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DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend

Titel: DuMaurier, Daphne - Plötzlich an jenem Abend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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durch den Vorhang zu schlüpfen – und fragte sie: »Wie ist der Film?«
    Sie sah mich nicht an. Starrte einfach weiter ins Leere, auf die gegenüberliegende Wand. »Diese Messerstecherei ist stümperhaft«, sagte sie, »aber schlimmstenfalls können Sie ja schlafen.«
    Ich mußte lachen. Sie war aber ganz ernst dabei, hatte nicht etwa versucht, mich zu verspotten.
    »Das tönt nicht gerade nach Reklame«, meinte ich. »Wenn der Chef das gehört hätte?«
    In diesem Augenblick schaute sie mich an. Ihre blauen Augen wandten sich mir zu; noch immer voller Überdruß und teilnahmslos, aber etwas lag darin, was ich noch nie gesehen hatte, und auch später niemals wieder gesehen, etwas Verhangenes, wie bei jemandem, der aus einem langen Traum erwacht und froh ist, nicht allein zu sein. In den Augen von Katzen glimmt es manchmal so, wenn man sie streichelt und sie sich dann schnurrend zu einem Knäuel zusammenrollen und alles mit sich geschehen lassen. Genauso sah sie mich eine Sekunde lang an, und um ihren Mund schien ein verstecktes Lächeln zu lauern. Sie riß mein Billett durch und sagte: »Ich werde nicht dafür bezahlt, Reklame zu machen. Ich werde dafür bezahlt, so auszusehen, wie ich aussehe, und Sie hereinzulocken.«
    Sie zog den Vorhang beiseite und ließ in der Finsternis ihre Taschenlampe aufblitzen. Ich sah nicht die Hand vor Augen, es war pechschwarz, ehe man sich daran gewöhnt hat und die Umrisse der anderen Leute erkennen kann. Auf der Leinwand erschienen zwei große Köpfe, und der eine Kerl sagte zu dem anderen: »Gesteh, sonst knall ich dich über den Haufen«, gleichzeitig zerbrach jemand eine Fensterscheibe, und ein Frauenzimmer kreischte.
    »Scheint das Richtige für mich zu sein«, sagte ich und tastete nach einem Sitz.
    »Dies ist noch nicht der Film, erst die Voranzeige für nächste Woche«, sagte sie und wies mir im Schein der Taschenlampe einen Sitz in der letzten Reihe an, den zweiten neben dem Gang.
    Ich sah mir die Geschäftsreklamen und die Wochenschau an, und dann kam ein Kerl und spielte auf der Kinoorgel, und der Vorhang vor der Leinwand wurde erst rot und dann golden und dann grün – komisch, sie bilden sich wohl ein, sie müßten einem für sein Geld etwas bieten –, und als ich mich umschaute, sah ich, daß das Kino halb leer war; wahrscheinlich hatte das Mädchen recht, mit dem Hauptfilm war nicht viel los, und deshalb sah ihn sich auch kaum ein Mensch an.
    Kurz bevor es wieder dunkel wurde, kam sie den Seitengang heruntergeschlendert. Sie trug ein Tablett mit Ice Cream, gab sich aber nicht die geringste Mühe, es anzupreisen oder zu verkaufen, ebensogut hätte sie schlafwandeln können. Als sie den anderen Seitengang entlang kam, winkte ich sie herbei.
    »Kann ich ein Eis haben?«
    Sie schaute in meine Richtung, wie wenn ich ein toter Wurm unter ihrer Schuhsohle gewesen wäre; aber dann mußte sie mich wohl erkannt haben, denn dieses versteckte Lächeln kehrte wieder und auch der verhangene Blick. Sie trat hinter meiner Sitzreihe zu mir heran.
    »Waffel oder Tüte?«
    Offen gestanden, wollte ich keins von beiden. Ich wollte ihr nur etwas abkaufen, um mit ihr schwatzen zu können.
    »Was empfehlen Sie mir?« fragte ich.
    Sie zuckte die Achseln.
    »An den Tüten hat man länger«, sagte sie, und ehe ich einen Ton herausbringen konnte, hatte sie mir schon eine in die Hand gedrückt.
    »Wie wär's mit einem Eis für Sie?« fragte ich dann.
    »Vielen Dank. Hab gesehn, wie es gemacht wird.« Und damit verschwand sie.
    Das Kino wurde dunkel, und ich saß mit meiner Riesentüte in der Hand da wie ein Trottel. Das verflixte Zeug quoll über den Rand und tropfte mir aufs Hemd, und damit es mir nicht auch noch über die Hose floß, mußte ich mir den ganzen eiskalten Kram auf einmal in den Mund stecken und mich obendrein noch abwenden, weil gerade jemand kam, um sich auf den freien Platz neben dem Gang zu setzen.
    Schließlich wurde ich damit fertig und wischte mir die Hände am Taschentuch ab, und dann konnte ich mir endlich ansehen, was auf der Leinwand vor sich ging. Es war ein ausgemachter Wildwestfilm: rumpelnde Karren über die Prärie, Überfall auf einen Zug voller Goldbarren, die Heldin bald in Reithosen, bald im großen Abendkleid. So müssen Filme sein, dürfen nicht die Spur Ähnlichkeit mit dem wirklichen Leben haben. Während ich mir die Geschichte ansah, witterte ich einen Duft, nur wie einen Hauch; was es war, wußte ich nicht, und auch nicht, woher es kam, aber es war da:

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