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Duftspur

Duftspur

Titel: Duftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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frage ich zurück, als habe ich ihn nicht recht verstanden.
    »Die unerzogenen Gören werfen immer ihren Müll und anderen Kram hinunter ins Gebüsch, denen gehört allen eine Tracht Prügel!« Wie um seine Aussage zu unterstreichen greift er ins Gesträuch und zieht einen Ghettoblaster hervor, öffnet den Müllsack und lässt ihn mit Wut darin verschwinden. Soviel zum Thema Traumjob, raunt Kalle, der sich wohl Gedanken um seinen späteren Brotberuf macht.
    Ich frage mich, ob ich Udo helfen soll. Wäre ja eine nette Geste zum Einstand. Doch wie ist der kleine Kirmesmann da herunter gekommen?
    »Soll ich mit anpacken?«, rufe ich ihm nach, bevor er hinter einem Felsvorsprung verschwindet.
    Als Antwort höre ich nur einen Grunzlaut, der freie Interpretationen zulässt. Eigentlich klang er abweisend. Man redet generell nicht so freundlich, wenn man schwer zu schleppen hat, erklärt der sozial eingestellte Besserwisser in mir, der für alle Missstimmungen meiner Mitmenschen eine Entschuldigung parat hat. Ich beschließe also, dass Udo zu den Menschen gehört, die von vornherein erst mal ablehnend Fremden gegenüberstehen und die man nur richtig deuten muss, wie den alten Meister in der Lehrwerkstatt seinerzeit. Zunächst mal rummotzen, die Truppe demoralisieren und jene, die sich davon nicht schrecken lassen, ins Herz schließen. Vielleicht ist Udo auch so einer, wenngleich er nicht halb so alt ist wie mein Lehrmeister. Vielleicht auch nicht, flüstert Kalle, der mich an meinen Freund aus Kindertagen erinnert. Wir hatten Klingelmännchen gespielt und ich war der Meinung, es sei besser, das Haus des Hauptschulrektors auszulassen. Der Kerl verstünde keinen Spaß und würde sicher schon hinter der Tür lauern, um uns nach dem Streich zu verkloppen. Mein Kumpel war anderer Ansicht. Ich sollte recht behalten, denn wir wurden ordentlich von ihm verbimst, noch bevor der Klingelknopf wieder in Ausgangsposition war. Pah, von wegen ›allen eine Tracht Prügel‹, nicht der Kinderhintern verhornt, sondern die Seele. Werde nicht sentimental, appelliere ich an mich und bewege meinen erwachsenen Körper zu einem von Büschen fast zugewachsenen Durchlass am Rande der breiten Bastionsmauer. Von hier müsste man doch auf den Pfad gelangen. Über mir kreischen Krähen zornig, unter mir kommt das Geröll ins Rollen. Ich rutsche mehr als dass ich laufe und komme ums Gleichgewicht kämpfend zum Stehen, dank eines wuchernden Himbeergesträuchs, dessen dornige Fangarme sich in mein Hemd gekrallt haben, ja und in mein Fleisch. Jetzt kreischen über mir drei pubertäre Mädchen und neben mir verdreht Udo die Pupillen. Leicht kopfschüttelnd stapft er weiter, murmelt, dass er ohne meine Hilfe besser dran ist und verschwindet aus meinem Gesichtsfeld. Seine ganze Art erinnert mich an einen Jungen aus der Burbacher Amisiedlung. Immer ne große Klappe, schon mit 14 einen Oberlippenbart und der Schwarm einer gewissen Gruppe von Mädchen, ähnlich denen von vorhin. Vor kurzem sah ich den Typen wieder, er saß in der Fahrerkabine eines Baggers, bierbäuchig und glatzköpfig.
    Wir sind nicht hier um Freunde zu finden, sagte der Marketing-Abteilungsleiter in meinem Betriebs-praktikum. Mission impossible, gluckst Kalle. Halt die Klappe, stutze ich ihn zurecht und befreie mich vom Geäst. Der Himbeerstrauch scheint zu grinsen. Den Abhang vor Augen, die Titelmelodie des erwähnten Films im Kopf, beschließe ich, wo ich schon mal da bin, den Pfad entlang zu gehen, um zu sehen, wohin er führt. Ich wende mich in die Richtung, aus der Udo gekommen ist. Irgendwie fühle ich mich an die Schützlinge im Heim erinnert. Udos Gang glich dem von Torsten, und Billes Filmlexikon hätte eben bestimmt einen coolen Spruch gewusst. Ich weiß nur, dass ich mich megabescheiden fühle und mich ran halten muss, denn die Schatten der Nacht grinsen immer breiter und unverschämter aus dem Himbeerstrauch.
     

21
     
    Die Welt der Entrückten erscheint mir heimelig, während ich jeden Schritt genauestens plane und die Füße mit Bedacht aufsetzte. Ich bin ja noch nicht mal astrologisch gesehen ein Steinbock. Jetzt müsste ich mich ungefähr dort befinden, wo ich den Schuh gesehen habe. Blinzelnd schaue ich nach oben und meine, den Ast zu erkennen, an dem er gebaumelt haben muss. Im Gebüsch hängt nur das übliche Blattwerk. Freund Kalle kriecht mit der Lupe am Boden rum. Du musst nach Schleifspuren suchen, kommandiert er meine Nasenspitze auf seine Höhe. Ich gehe in die Hocke,

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