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Dune 01: Der Wüstenplanet

Dune 01: Der Wüstenplanet

Titel: Dune 01: Der Wüstenplanet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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er dabei. »Als uns eine Patrouille im Klippengebiet überraschte, verwundeten sie mich, doch Jamis lenkte sie ab, bis man mich retten konnte.« Auch er setzte sich wieder.
    Erneut wandten sich die Gesichter der Fremen Paul zu. Er sah ihre erwartungsvollen Blicke und konnte doch nichts anderes tun, als den Kopf zu senken. Plötzlich spürte er die Berührung durch einen Ellbogen und den leise geflüsterten Satz: »Willst du uns der Vernichtung preisgeben?«
    Wie kann ich nur Jamis als meinen Freund bezeichnen? raste es durch Pauls Bewußtsein.
    Eine weitere Gestalt erhob sich plötzlich aus Pauls Gegenrichtung, und als das kapuzenbedeckte Gesicht vom Lichtschein getroffen wurde, erkannte Paul seine Mutter. Sie nahm das Tuch an sich und sagte: »Ich war ein Freund von Jamis. Als der Geist der Geister in ihm erkannte, was die Wahrheit war, zog er sich zurück und rettete meinen Sohn.«
    Sie kehrte zu ihrem Platz zurück.
    Und Paul erinnerte sich an den Zynismus, der in ihrer Stimme gelegen hatte, nachdem der Kampf beendet war. »Wie fühlt man sich als Killer?«
    Wieder sah er, wie sich die Gesichter der Fremen ihm zuwandten. Daß die Männer furchtsam und ärgerlich waren, konnte er beinahe riechen. Irgendeine Passage, die seine Mutter für ihn einst aus einem Filmbuch kopiert hatte, fiel ihm ein und er wußte plötzlich, was er zu tun hatte.
    Langsam stand er auf.
    Ein Seufzer der Erleichterung ging durch den Kreis.
    Er fühlte sich plötzlich viel jünger, als er auf das Zentrum des Kreises zuging, als sei er auf der Suche nach einem verlorenen Fragment seiner selbst, das er hier zu finden hoffte. Er beugte sich über die Reste von Jamis' Eigentum und griff nach dem Baliset. Eine Saite schepperte leise, als er sie mit den Fingern berührte.
    »Ich war ein Freund von Jamis«, erklärte er flüsternd.
    Er fühlte heiße Tränen in seinen Augen und zwang sich zum Weitersprechen. »Jamis ... brachte mir bei ..., daß, wenn man einen Menschen tötet ... man dafür bezahlen muß. Ich wünschte, ich hätte ihn besser gekannt.«
    Tränenblind stolperte er zu seinem Platz zurück und sank auf den Felsen.
    Eine Stimme zischte: »Er vergießt Tränen!«
    Sofort wisperten die anderen: »Usul gibt den Toten Wasser!«
    Paul fühlte tastende Hände auf seinen Wangen und hörte erschrecktes Geflüster.
    Jessica, die die Stimmen ebenfalls hörte, spürte die tiefe Erschütterung der Fremen und wurde sich erst jetzt darüber klar, welche tiefe Bedeutung sie demjenigen zumaßen, der für einen anderen Tränen vergoß. Welche Bedeutung diese Verschwendung von Flüssigkeit unter ihnen hatte. Jemand hatte gesagt: »Usul gibt den Toten Wasser.« Es war ein Geschenk an die Schattenwelt: Tränen. Es bedeutete, daß er den Toten segnete.
    Nichts auf diesem Planeten hätte ihr die Wichtigkeit des Wassers besser einhämmern können. Weder die Wasserverkäufer noch die ausgetrocknet wirkenden Körper der Eingeborenen, weder die Destillanzüge noch die Gesetze der Wasserdisziplin: das Vergießen von Tränen war das Vergießen von Leben selbst.
    Wasser.
    »Ich habe seine Wange berührt«, flüsterte jemand. »Ich habe das Geschenk gespürt.«
    Zuerst hatten die tastenden Finger Paul einen Schrecken eingejagt, und seine Hände hielten den Hals des Balisets so fest umklammert, daß die Saiten in seine Finger bissen. Dann sah er die Augen der Männer, die die Arme nach ihm ausstreckten. Sie waren weit geöffnet und blickten erstaunt.
    Alsbald zogen die Hände sich wieder zurück. Die Zeremonie nahm ihren weiteren Verlauf, aber Paul saß nun von den anderen, die ihm dadurch respektvoll ihre Ehre erwiesen, etwas getrennt. Der Ritus endete mit einem leisen Gesang.
     
»Der Vollmond ruft dich –
Du wirst den Shai-Hulud schauen;
Rote Nacht, staubiger Himmel,
Einen blutigen Tod starbst du.
Wir beten zu einem Mond –
Das Glück wird mit uns sein,
Wonach wir suchen, wird gefunden
Im Land mit festem Boden.«
     
    Nachdem Jamis' Eigentum verteilt worden war, blieb vor Stilgars Füßen nur noch ein bauchiger Sack zurück. Stilgar kniete sich hin und tastete ihn mit den Handflächen ab. Neben ihm tauchte eine weitere Gestalt auf, die ihn mit dem Ellbogen berührte. Unter der Kapuze erkannte Paul die Gesichtszüge Chanis.
    »Jamis hat dreiunddreißig Liter vom Wasser unseres Stammes getragen«, sagte sie. »Ich segne es in der Gegenwart einer Sayyadina. Ekkeri-akkairi, dies ist das Wasser, fillissin-follasy, des Paul Muad'dib! Kivi a-kavi, nakalas! Nakelas!

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