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Dumpfbacken

Dumpfbacken

Titel: Dumpfbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Klein
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Elena.«
    Schlagartig war ich wieder hellwach und setzte mich auf. »Elena? Was machst du denn hier? Ich dachte, du wärst wieder zurück in Russland.«
    »Ja, war ich. Jetzt wieder hier. Du musst mir helfen. Bitte.«
    »Wie hast du mich hier gefunden?«, wunderte ich mich.
    »Hab ich vor Büro gewartet und bin dann hinter dir her. Darf mich niemand sehen. Bitte, du hilfst mir, ja?«
    »Na, du bist witzig«, antwortete ich. »Warum sollte ich gerade dir helfen? Du hast mich völlig auflaufen lassen. Wie war das noch mal? ›Oh nein, Herr Wachtmeister, diese Frau habe ich noch nie gesehen. Nein, Herr Kommissar, wir waren die ganze Zeit allein, da war keine andere Frau.‹ Also ehrlich, was für eine miese Nummer. Hau ab und stör mich nicht in meiner Entspannungsphase. Wenn ich mich aufrege, wirkt die Maske nicht.«
    »Alice, bitte. Du musst verstehen. Ich konnte nicht sagen die Wahrheit. Weißt du, was dann wäre passiert mit mir in Russland? Hollerbeck mag sein dummer Mann, kennt aber Leute bei mir zu Hause. Ich wär tot in Moment, wo meine Füße wieder laufen auf russischem Boden.«
    »Ehrlich?«, fragte ich beeindruckt. »Du wärst ermordet worden?«
    »Ja, wenn ich doch sage. Auch so war schwer. Aber ich habe geschafft, bin mit Freundinnen wieder hier. Aber darf niemand wissen. Bitte, du uns helfen, nur für zwei Tage. Wir brauchen nur ganz kurz eine Wohnung. Zwei Tage, dann wir sind wieder weg. Ich verspreche. Bitte, du bist Immobilienfrau, du kannst helfen. Willst du?«
    Ich überlegte. Vielleicht war ich doch zu vorschnell in meinem Urteil gewesen. Ich meine, wie hätte ich reagiert, wenn mich jemand mit dem Tod bedrohte, nur weil ich die Wahrheit gesagt hätte? Vielleicht konnte ich das gar nicht nachvollziehen, ich war ja noch nie in Russland gewesen. Und auch noch nie Prostituierte. War sicher ein anderes Leben als das, was ich führte.
    »Okay«, entschied ich. »Ich kann das irgendwie wirklich verstehen. Und für zwei Tage kriege ich euch unter. Aber was wollt ihr danach machen?«
    »Oh, Alice, du bist gute Frau. In zwei Tagen, wir haben Wohnung in Frankfurt. Du siehst uns nie wieder. Sag mir, wo soll ich hin?«
    Ich überlegte. »Es gibt ein Haus in der Waldstraße, das steht leer. Wir treffen uns da in einer Stunde, ich bringe die Schlüssel mit.«
    Weiter kam ich nicht, denn ich hörte nur noch ein leises »Danke«, und dann schloss sich die Tür. Oh Mann, die arme Frau. Wie hätte sie denn auch die Wahrheit sagen können? Egal, was sie tat, sie schien immer die Verliererin zu sein. Und wenn ich ihr für zwei Tage helfen konnte, was wäre ich für ein Mensch, wenn ich das nicht tun würde? Niemandem würde dadurch geschadet werden.
    Die Kosmetikerin kam zurück, nahm die Maske ab und machte mir noch ein tolles Tages-Make-up. Als ich herauskam, war unser Büro schon abgeschlossen, und alles war dunkel. Ein bisschen unheimlich. Ich holte schnell die Schlüssel für das Haus und fuhr in die Waldstraße.
    Kaum hatte ich geparkt und war ausgestiegen, huschte Elena schon hinter einer Tanne vor. »Hab ich mich versteckt, hab ich Angst vor Polizei. Ich dank dir so viele Mal.«
    »Keine Ursache«, sagte ich und schloss auf. »So, hier könnt ihr zwei Tage bleiben. Ich komme am Freitag wieder und hole die Schlüssel ab. Bis dahin lasst euch besser nirgends blicken, hier im Haus seid ihr sicher.«
    Auf der Rückfahrt dachte ich noch mal nach. Hatte ich vielleicht wieder Blödsinn gemacht? Nein, diesmal nicht. Das war einfach nur eine gute Tat. Auch wenn ich Nick nichts davon erzählen wollte, war ich mir doch sicher, alles richtig gemacht zu haben. Hatte man nicht irgendwie eine Verpflichtung gegenüber Leuten, denen es nicht so gutging? Ganz bestimmt.
    Am Freitagabend fuhr ich wieder in die Waldstraße. Das Haus war hell erleuchtet, und im Vorgarten standen einige Autos. Bitte, nicht, dass die hier jetzt eine Razzia machten! Aber auf mein Klingeln öffnete eine sehr entspannte Elena die Tür.
    »Alice, hast du uns so geholfen. Sind Freunde hier, die uns nach Frankfurt bringen. Kommst du rein und lernst meine Freundinnen kennen.«
    Es bedurfte nicht viel Fantasie, um zu erkennen, dass ihre Freundinnen aus demselben Milieu wie Elena kamen. Warum die allerdings alle in Reizwäsche herumhüpften, konnte ich mir nicht erklären. Ehrlich gesagt, fand ich die Teile immer ziemlich unbequem. Und sicher gibt es Situationen im Leben einer Frau, in denen solche Wäsche sehr nützlich ist. Aber allein, in meiner Wohnung,

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