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DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

Titel: DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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schaute ich mich nach ihr um, und Herrgott noch mal, da lag sie wahrhaftig auf einer langen, flachen Grabplatte, die Arme unter dem Kopf verschränkt, die Augen geschlossen.
    Ich hatte mir keine großen Hoffnungen gemacht, ich meine, ich hatte mir nur vorgenommen, sie nach Hause zu bringen und so. Mich mit ihr für den nächsten Abend zu verabreden. Natürlich hätten wir noch ein bißchen vor ihrer Haustür stehenbleiben können, sie hätte ja nicht sofort hineingehen brauchen. Aber hier auf einem Grabstein zu liegen, das war doch eher unnatürlich.
    Ich setzte mich und ergriff ihre Hand.
    »Wenn du hier liegen bleibst, wirst du naß werden«, sagte ich.
    Kümmerlich, aber mir fiel nichts Besseres ein.
    »Bin es gewohnt«, sagte sie.
    Sie öffnete die Augen und sah mich an. Nicht weit vom Gitter entfernt stand eine Straßenlaterne, es war also nicht stockdunkel, und auch sonst war die Nacht trotz dem Regen nicht pechschwarz, nur trübe. Ich wünschte, ich wüßte, wie ich ihre Augen beschreiben soll, aber ich versteh mich nicht auf schöne Worte. Jeder weiß, wie im Dunkeln eine Leuchtuhr glimmt. Hab selbst so eine; wenn man nachts aufwacht, sieht man sie am Handgelenk blinken, sie ist wie ein Freund. In dieser Art leuchteten die Augen meines Mädchens, hübsch waren sie. Waren auch nicht länger schläfrig wie Katzenaugen, sondern zärtlich und sanft, aber gleichzeitig auch traurig.
    »Bist du es denn gewöhnt, draußen im Regen zu liegen?« fragte ich.
    »Bin so aufgewachsen. Damals im Krieg gaben sie uns einen Spitznamen. ›Die Streuner‹ haben sie uns im Bunker immer genannt.«
    »Warst du denn niemals evakuiert?« fragte ich.
    »Nein, ich nicht. Konnte es nirgends aushalten, kam immer wieder zurück.«
    »Leben deine Eltern noch?«
    »Nein, kamen beide um, als eine Bombe unser Häuschen traf.« Sie sagte es nicht tragisch, sondern mit ganz alltäglicher Stimme.
    »Pech«, sagte ich.
    Sie antwortete nicht darauf, und ich saß da, hielt ihre Hand und wünschte, ich könnte sie mit nach Hause nehmen.
    »Arbeitest du schon längere Zeit im Kino?« fragte ich.
    »Ungefähr drei Wochen. Ich bleib nirgends lange, werd auch da bald wieder verschwinden.«
    »Warum denn das?«
    »Keine Ruhe.«
    Plötzlich nahm sie mein Gesicht in beide Hände und hielt es sanft umfaßt, nicht so, wie man vielleicht denken könnte.
    »Du hast ein gutes, liebes Gesicht. Ich hab es gern«, sagte sie.
    Seltsam. Die Art, wie sie es sagte, machte mich ganz wirr und schwach, nicht etwa erregt wie im Bus, und ich dachte so bei mir: Am Ende habe ich wirklich das Mädchen gefunden, das ich haben möchte. Nicht nur für einen Abend, sondern etwas Festes.
    »Hast du einen Freund?« fragte ich.
    »Nein.«
    »Keinen, mit dem du gehst?«
    »Nein, nie gehabt.«
    Für einen Friedhof war das eine wunderliche Unterhaltung; und dort lag sie, ausgestreckt auf der Grabplatte wie eine gemeißelte Figur.
    »Ich hab auch kein Mädchen«, sagte ich. »Bin darin komisch, nicht wie die anderen Jungen. Wohl ein bißchen schrullig, nehme ich an. Was mich interessiert, ist meine Arbeit. Ich bin in einer Garage, Autoschlosser, mach Reparaturen und was so hereinkommt, verdien ganz gut dabei. Hab auch außer dem, was ich meiner alten Mutter schicke, ein bißchen was beiseite gelegt. Ich wohn in Untermiete, Thompsons heißen sie, sind wirklich nette Leute, und der Chef in der Werkstatt ist auch ein feiner Kerl. Hab mich eigentlich nie einsam gefühlt, auch jetzt nicht. Aber seit ich dich kenne, sieht doch alles anders aus. So wie es vorher war, wird es nie wieder werden, verstehst du?«
    Sie hatte mich nicht ein einziges Mal unterbrochen, es war beinahe so, als dächte ich laut.
    »Heimzukommen zu Thompsons ist gut und schön«, fuhr ich fort. »Nettere Wirtsleute kann man sich wirklich nicht wünschen. Gutes Futter gibt's auch. Und nach dem Abendbrot unterhalten wir uns ein bißchen und hören Radio. Aber weißt du, was ich mir jetzt wünsche, ist etwas anderes. Ich möchte dich nach der Vorstellung im Kino abholen können. Du müßtest dort am Vorhang stehn, die Leute hinauslassen und mir zuzwinkern, damit ich weiß, du ziehst dich nur rasch um und ich soll auf dich warten. Und dann kommst du heraus, so wie heut abend, würdest aber nicht allein losziehn, sondern dich einhaken, und wenn du deinen Mantel nicht anhaben willst, trag ich ihn für dich, oder auch ein Päckchen, oder was du gerade bei dir hast. Und dann gehn wir ins Automatenrestaurant oder in irgendeine

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