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Dune 01: Der Wüstenplanet

Dune 01: Der Wüstenplanet

Titel: Dune 01: Der Wüstenplanet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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geschah.«
    »Das wußten wir nicht«, murmelte Harah. »Als wir deiner Mutter das Wasser gaben, wußten wir nicht, daß du bereits in ihr existiertest.«
    »Mache dir deswegen keine Vorwürfe, Harah«, erwiderte Alia. »Ich habe ja auch keinen Grund, deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben. Und außerdem gibt es mindestens einen Grund, sich glücklich zu fühlen: Auch ich bin eine Ehrwürdige Mutter. Der Stamm hat also jetzt zwei ...«
    Sie brach ab und lauschte.
    Harah stieß sich mit den Füßen ab und rutschte auf ihrem Sitzkissen etwas zurück. Sie starrte zuerst Alia an, dann ihre Mutter.
    »Hast du das nicht schon vermutet?« fragte Jessica.
    »Pschscht«, machte Alia.
    Aus der Ferne hörten sie einen rhythmischen Singsang, der lauter und lauter wurde, durch die Vorhänge in die Räume der Sietch-Gemeinschaft drang und den Menschen Aufmerksamkeit abverlangte: »Ya! Ya! Yawm! Ya! Ya! Yawm! Mu zein, Wallah! Ya! Ya! Yawm! Mu zein, Wallah!«
    Die Singenden schritten nun am äußeren Eingang von Jessicas Räumlichkeiten vorbei, und für einen Moment waren ihre Stimmen in aller Deutlichkeit zu hören. Aber sie gingen weiter, und ihre Worte verschwammen in der Ferne.
    Als der Gesang nur noch ein leises Summen war, begann Jessica das Ritual mit trauriger Stimme: »Es war Ramadhan und April auf Bela Tegeuse.«
    »Meine Familie saß in ihrem Garten«, sagte Harah. »Und sie badete in der Flüssigkeit, die ein Springbrunnen in die Luft warf. In ihrer Nähe war ein Portygulbaum, rund und dunkel in der Farbe. Und ein Korb mit Mish-mish und Baklawa – alle Arten guter Dinge, die man essen kann. In unserem Garten herrschte Frieden, wie auch in den anderen Ländern.«
    »Das Leben war voller Glück, bis die Fremden kamen«, sagte Alia.
    »Unser Blut erstarrte, als wir die Schreie unserer Freunde hörten«, sagte Jessica. Und sie fühlte, wie sie die Erinnerungen aller Bewußtseine durchdrangen, die sich jetzt in ihr befanden.
    »La, la, la, weinten die Frauen«, sagte Harah.
    »Sie kamen durch das Mushtamal und fielen über uns her. Und das Blut unserer Männer färbte ihre Schwerter rot«, sagte Jessica.
    Die Stille, die sich über sie herabsenkte, war jetzt auch in allen anderen Räumen des Sietch. Es war die Stille der Erinnerung, die geweihte Minute, die dazu diente, all diese Erinnerungen wachzuhalten.
    Und es war Harah, die das Ritual ganz plötzlich abbrach. Sie gab ihren Worten eine Härte, die Jessica fremd war.
    »Wir werden niemals vergeben und niemals vergessen.«
    In der nachdenklichen Stille, die nun folgte, ertönte das Gemurmel von Menschen und das Rascheln mehrerer Roben. Jessica spürte, daß jemand vor dem Eingang ihres Ruheraums stand und darauf wartete, eingelassen zu werden.
    »Ehrwürdige Mutter?«
    Eine Frauenstimme. Jessica erkannte sie sofort. Es war Tharthar, eine der Frauen Stilgars.
    »Was gibt es, Tharthar?«
    »Ärger, Ehrwürdige Mutter.«
    Jessica fühlte am Schlage ihres Herzens, daß sie sich plötzlich Sorgen um ihren Sohn machte. »Paul ...«, keuchte sie.
    Tharthar teilte den Vorhang und kam herein, dann fiel der Vorhang wieder. Sie schaute Tharthar an, eine kleine, dunkle Frau in einem rötlichen Sackgewand mit schwarzer Ornamentik. Sie sah in völlig blaue Augen, die sie nicht aus dem Blick ließen.
    »Was gibt es?« wollte Jessica wissen.
    »Es gibt eine Botschaft aus der Wüste«, sagte Tharthar. »Usul wird einen Bringer treffen ... heute. Die jungen Männer sagen, es ist unmöglich, daß er versagt. Daß er ein Sandreiter sein wird, bevor es Nacht wird. Und sie verlangen nach einer Razzia. Sie wollen nach Norden eilen und Usul dort treffen. Und sie wollen den Kriegsruf ausstoßen. Sie sagen, sie wollen ihn auffordern, Stilgar in einem Zweikampf zu besiegen und anschließend die Macht über alle Stämme zu übernehmen.«
    Das Wasseransammeln, das Dünenbefestigen, die langsame, aber ständige Veränderung ihrer Welt genügt ihnen nicht mehr, dachte Jessica. Die kleinen, ungefährlichen Aktionen bisher – sie genügen ihnen, nach dem, was Paul und ich ihnen alles beigebracht haben, nicht mehr. Sie spüren jetzt, wie stark sie sind, und wollen kämpfen.
    Tharthar verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Sie räusperte sich.
    Wir wissen, daß wir noch warten müßten, dachte Jessica, aber uns ist ebenfalls klar, daß die lange Wartezeit der Kern unserer Frustrationen ist. Und wir wissen außerdem, daß allzulanges Warten unseren Kräften schadet. Je länger wir warten,

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