Dune 01: Der Wüstenplanet
hundertprozentigen Beweis dafür liefern, daß sich hier tatsächlich Sardaukar in den Uniformen der Harkonnens herumtreiben?«
»Kleinigkeit.«
»Der Kaiser wird wieder einen Harkonnen auf Arrakis an die Schaltstellen der Macht bringen«, fuhr Paul fort. »Vielleicht sogar das Ungeheuer Rabban. Soll er. Sobald er sich dadurch selbst ans Messer geliefert hat, soll er mit der Möglichkeit rechnen, sich vor dem Landsraad zu rechtfertigen. Und dort soll er zu erklären versuchen, wie ...«
»Paul!« sagte Jessica.
»Vorausgesetzt«, warf Kynes ein, »daß der Landsraad Ihre Beschwerde akzeptiert! Und auch dann kann die Sache nur einen Ausgang haben: einen allgemeinen Krieg zwischen dem Imperator und den Hohen Häusern.«
»Chaos«, bekräftigte Jessica.
»Ich wäre bereit«, sagte Paul, »mich mit dem Imperator in Verbindung zu setzen und ihm zu diesem Chaos eine Alternative aufzuzeigen.«
Jessica sagte trocken: »Du willst ihn erpressen?«
»Das ist eines der Werkzeuge der großen Politik«, gab Paul zurück. Seine Stimme klang bitter. »Er hat keinen Sohn, nur Töchter.«
»Du würdest nach dem Thron streben?« fragte Jessica.
»Der Imperator hätte keine andere Wahl, wenn er verhindern will, daß sein Reich in Schutt und Asche gelegt wird«, meinte Paul. »Er wird ein solches Risiko nicht eingehen.«
»Ein verzweifeltes Spiel, das Sie da projizieren«, sagte Kynes.
»Was fürchten die Hohen Häuser des Landsraads am meisten?« fragte Paul. »Sie fürchten genau das, was jetzt auf Arrakis geschehen ist: daß die Sardaukar über sie hereinstürmen und einen nach dem anderen erledigen. Das ist überhaupt der Grund, warum der Landsraad existiert. Nur das hält die Große Konvention zusammen. Nur in ihrer Gesamtheit haben sie die Chance, sich dem Imperator gegenüber zu behaupten.«
»Aber sie sind ...«
»Genau davor haben sie Angst«, beharrte Paul. »Das Wort Arrakis könnte für sie zu einem Schlachtruf werden. Sie alle würden sich in meinem Vater wiedererkennen – den sie von der Herde trennten und ermordeten.«
Kynes fragte Jessica: »Geben Sie diesem Plan eine Chance?«
»Ich bin kein Mentat«, erwiderte sie.
»Aber Sie sind eine Bene Gesserit.«
Sie warf Kynes einen fragenden Blick zu und meinte schließlich: »Sein Plan hat einige gute und einige schlechte Punkte ... wie sie jeder Plan in diesem ersten Entwicklungsstadium aufweisen würde. Ein Plan hängt immer von seinem Konzept und seiner Durchführung ab.«
»Das Gesetz«, rezitierte Paul, »ist die ultimate Wissenschaft. So steht es über der Tür des Imperators zu lesen. Und ich werde ihm zeigen, wie man Gesetze befolgt.«
»Und ich bin nicht sicher«, sagte Kynes, »daß wir der Person, die diesen Plan entwickelt hat, trauen können. Arrakis benötigt einen anderen Plan; einen, der uns ...«
»Vom Thron aus«, sagte Paul, »wäre ich in der Lage, Arrakis mit einer einzigen Geste in ein Paradies zu verwandeln. Das wäre der Preis für Ihre Unterstützung.«
Kynes versteifte sich. »Meine Loyalität ist nicht zu verkaufen, Sire. «
Paul warf ihm über den Tisch hinweg einen nachdenklichen Blick zu und studierte das alte, bärtige Gesicht mit den blauen Augen, in dem plötzlicher Zorn aufgeflammt war. Ein rauhes Lächeln zog sich um seine Mundwinkel, als er sagte: »Was Sie gesagt haben, gefällt mir. Ich möchte mich entschuldigen.«
Kynes wich Pauls Blick nicht aus, sondern sagte plötzlich: »Ein Harkonnen würde niemals einen Fehler zugeben. Vielleicht sind Sie wirklich anders, Atreides.«
»Es könnte ein Fehler in Ihrer Erziehung sein«, meinte Paul. »Sie sagen, Sie seien nicht käuflich, aber ich glaube dennoch, daß ich im Besitz des Preises bin, den Sie akzeptieren können. Für Ihre Loyalität biete ich Ihnen die meinige ... voll und ganz.«
Mein Sohn, dachte Jessica, besitzt die Aufrichtigkeit der Atreides. Er hat diese großartige, beinahe naive Ehrenhaftigkeit, die ihnen allen zu eigen war. Welch kraftvolle Waffe sie damit doch besitzen ...
Es war unübersehbar, daß Pauls Worte Kynes bewegt hatten. »Sie reden Unsinn«, sagte er trotzdem. »Sie sind doch nur ein Junge, der ...«
»Ich bin der Herzog«, erwiderte Paul. »Ich bin ein Atreides. Kein Atreides hat jemals ein solches Versprechen gebrochen.«
Kynes schluckte.
»Wenn ich sage, daß meine Loyalität Ihnen voll und ganz gehört, dann meine ich das auch«, fuhr Paul fort. »Ich meine das ohne Einschränkung. Ich würde mein Leben für Sie
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