Duncans Lady
etwas Wasser ins Gesicht. Dann verließ er die Toilette am Gatwick Airport und ging auf den nächsten Ticketschalter zu, bei dem er es noch nicht versucht hatte.
Der Flughafen war voll hektischer Reisender, die London verließen oder gerade ankamen. Ständig wurden über Lautsprecher Flüge aufgerufen, und plärrende Kleinkinder wurden von ihren erschöpften Eltern durch die Menge gezerrt.
Duncan stand in einer langen Schlange und wartete darauf, dass er an die Reihe kam. Er hatte genug Zeit, um die Angestellten hinter den Schaltern kritisch zu mustern, und als er an der Reihe war, hatte er diejenige ausgemacht, die ihm am ehesten helfen würde. Als er aufgerufen wurde, ließ der den Nächsten in der Schlange vor und wartete stattdessen, bis die Angestellte, die er sich ausgesucht hatte, wieder frei war. Sie verabschiedete sich von dem Kunden, und kaum hatte der alte Mann den Platz am Schalter geräumt, da nahm Duncan seine Stelle ein.
Die Angestellte war eine hübsche Blondine mit blauen Augen und dem typisch englischen weißrosigen Teint. Er hatte sie sorgfältig beobachtet. Selbst beim ruppigsten Kunden war sie gleichbleibend höflich geblieben, und sie hatte niemanden gedrängt. Jetzt lächelte sie ihn an und fragte, wie sie ihm helfen könne.
„Ich suche meine Tochter“, sagte er. Er reichte ihr das letzte Foto von April. „Möglicherweise ist sie mit ihrer Mutter hier vorbeigekommen. Ich habe das Sorgerecht, und vor drei Tagen hat ihre Mutter sie entführt.“ Er zog ein Dokument aus der Tasche, das belegte, dass er das Gesetz auf seiner Seite hatte. Dann holte er Lisas Foto heraus, das April in dem kleinen Holzkästchen aufbewahrt hatte. „Das ist meine Exfrau. Können Sie sich daran erinnern, Ihnen ein Ticket verkauft zu haben?“
Sie runzelte die Stirn und war offensichtlich gar nicht glücklich über sein Anliegen.
Er schaute auf ihre Hand hinunter und sah einen Ehering. „Haben Sie Kinder?“, fragte er.
Sie nickte.
„Dann können Sie sich ja vielleicht vorstellen, wie ich mich fühle. Das Gericht hat mir das Sorgerecht zugesprochen, weil meine Exfrau nicht in der Lage ist, ein Kind großzuziehen. Und jetzt hat sie unsere Tochter, und ich werde sie vielleicht nie wieder sehen.“
Sie nahm Lisas Foto, sah es aber nicht an. „Hier kommen jeden Tag Hunderte von Leuten durch, Sir.“
„Ich weiß. Ich war bereits in Prestwick und Heathrow. Niemand erinnert sich an sie.“
Die Angestellte seufzte und schüttelte den Kopf. Dann sah sie das Foto an. „Sie sieht ziemlich gut aus. Sie hat ein Gesicht, das man nicht so leicht vergisst.“
„Ja. Ich sehe es deutlich in meinen Albträumen.“
„Aber es tut mir leid, sie kommt mir nicht bekannt vor.“ Sie nahm noch einmal Aprils Foto zur Hand. „Und Ihre Tochter auch nicht. Sie kommt nach Ihnen, nicht wahr?“
„Könnten Sie die Bilder vielleicht Ihren Kollegen zeigen?“
„Es wird aber eine Weile dauern.“
„Lassen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen.“
In den letzten drei Tagen hatte Duncan gelernt, Geduld zu zeigen und zu warten. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass Enttäuschung in seinem Mund den Geschmack von Asche hinterließ. Er beobachtete, wie die junge Frau die Fotos einer Kollegin nach der anderen zeigte und sah, wie alle den Kopf schüttelten. Als sie ruhig die ganze Reihe abschritt, begriff er, dass er sie ausgewählt hatte, seine Abgesandte zu sein, weil sie ihn ein wenig an Mara erinnerte.
Seit dem Abend, an dem April entführt worden war, hatte er Mara nicht mehr gesehen. Sie war erst wenige Minuten fort gewesen, als er bereits bedauerte, was er zu ihr gesagt hatte. Aber er hatte sie nicht gesucht. Er wusste nicht, wie sie nach Hause gekommen war, und er hatte auch keine Nachforschungen deswegen angestellt. Er hatte zugelassen, dass sie ohne Umschweife aus seinem Leben verschwand.
Seitdem hatte er nur wenig Zeit gehabt, um über sie nachzudenken, und überhaupt keine Zeit, um zu trauern. In den vergangenen drei Tagen hatte er sich ganz darauf konzentriert, April zu finden. Lisa und April konnten inzwischen überall auf der Welt stecken. Aber Lisa war sehr impulsiv und hatte kein Talent, weitreichende Pläne zu schmieden. Er zählte darauf, dass ihm dieser Umstand zu Hilfe käme. Vielleicht hatte Mara recht, und er hatte Lisa nie wirklich gekannt, aber er kannte sie gut genug, um zu erraten, wie sie möglicherweise vorgehen würde.
Wahrscheinlich hatte Lisa nur so weit vorausgeplant, dass sie sich April irgendwie
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