht. Unterhalb der Mauer im Gebüsch höre ich ein Rascheln. Am liebsten würde ich nachsehen, doch Kurt ergreift mit seiner Hand, groß wie ein Pfannendeckel, die meine und schüttelt sie herzlich. Der Wind wird das gewesen sein, beruhige ich meine Anspannung, die ja hauptsächlich meine kleine innere Stimme Kalle aufgebaut hat. Auf der Bastion steht eine prächtige Rotbuche und um deren Stamm kommt ein kleines braunes Etwas gefegt. Ein Eichhörnchen, trifft mein Erkennungsprogramm eine erste Einschätzung. Jetzt springt das Etwas behände auf Kurts Arm. Ein Hündchen, revidiert das Update.
»Das ist Idefix, Höllenhund und Wächter des heiligen Grals.« Klar, wer sonst, denke ich.
»Gesprächig bis du ja nich«, stellt Kurt mit norddeutschem Zungenschlag fest.
»Tschuldigung – bin noch ganz überwältigt«, gebe ich zurück und schicke ein entspanntes Lachen hinterher. Die beiden geben eine zu witzige Figur ab. Kurts wasserblaue Augen funkeln listig. Er wird sich gerade ein Bild von mir gemacht haben mit der Unterzeile: Lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Er muss mich für einen Verwirrten halten.
»Macht nix«, sagt er wie als Antwort auf meine Gedanken.
»Na, wie is’? Ich wollt grad einen trinken gehen. Komm man mit.«
Die freundliche Einladung duldet keine Widerrede und ein bisschen Durst hätte ich auch.
Wir kehren in das kleine Café in der Nähe des Schlossgartens ein. Hier gibt es Flaschenbier und Biowein, antikes zusammengewürfeltes Mobiliar, moderne Kunst an den Wänden, Jazz aus den kleinen Boxen und einen schönen Ausblick durch Sprossenfenster. Beim Biere erläutert Kurt mir meine Aufgaben. Ich bin ganz Ohr. Kurt legt seine Kappe ab und zum Vorschein kommt eine ausgesprochen hohe Stirn. Auch eine Art Cabrio. Kaum, dass die Mütze die Tischoberfläche berührt, beginnt die freundlich lächelnde Cafébetreiberin ähnlich einer zauberhaften Elfe, lautlos und ohne wörtliche Aufforderung ein Bierchen nach dem anderen zu bringen. Kurt verbrennt es sogleich wie ein gut geschmierter Unimog-Motor mit seinen zwei jeweils vierfach untersetzten Getrieben. Nach je drei einfachen Sätzen folgen fünf kräftige Schluck Beck’s. Die Aufzählung meiner Pflichten brummt ruhig durch den Raum bei immer gleicher Drehzahl und beständiger Laufruhe des Motors. Selbst nach der sechsten Betankung arbeitet die Kurt-Maschine ohne zu Stottern. Die To-do-Liste spult wie von einer Seilwinde gezogen ab:
Vor Tagesanbruch die Spuren der Nacht beseitigen. Mülleimer leeren. Müll trennen. Flaschen sortieren, nur die aus Glas. Geschirr für das Frühstück bereitstellen. Abräumwagen entleeren. Spülmaschine bestücken. Je nach Art der Gäste Bestecke zählen. Vor allen Dingen die Messer. Mit einer Gruppe minderjähriger Straftäter habe es mal schlechte Erfahrungen gegeben. Der Betreuer habe die Attacke glücklicherweise überlebt. Das unsachgemäß geführte Frühstücksmesser verfehlte dessen Halsschlag-ader nur knapp. Kurt hebt den kleinen Finger. Das Zeichen für die Elfe, einen Kurzen zu bringen. Der Motor braucht einen weiteren Schmierstoff. Zisch und weg und weiter mit den Aufgaben. Aufmerksam, gespannt höre ich zu, während vor mir ein Glas sehr stilles Wasser verdunstet.
Besendienst in den Fluren checken. Es müssen immer die entsprechenden Waffen in jedem Flur verfügbar sein: Besen, Kehrblech, Handfeger. Für das Mittagessen Gemüse putzen, Kartoffeln schälen und was so anfällt. Montags, mittwochs und freitags ginge es zu wie 1789 bei den ausgehungerten Franzmännern. Es sind die An- und Abreisetage. Dann solle ich dem Putztrupp zur Hand gehen. Betten herrichten sowie die entsprechenden Säuberungsaktionen, Wischen, Putzen, Ordnung machen. Wenn ich handwerklich geschickt sei, wäre es möglich, dass ich kleinere Reparaturen ausführe. Dichtungen ersetzen und so ein Kram. Udo, eine Art Hausmeister, habe immer irgendwo eine Schraube locker – es folgt ein kerniges Lachen. Holz hacken, ja und Botengänge, wäre klar, näch, und die Bestimmung eines jeden Lakaien. Ob Kurt mir noch sympathisch ist? Ja, doch. Im Grunde sei alles ganz
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