Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Klein
Vom Netzwerk:
bin Alice Wörthing«, antwortete ich. »Bitte, können Sie mir jetzt erklären, was hier eigentlich los ist? Meine Mutter macht nie etwas kaputt, und sie hat eine Engelsgeduld. Wissen Sie, selbst als mein Vater anfing, Riverdance zu tanzen, ist sie nicht ausgeflippt. Auch wenn die Sache ganz schön an ihr genagt hat.«
    Oberkommissar Lange sah mich etwas verwirrt an, aber dann fing er sich wieder. »Nun ja, Ihre Mutter ist in einem schwierigen Alter. Wussten Sie, dass die meisten Ladendiebstähle nicht von Teenies, sondern von Frauen in den Wechseljahren begangen werden?«
    Jetzt war ich verwirrt. »Sie soll etwas gestohlen haben? Tut mir leid, aber das glaube ich einfach nicht.«
    »Nein, sie hat nichts gestohlen, das war nur ein Beispiel. Kommen Sie einfach mal mit, vielleicht äußert sie sich endlich zu dem Vorfall, wenn Sie dabei sind.«
    Ratlos dackelte ich hinter dem Kommissar her. Er ging einen langen Gang hinunter und dann links in einen kleinen Raum. Dort saß tatsächlich meine Mutter, ganz verheult mit einem Taschentuch in der Hand, das sie ständig hin und her drehte.
    »Mama«, rief ich und umarmte sie. »Was ist denn bloß passiert? Was ist hier los, und wie geht es dir?«
    Anstatt einer Antwort fing sie wieder an zu weinen.
    »So geht das jetzt seit einer halben Stunde«, meinte der Dicke. »Egal, was ich sie frage, sie weint nur.«
    »Ob Sie uns mal fünf Minuten allein lassen könnten?«, bat ich ihn. »Ich bin sicher, das würde meiner Mutter helfen, sich zu beruhigen.«
    »Gut, fünf Minuten«, stimmte er zu. »So kommen wir hier sowieso nicht weiter.«
    Kaum war er draußen, hockte ich mich neben meine Mutter.
    »So, Mama, jetzt hör bitte auf zu weinen. Alles wird gut. Erzähl mir einfach, was los war.«
    »Ach Alice«, schniefte sie. »Es ist mir so peinlich. Versprich mir, dass du es niemandem erzählst. Niemandem, erst recht nicht deinem Vater. Versprich es mir.«
    »Klar, Mama, alles, was du willst. Ich verspreche es. Aber jetzt fang an.«
    »Ich bin in die Stadt gefahren, um mir den neuen Entsafter zu kaufen. Mein alter macht in letzter Zeit immer so komische Geräusche. Besonders, wenn ich Apfelsaft machen will. Also habe ich mir gesagt, dass ich mal einen neuen verdient hätte. Das Auto habe ich auf dem großen Parkplatz abgestellt, und dann bin ich ausgestiegen.«
    Du meine Güte. Wenn sie in dem Tempo weitererzählen würde, säßen wir noch morgen hier.
    »Und dann, Mama? Was ist dann passiert?«
    »Dann habe ich gemerkt, dass der Himmel ganz grau aussah. Also habe ich meinen Regenschirm mitgenommen. Du weißt doch, den himmelblauen, den ich letztes Jahr auf dem Stadtfest gewonnen habe. Bei der Verlosung.«
    »Ja, Mama«, antwortete ich und knirschte mit den Zähnen. »Ich kenne den Regenschirm.«
    »So, dann bin ich Richtung Elektro-Möller gegangen. Und musste an das Training von gestern denken. Also, das war so toll. Besser als jeder Krimi im Fernsehen. Und der Allergrößte war Nick. Erst stand er noch ganz ruhig da, aber dann hat er sich plötzlich so gedreht, und aus der Drehung raus ist er in die Luft gesprungen und hat dem Entführer in die Kniekehlen getreten. Der ist umgefallen wie ein Sack Mehl.«
    »Welcher Entführer?«, wollte ich erstaunt wissen.
    »Na, der Kollege, der den Entführer gespielt hat, natürlich. Das war doch eine Übung, hörst du denn nicht zu?«
    Ich atmete tief durch. »Okay, Mama. Du bist in die Stadt gefahren, um einen neuen Entsafter zu kaufen. Weil dein alter so komische Geräusche macht. Besonders beim Apfelsaftmachen. Dann hast du deinen himmelblauen Regenschirm, den du bei der Verlosung auf dem Stadtfest gewonnen hast, genommen und bist zu Elektro-Möller gegangen. Auf dem Weg dahin musstest du an das Training von gestern denken und an den Tritt, den Nick dem Entführer, der aber ein Kollege war, gegeben hat. Das habe ich alles verstanden. Nur was ich nicht verstanden habe – warum sitzt du nun hier auf der Polizeiwache und wirst wegen Sachbeschädigung verhört?«
    Sie schniefte noch einige Male, bis sie endlich weitersprach.
    »Also, dieses Training war noch so lebendig in meinem Kopf, es war, als wäre ich mittendrin in dieser Szene. Und ohne dass ich es gemerkt habe, habe ich auch eine Drehung gemacht, bin ein bisschen hochgesprungen und habe meinen Regenschirm auf den Kofferraum eines Autos gehauen. Aber Alice, glaube mir, das war keine Absicht. Eher so, als wäre ich mitten in einem Traum.«
    Sprachlos sah ich sie an. Meine Mutter, die

Weitere Kostenlose Bücher